Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
Vom Netzwerk:
Handkanten auf der Schulter. Ich fiel gegen die Hauswand.
    »Verschwinde hier, du ätzender Penner!«
    Ich drehte mich gerade noch rechtzeitig um, um sehen zu können, daß Chris Mullen das Haus durch die Drehtür betrat, dem erstarrten Portier irgendwelche Anweisungen in bezug auf mich gab und auf die Aufzüge zuging.
    Ich mischte mich unter die Fußgänger auf der Straße, holte das Walkie-talkie aus der Tasche und schaltete es an.
    »Poole, Mullen ist zurückgekommen.«
    »Positiv, Mr. Kenzie. Broussard versucht gerade, Miss Gennaro zu erreichen. Gehen Sie zu Ihrem Auto zurück. Lassen Sie uns nicht auffliegen!« Ich konnte erkennen, wie sich seine Lippen hinter der Windschutzscheibe bewegten, dann legte er das Funkgerät neben sich und sah mich böse an.
    Ich kehrte um.
    Eine Frau mit flaschenbodendicken Brillengläsern und so straff zurückgekämmtem Haar, daß sie wie ein Insekt aussah, starrte mich an.
    »Sind Sie ein Bulle oder so?«
    Ich legte den Finger auf die Lippen. »Psst.« Dann steckte ich das Walkie-talkie wieder in den Trenchcoat und ließ die Frau mit geöffnetem Mund stehen. Ich kehrte zum Auto zurück.
    Als ich den Kofferraum öffnete, sah ich Broussard, der sich gegen das Schaufenster von Eddie Bauer lehnte. Er hielt die Hand am Ohr und sprach mit seinem Handgelenk.
    Unter die Kofferraumklappe gebeugt, stellte ich seinen Kanal ein.
    »…wiederhole, Miss Gennaro, Objekt kommt zurück. Aktion abbrechen.«
    Ich wischte mir Eierschale aus dem Bart und setzte mir eine Baseballmütze auf.
    »Wiederhole«, flüsterte Broussard. »Aktion jetzt abbrechen. Raus da.«
    Ich warf den Trenchcoat in den Kofferraum und holte meine schwarze Lederjacke heraus, zog sie an, steckte das Funkgerät in die Jackentasche und machte den Reißverschluß zu. Dann schloß ich den Kofferraum und folgte den Passanten bis zu Eddie Bauer, wo ich die Schaufensterpuppen anglotzte.
    »Hat sie sich gemeldet?«
    »Nein«, antwortete Broussard.
    »Hat sie ihn eingeschaltet?«
    »Weiß ich nicht. Ich gehe davon aus, daß sie mich gehört hat und ausgeschaltet hat, damit Mullen nichts mitbekommt.«
    »Wir gehen hoch«, schlug ich vor.
    »Wenn Sie auch nur einen Schritt auf das Haus zu machen, puste ich Ihnen die Beine unter dem Körper weg.«
    »Sie ist ihm ausgeliefert da oben. Wenn ihr Walkie-talkie kaputt ist und sie nichts gehört hat…«
    »Ich lasse nicht zu, daß Sie diesen Einsatz auffliegen lassen, nur weil Sie mit ihr schlafen.« Er löste sich von der Schaufensterscheibe und ging mit lockeren, wiegenden Schritten an mir vorbei. »Sie ist ein Profi. Fangen Sie auch an, sich wie einer zu verhalten!« Er ging weiter. Ich sah auf meine Uhr: 9:15 Uhr. Mullen war seit vier Minuten im Haus. Warum war er überhaupt zurückgekommen? Hatte er Broussard erkannt?
    Nein. Broussard war zu gut. Auch ich hatte ihn nur erkannt, weil ich wußte, wie er getarnt war. Und trotzdem hatte ich ihn beim ersten Mal übersehen, als ich ihn suchte. So gut war er in der Masse untergetaucht. Ich sah wieder auf meine Uhr: 9:16. Wenn Broussard Angie die Nachricht sofort hatte zukommen lassen, als er merkte, daß Mullen zurück zu seiner Wohnung ging, wäre sie gerade im Aufzug gewesen oder möglicherweise schon vor Mullens Wohnungstür angekommen. Sie wäre umgedreht und die Treppe heruntergegangen. Und wäre inzwischen wieder hier.
    9:17.
    Ich beobachtete den Eingang zum Devonshire Place. Ein paar junge Börsenmakler in glänzenden Boss-Anzügen, Gucci-Schuhen und Geoffrey-Beene-Krawatten traten nach draußen. Sie hatten sich so viel Gel ins Haar geschmiert, daß nur ein Spachtel es wieder würde ablösen können. Sie machten den Weg frei für eine schlanke Frau in einem dunkelblauen Kostüm mit dazu passender Sonnenbrille von Revo und begafften ihren Hintern, als sie in ein Taxi stieg.
    9:18.
    Wenn Angie noch da oben war, war sie gezwungen gewesen, sich in Mullens Apartment zu verstecken. Oder er hatte sie vor oder in seiner Wohnung überrascht.
    9:19.
    Sie wäre nie so blöd gewesen, mit dem Fahrstuhl herunterzufahren, wenn sie Broussards Nachricht denn wirklich bekommen hatte. Die Türen wären aufgegangen, und Chris Mullen hätte vor ihr gestanden…
    Hey, Ange, lange nicht gesehen.
    Ja, stimmt, Chris.
    Was machst du hier?
    Hab ‘ne Freundin besucht.
    Ja? Arbeitest du nicht an dem Fall mit dem vermißten Mädchen?
    Wieso richtest du diese Waffe da auf mich, Chris?
    9:20.
    Ich warf einen kurzen Blick zur Ecke School Street.
    Poole sah mich an und

Weitere Kostenlose Bücher