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Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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und ihre Angst versickerte.
    Ich mußte Bubbas Einschätzung zustimmen. Allem Anschein nach standen wir mitten in Tombstone. Sobald wir unsere Deckung sinken ließen, würden die Tretts und Corwin Earle zu den Waffen greifen und uns eine Neuauflage von O. K. Corral vorführen.
    »Bitte«, sagte Roberta Trett zu Bubba, »gehen Sie jetzt.«
    »Was ist mit den Patronen?« fragte Bubba. »Ihr wolltet doch Munition. Wollt ihr immer noch welche?«
    »Ich…«
    Bubba hob ihr Kinn mit den Fingerspitzen an. »Ja oder nein?«
    Sie schloß die Augen. »Ja.«
    »Sorry.« Bubba strahlte. »Kriegt ihr aber nicht. Muß jetzt weg.«
    Er sah mich an, legte den Kopf schräg und ging zur Tür.
    Corwin drückte sich gegen die Wand, und ich hielt die Pistole ins Zimmer gerichtet, während ich Bubba rückwärts nach draußen folgte. Ich sah die kalte Wut in Leon Tretts Augen und wußte, daß alle drei sofort aufspringen würden, sobald wir um die Ecke gebogen waren.
    Ich packte Corwin Earle im Nacken und schob ihn neben Roberta in die Küche. Dann sah ich wieder Leon an.
    »Ich bring dich um, Leon«, warnte ich. »Bleib bloß in der Küche!«
    Als er wieder sprach, hatte er nicht länger die weinerliche Stimme eines Achtjährigen. Statt dessen war sie tief, etwas rauh und kalt wie Eis: »Du mußt es bis zur Haustür schaffen, Junge. Und das ist ein langer Weg.«
    Ich ging rückwärts in den Flur, die .45 weiterhin auf die Küche gerichtet. Bubba stand ein paar Meter hinter mir und pfiff.
    »Sollen wir laufen?« flüsterte ich ihm aus dem Mundwinkel zu.
    Er sah über die Schulter zurück. »Wahrscheinlich besser.«
    Und schon legte er los. Wie ein Linebacker warf er sich der Eingangstür entgegen, seine Stiefel stampften über die alten Holzdielen. Er lachte wie von Sinnen, sein donnerndes Hahaha hallte durch das ganze Haus.
    Ich ließ den Arm sinken und rannte ihm hinterher. Der dunkle Flur und das düstere Wohnzimmer tanzten vor meinen Augen.
    Ich hörte, wie die drei hinter uns in der Küche herumwühlten, hörte, wie die Tür der Spülmaschine mit ihren quietschenden Scharnieren geöffnet wurde. Ich hatte das Gefühl, eine Zielscheibe auf dem Rücken zu haben.
    Bubba hielt nicht an, um die Gittertür zwischen uns und der Freiheit zu öffnen. Er stürmte einfach hindurch. Der Holzrahmen zersplitterte, und das grüne Drahtgewebe umhüllte seinen Kopf wie ein Schleier.
    Als ich die Türschwelle erreichte, riskierte ich einen Blick nach hinten und sah, daß Leon Trett mit ausgestrecktem Arm in den Flur getreten war. Ich lief rückwärts weiter und legte auf ihn an. Dann war ich draußen auf der Veranda, und zwischen uns lag der dunkle Flur.
    Leon ließ den Arm sinken und schüttelte den Kopf. »Das nächste Mal«, schrie er.
    »Klar«, rief ich zurück.
    Draußen auf dem Rasen warf Bubba den Rest der Tür, der ihm noch um den Hals hing, in die Luft und begleitete das Wurfgeschoß mit seinem wahnsinnigen Gelächter.
    »Hahaha! Ich bin Conan!« rief er und breitete die Arme aus. »Der große Schlächter der bösen Gnome! Kein Mensch wage es, meinen Mut und meine Kampfeskraft herauszufordern! Hahaha!«
    Ich überquerte den Rasen, und zusammen liefen wir zu seinem Wagen. Ich hatte dem Auto den Rücken zugewandt, den Blick weiterhin aufs Haus gerichtet und die Waffe in beiden Händen, während Bubba einstieg und meine Tür entriegelte. Im Haus bewegte sich nichts.
    Ich kletterte in den riesigen Wagen, und Bubba raste los, ehe ich die Tür zugeschlagen hatte.
    »Warum hast du ihnen die Munition nicht gegeben?« fragte ich, als sich ein ganzer Häuserblock zwischen uns und den Tretts befand.
    Bubba fuhr über ein Stoppschild. »Weil sie mich geärgert haben und mich beim Zählen durcheinandergebracht haben.«
    »Nur deshalb? Deshalb hast du sie ihnen nicht gegeben?«
    Er warf mir einen bösen Blick zu. »Ich kann das nicht ab, wenn ich beim Zählen unterbrochen werde. Das hasse ich. Ehrlich, ich hasse es.«
    »Übrigens«, sagte ich, als wir um eine Ecke bogen, »was war das mit den bösen Gnomen?«
    »Was?«
    »In Conan der Barbar gab es keine böse Gnome.«
    »Echt nicht?«
    »Nee.«
    »Scheiße.
    »Tut mir leid.«
    »Warum mußt du immer alles kaputtmachen?« fragte er. »Mensch, du verdirbst einem auch wirklich alles.«

25
    »Ange!« rief ich, als ich mit Bubba in meine Wohnung stürmte.
    Sie steckte den Kopf aus dem kleinen Schlafzimmer, in dem sie arbeitete. »Was ist?«
    »Du hast den Pietro-Fall doch ziemlich intensiv verfolgt,

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