Kein König von Geburt
sich warten. Die Vögel sangen, und Huldah verkündete, sie werde zum Wasserfall gehen und baden. »Und wenn ich zurückkomme, will ich dich hier nicht finden, Opa. Trag deine Sachen in den Korkeichenhain! Da ist es schön. Wenn du heute nacht versuchst zu spionieren, wird es dir leid tun.«
Isak sah ihr nach, hilflos Flüche mümmelnd. Er raffte seinen Schlafrock zusammen und warf Feuerzeug, eine Wasserflasche, ein Stück in der Asche gebackenes Brot und seine drei Holzschnitzmesser aus Vitredur hinein. Dann schlurfte er in den Hintergrund der Höhle, das Bündel über der Schulter, und stellte sich vor dem auf dem Rücken liegenden Kranken auf.
»Heute nacht bist du dran, Lord Gott. Der Mai-Wahnsinn hat unsere Huldah ergriffen!« Er lachte, bis er einen Hustenanfall bekam, sich räusperte und spuckte. Der stinkende Speichel landete nur wenige Zentimeter von dem schönen Gesicht des Gottes entfernt.
Mit großer Mühe sprach er. »Wer ist Huldah? Was ... ist sie?«
»Aha! ha, ha, ha!« freute sich der alte Mann. »Du möchtest wissen, in welchen Boden du gesät hast, was? Nun, Lord Gott, ihre Großmutter war eine von euch! Beinahe. Als ich ein eben angekommener bloßhalsiger Sklave auf den Pflanzungen der Drachenberge war, schickte man mich, die Antilopenherden auszudünnen. Am Berghang fand ich ein ausgesetztes Baby. Ich wußte es nicht, aber es war ein Wechselbalg. Ein Firvulag-Halbblut, das irgendeine eurer armen menschlichen Zuchtstuten geboren hatte, wie es manchmal so geht. In zivilisierteren Gegenden, so habe ich gehört, werden Firvulag-Kinder den Kleinen Leuten übergeben. Aber auf Aven, wo keine Firvulag wohnen ... Nun, ich fand das Kind und nahm es in meine Hütte mit. Ich hatte eine zahme Antilope mit einem Kälbchen, also hatte ich Milch. Am Anfang experimentierte ich nur, verstehst du. Die Kleine konnte schon als Winzling die Gestalt ändern und auch so ungefähr meine Gedanken lesen. Sie wußte, ich war einsam, und fand heraus, daß ich ihren menschlich wirkenden Körper am liebsten mochte. Sie wuchs schnell heran, immer darauf bedacht zu gefallen.«
Isak hockte sich neben der regungslosen Gestalt nieder. Der Gott fragte: »Huldah?«
»Nein, nein, noch nicht. Was geschah: Dieser Wechselbalg war anfangs eine Art Schoßtier, dann ein Freund und Diener, und dann ... nun, ihr Tanu-Schufte gebt uns bloßhalsigen Männern ja keine Frauen, und als das Mädchen endlich groß genug war, um gefickt zu werden, fickte ich sie. Sie mochte mich. Ich nannte sie Borghild nach einem Mädchen, das ich im Milieu gekannt hatte. Wir waren glücklich da draußen in den Bergen. Ich tat die stupide Hirtenarbeit, und der Wechselbalg tat sein Bestes, um hübsch auszusehen, ganz wie die andere Borghild. Dann fand eines Tages ein Kerl die Sache heraus und wollte seinen Anteil. Ich schlug ihn zusammen, und er sagte es dem Aufseher. Aber bis die Graureif-Soldaten erschienen, waren ich und Borghild schon über die Drachenberge abgehauen. Wir machten uns ein Fellboot mit einem kleinen Segel und kamen nach Kersic. Und dann bekam sie ein Baby, und dann starb sie.«
»Baby Huldah?«
»Noch nicht, verdammt noch mal. Ich nannte das Baby Karin. Auch sie wuchs schnell heran, und wir lebten in einer Siedlung der Geringen, die wir hier auf der Insel fanden. Karin war genug Firvulag, um die anderen Kerle im Dorf zu verscheuchen. Sie hatten Angst vor ihr und Angst vor mir. Uns ging es recht gut in jenen Jahren. Natürlich vögelte ich sie, sobald es ging; und Karin bekam bald ein Baby, und diesmal war es Huldah. Eines Nachts kam eine Fliegende Jagd von Muriah. Sie tobten sich dann und wann auf Kersic aus, wenn die gesetzlose menschliche Bevölkerung angewachsen war. Alle im Dorf wurden abgeschlachtet außer mir und Klein-Huldah. Wir entkamen und fanden diesen Ort. Es ist schon lange her.«
Der Gott sagte mit seiner langsamen Stimme: »Und als Huldah herangewachsen war, nahmst du sie.«
Isak fuhr zurück, als sei er geschlagen worden, stolperte über sein Bündel und fiel zu Boden. »Nein! Nein!« Schwer atmend, suchte er in dem zusammengerafften Pelzrock. Eine Saphir-Klinge schimmerte im trüben Feuerlicht und näherte sich dem Hals des Gottes, zitterte über der Schmuckschließe seines goldenen Reifs.
»Fremder Bastard«, zischte der alte Mann. »Seit Jahren habe ich davon geträumt, genau das zu tun.«
»Tu es!« sagte der Gott.
Isak Henning nahm den Griff des Messers in beide dürre Hände und hob es hoch. »Ich hasse euch,
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