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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Wolf
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Taxifahrt lieber, wie ich es rechtfertigen könnte – mir selbst gegenüber.
    Also. Erstens: Sophie war nicht meine Busenfreundin. Zweitens: Die beiden waren weder verheiratet noch hatten sie Kinder. Zumindest ging ich der Einfachheit halber davon aus. Drittens: Sie wohnten offenbar nicht zusammen. Und viertens: Wären sie wirklich glücklich, würde er sie nicht in zehn Minuten mit mir betrügen. So. Das musste reichen. Zumindest um mein Gewissen zu beruhigen. Der Rest von mir war nicht mehr zu beruhigen.
    Marc war ein Mann, so viel stand schon mal fest. Kein normaler, aber ein echter Mann. Und ein nackter Mann. Nicht nachdem ich ihn entblättert hatte, sondern davor. Als er die Tür aufmachte. Er kannte meinen Humor nicht, das war es vermutlich. Vielleicht hätte ich sagen sollen, dass ich es nicht ganz ernst meinte, als ich etwas von einem Trenchcoat und nichts darunter erwähnte. Das hatte ich jetzt davon. Vermutlich dachte er, ich stünde darauf, und wollte mir einen Gefallen tun.
    Ich starrte ihn an, versuchte, mich dabei auf die Augenpartie zu konzentrieren, und tat, als wäre nichts. Als wäre es das Normalste der Welt, dass ein nackter, durchtrainierter, gut proportionierter – überall gut proportionierter – Mann vor mir stand. Und dann passierte es – eine Art Reflex vermutlich. Ich machte die Augen zu. Nicht entspannt geschlossen, ich kniff sie zu. Wie die Jungfrau Maria.
    »Alles okay?!«, hörte ich ihn fragen.
    »Ja, alles … alles bestens!«
    Stille.
    »Willst du reinkommen?«
    »Ja, gern«, antwortete ich und fragte mich gleichzeitig, wie das funktioniere sollte, mit geschlossenen Augen in eine fremde Wohnung zu gehen. Wäre es meine gewesen, wäre es ja kein Problem gewesen, da kannte ich den Weg zum Bett. Bei dem Gedanken fragte ich mich, ob er auch nackt zu mir gekommen wäre. Mit Mantel, nichts drunter?
    »Dann … komm doch rein«, hörte ich ihn sagen und stellte mir vor, wie er einen Schritt zur Seite machte, um mich reinzulassen.
    Oh Gott, wie peinlich. Ich stand mit zugekniffenen Augen vor einem nackten Mann und bewegte mich nicht einen Zentimeter. Wenn ich nicht auf der Stelle etwas tat, würde er die Tür gleich wieder zumachen. Von innen.
    Ich rieb mir mit der Hand übers Auge.
    »Sorry, ich habe etwas im Auge. Moment, gleich …«, stotterte ich und rieb und rieb, bis mir einfiel, dass ich Mascara aufgetragen, aber keinen Augen-Make-up-Entferner eingepackt hatte. Anfängerfehler. Wahrscheinlich sah ich jetzt aus wie einer von den Panzerknackern.
    Dann öffnete ich die Augen wieder, mit gesenktem Blick, und ging in die Wohnung. Holzfußboden. Echter. Pitchpine. Kein Laminat. Das war das Erste, was ich dachte, als ich endlich drin war.
    Er reichte mir ein Glas Prosecco, das ich dringend brauchte und in einem Zug runterkippte. Er schenkte – Gott sei Dank – nach. Zack, wieder leer. Danach ging es mir besser.
    Der Rest war so, dass man es unter »Aha, interessant, ach, so kann man das auch machen« abhaken konnte. Für den Moment und unter Alkoholeinfluss durchaus genießbar, aber nicht zwingend wiederholungsbedürftig. Es war, sagen wir mal, anders. Das trifft es wohl am ehesten.
    Das mit dem schlechten Gewissen klappte jedenfalls einwandfrei. Zumindest bis zum nächsten Morgen im Bad. Auf der Suche nach einem Handtuch, das größer war als der kleine Lappen am Waschbecken, der eventuell reichte, um meinen linken Fuß abzutrocknen, öffnete ich nackt und nass den alten Blechschrank, der direkt neben der Dusche in der Ecke stand.
    Sophie sah mir direkt in die Augen. Sie hatte einen Strohhut auf und machte einen entspannten Eindruck, trotz der prekären Situation. Vermutlich hatte Marc das Bild während eines gemeinsamen Urlaubes aufgenommen.
    Ich griff nach einem der großen Handtücher in dem Fach unter ihr und schloss die Schranktür wieder. Sie musste mir ja nicht unbedingt zusehen, wie ich mich abtrocknete. Wer hier die bessere Figur hatte, war sowieso klar.
    Meine gute Laune reichte trotzdem den ganzen Tag für mindestens zwei. Ich wusste gar nicht, wohin damit. Der Frau neben mir in der Bahn sagte ich, wie super die Bluse bei ihr aussehe, einer älteren Dame half ich die Treppen zur S-Bahn hoch, was ich natürlich auch mit schlechter Laune getan hätte, und schließlich gab ich dem Hinz-&-Kunz-Verkäufer zehn Euro – ohne eine Zeitung zu nehmen.
    Ich hätte jeden abknutschen können. Nicht weil ich das Gefühl hatte, den Mann meines Lebens gefunden zu haben – danach sah es

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