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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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aus.
    Den Blick auf das Schwert gerichtet, deklamierte Dougal:
    Aslan kommt bald,
    Und Gerechtigkeit siegt,
    Seine Stimme erschallt,
    Aller Kummer verfliegt.
    Er zeigt seine Zähne,
    Der Winter zerrinnt,
    Er schüttelt die Mähne,
    Der Frühling beginnt.

    Er grinste, steckte das Schwert in die Scheide, gähnte und sagte: »Das reicht. Schlaf in Frieden, alter Junge!« Er rollte sich zusammen, und zwei Minuten später schnarchte er.
    Fluchend legte Tony mehr Holz aufs Feuer. Die Dschungelgeräusche wurden lauter.
    Am Morgen war das Inselchen mit Tautropfen bedeckt, und der furchterregende nächtliche Lärm war von melodischem Vogelgesang abgelöst worden. Tony erwachte mit steifen Gliedern und geschwollenem Gesicht. Dougal war wie immer makellos.
    »Sieht nach einem herrlichen Tag aus, Milord! Der stolze April in seiner Pracht hat allem den Geist der Jugend eingehaucht!«
    Tony ächzte. Er ging, um sich hinter den Büschen zu erleichtern. Aus einem mit kristallenen Perlen besetzten Netz beobachtete ihn eine Spinne, größer als seine Hand. Irgendwo in dem nebelverhangenen Wald hinter den großen Tulpenbäumen wieherten wilde Chalikos. Wenigstens hoffte Tony, daß es wilde waren.
    Sie machten das Floß wieder flott und fuhren weiter. Ihr Fluß vereinigte sich mit einem anderen, der von Osten kam. Die Landschaft wurde offener.
    »Das kann einfach nicht die Laar sein«, sagte Tony. »Die Laar soll zweihundert Kilometer durch dichten Dschungel fließen, bis sie den Giftsumpf erreicht.«
    »Irgendwas bewegt sich am linken Ufer«, bemerkte Dougal.
    »Hölle und Teufel!« Tony sah durch sein Fernrohr. »Menschen auf Chalikos! Oder - nein, bei Christus, irgendwelche Fremden! Steuere nach rechts, Dougie! Schnell, Mann, bevor sie uns entdecken!«
    Die Reiter, etwa ein Dutzend, durchquerten in einiger Entfernung eine blühende Steppe, offensichtlich darauf bedacht, sich einer großen Herde grasender Hipparions gegen den Wind zu nähern.
    Das rechte Ufer des Flusses war dicht bewaldet. Das Floß fand Schutz hinter Weiden, und die beiden Männer kletterten an Land. Wieder benutzte Tony das Fernrohr und spie eine Obszönität aus. »Jetzt ist's passiert! Einer von der Jagdgesellschaft hält auf den Fluß zu. Er muß uns gesehen haben.«
    »Ist es ein Tanu - oder ein Gespenst?«
    Tony geriet in Verwirrung. »Falls er keinen illusorischen Körper trägt ...«
    »Laß mal sehen!« befahl Dougal und griff nach dem kleinen Fernrohr. Er pfiff leise. »Verdammte Scheiße! Ich fürchte, diesmal sind es tatsächlich Heuler, keine verkleideten regulären Firvulag.«
    Der Reiter am gegenüberliegenden Ufer schien sie durch den Schirm aus Zweigen anzustarren.
    »Haben Heuler Fernsicht wie normale Kleine Leute?« fragte Tony.
    »Darauf kannst du wetten«, erwiderte der Ritter. »Ja, er weiß, daß wir hier sind. Immerhin ist der Fluß an dieser Stelle reichlich tief dafür, ihn mit einem Chaliko zu durchschwimmen.«
    Der fremde Beobachter wandte schließlich sein Reittier und trabte langsam zu seinen Gefährten zurück. Tonys Seufzer der Erleichterung kam aus tiefstem Herzen.
    »Bei der Mähne Aslans«, schwor Dougal, »das war knapp.«
    Tony war der Panik nahe. »Wir haben uns verirrt. Ich wußte es. Wir sind den falschen Fluß hinuntergefahren, und Gott allein weiß, welchen. Vielleicht ist es irgendein Nebenfluß des Nonol.« Seine Augen irrten von einer Seite zur anderen. »Wir werden umkehren müssen, stromaufwärts. Zu Fuß. Es wird die Hölle sein, uns durch den Dschungel zu hacken, es sei denn, wir finden einen Wildpfad ...«
    Dougal sah wieder durch das Fernglas. »Irgendwas im Norden. Auf dem Plateau hinter der Biegung des Flusses.« Er fuhr zusammen. »Eine herrliche Zitadelle, dünkt mich! Aber nicht Cair Paravel.« Er senkte die Stimme zu einem ehrfürchtigen Flüstern. »El Dorado!«
    »Oh, um Gottes willen!« rief Tony. »Gib mir das verwünschte Glas!« Er suchte den Horizont ab und geriet in Verzweiflung. Tatsächlich war da eine exotische Stadt. Aber welche? Für Burask lag sie auf der falschen Seite des Flusses - und sie wirkte nicht zerstört. Und andere Tanu-Siedlungen gab es so weit im Norden nicht. »Was das auch sein mag, für uns bedeutet es nichts Gutes. Wir machen uns auf die Socken!«
    Sie packten ihre Vorräte zusammen und begannen, sich ihren Weg durch das Buschwerk des Ufers zu höhergelegenem Grund zu hacken. Nach einer Viertelstunde schweißtreibender Arbeit gerieten sie auf einen Wildpfad, der ungefähr

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