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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Wolf
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naiv. De facto war ich alles andere als new in town , aber einen neuen Freundeskreis hatte ich wirklich dringend nötig. Vielleicht würde es auch erst mal ein neuer Mann tun.
    Aber hier würde ich vermutlich nicht fündig werden, sagte ich mir selbst und fuhr den Rechner wieder runter. »Tja, Waltraud. Vielleicht sollten wir doch mal wieder zur Hundewiese gehen, was?«
    *
    Ole hatte meine Verwunderung bei unserem letzten Treffen anscheinend gespürt. Ich ging ihm am Montagmorgen kontinuierlich im Büro aus dem Weg, ohne unhöflich zu sein, aber warum sollte ich mich länger als nötig quälen? Auch das blieb ihm nicht verborgen.
    »Alles okay mit dir?«, fragte er mich schließlich kurz vor der Sendung, als ich meine Zettel gerade sortierte.
    Ich nickte kurz.
    »Passt dir heute Abend 20 Uhr?«
    »Wofür?«
    »Nicht zum Joggen, keine Angst. Zum Essen. Ich habe uns einen Tisch in der Galerie Tolerance bestellt.«
    Die Galerie Tolerance war Hamburgs erster und meiner Meinung nach bester Thailänder. Der Laden war klein, unscheinbar und saulecker. Aber woher wusste er, was ich gern aß und vor allem, wo? Meine Verwunderung hätte nicht größer sein können, aber meine Neugierde war es auch, also ging ich, frisch geföhnt, essen.
    Ole saß schon am Tisch, obwohl ich selbst fünf Minuten zu früh war.
    »Na, alles gut?«, wiederholte er seine morgendliche Frage.
    »Bestens, danke.«
    »Und warum habe ich das Gefühl, du gehst mir aus dem Weg?«
    »Weil ich es tue.«
    »Und warum tust du es?«
    »Weil … weil ich denke, es ist besser so. Du hast Familie, deine Töchter, ich meine Waltraud …«
    »Aha. Hab ich’s mir doch gedacht.«
    »Was hast du dir gedacht?«
    »Dass du denkst, ich wäre ein Familienvater mit Frau, Kindern und einem kleinen Mittelreihenhaus am Stadtrand.«
    »Bist du nicht?«
    »Nein, bin ich nicht. Ich habe zwar zwei Töchter, aber die leben bei ihren Müttern.«
    »Müttern?«
    »Ja.«
    Ole lebte allein in einer Dreizimmerwohnung auf der Schanze. Er war nie verheiratet gewesen und hatte es auch nicht vor. Seine Töchter waren beide »Unfälle«. Auch wenn er sie über alles liebte, sie waren nicht geplant. Zumindest nicht von ihm. Die »Mütter« waren Affären, die ihn – seiner Meinung nach – durch eine Schwangerschaft und ein Kind an sich binden wollten, was nicht geklappt hatte.
    Er wollte das nicht. Das wollte er noch nie. Nicht mit Mitte zwanzig, nicht mit Mitte dreißig und auch jetzt nicht, mit vierzig. Und die schöne Rothaarige war seine Schwester gewesen. Sie lebte in Brüssel und war übers Wochenende nach Hamburg gekommen.
    Wir unterhielten uns darüber, was er nicht wollte. Wir sprachen jedoch nicht darüber, was er wollte. Aber das mussten wir auch nicht, wie sich ein paar Stunden später in der Bar Rossi zeigte.
    Wir fanden draußen noch zwei Plätze auf einer der langen Holzbänke vor den großen Fensterfronten, von wo aus man so prima das Treiben auf der Kreuzung beobachten konnte. Dann nahm er mich ungefragt in den Arm, und ich wusste, ich war mindestens so rot wie die Ampel fünf Meter weiter, aber es war mir egal.
    Ole zeigte mir, was er wollte, und ich war froh, dass wir beide den Fisch gewählt hatten – den mit den ganzen Knoblauchzehen.
    Er war ein Mann, ein echter Mann. Einer, der einem das Gefühl gab, bisher zu viel Zeit mit den falschen Männern verbracht zu haben. Zumindest im Bett. Aber nicht nur dort. Er besaß eine ansteckende Leichtigkeit, manchmal auch etwas Spitzbübisches. Er war belesen. Seine Bücherregale bedeckten jeden Quadratzentimeter der Wände in seiner Wohnung. Sogar über der Wanne hing ein langes Brett, auf dem – neben Shampoo und Badesalz – Bücher standen.
    Ich war fasziniert und verliebt, in ihn und seine Art, mich anzuschauen, mich anzufassen. Weiß der Henker, was er mit seinen Händen tat, schließlich hatte auch er nur zwei davon mit je fünf Fingern, wie jeder andere Mann. Aber er war nicht wie jeder andere. Er fasste mich so an, wie mich noch nie jemand angefasst hatte. Ich wollte nicht, dass er jemals damit aufhörte.
    Doch genau das tat er. Er berührte mich, wann er wollte, und er ging, wann er wollte. Er machte, was er wollte.
    Ob ich wollte oder nicht. Ich musste einsehen, dass er nicht meine »Sophie« war. Weder das, noch war er der Mann, mit dem ich überhaupt irgendeine Beziehung führen und auf den ich mich einlassen konnte. Der Mann, der alles wiedergutmachte, was in den letzten Jahren schiefgelaufen war. Leider.
    Wir

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