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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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nächste auf der Liste standen.) Vielleicht ein Drittel der 3700 menschlichen und Tanu-Flüchtlinge faßte den Entschluß, sich in Spanien neu anzusiedeln. Die übrigen, die ihre alte Heimat zu erreichen hofften, setzten die Reise ans lächelnde Ufer des Lac Provençal fort, wo die Großzügigkeit Estella-Sirones von Darask sie mit jedem Komfort überschüttete. (Schließlich waren sie die Gefährten Elizabeths, die der Lady im Wochenbett das Leben gerettet hatte.)
    Die dezimierten Einwohner der Languedoc-Städte wetteiferten miteinander, Anwerber in das Flüchtlingslager zu schicken. Noch verlockendere Angebote kamen aus dem fernen Goriah in Armorica, wo Aiken Drum seine Position festigte und allen wurzellos umherziehenden Tanu hohe Stellungen und Reichtümer und allen menschlichen Kämpfern, die Lord Aiken-Lugonn Treue gelobten, einen goldenen Halsring versprach. Aiken hatte auch Elizabeth seine persönliche ferngesprochene Einladung gesandt und ihr völlige Autonomie »unter seinem Schutz« zugesagt. Sie hatte mit kühlem Dank abgelehnt.
    Dionket Lord Heiler und andere überlebende Mitglieder der Friedensfaktion machten sich auf den Weg zu Minanonn dem Häretiker in seiner fernen Pyrenäen-Enklave, wo der frühere Tanu-Schlachtenmeister das Oberhaupt einer kleinen Gruppe von Tanu, Firvulag und einigen wenigen freien Menschen war, die alle in spartanischer Freundschaft zusammenlebten. Dionket hatte Elizabeth um ihrer eigenen Sicherheit willen gedrängt, mit ihnen zu kommen. Aber auch ohne metapsychische Voraussicht wußte sie, daß pazifistische Zurückgezogenheit nicht ihr Schicksal im Vielfarbenen Land war. Schwieriger war es dann gewesen, Häuptling Burke und Basil Wimborne und Schwester Amerie Roccaro klarzumachen, daß sie sie nicht zu den Verborgenen Quellen, dem Zentrum der Geringen, begleiten würde. Sie brauchte einen isolierten Zufluchtsort, wo sie in der nächsten Zukunft bleiben, sich erholen und sich durch Meditation auf die neue, freiwillig übernommene Rolle vorbereiten konnte.
    »Und nun ist der schwere Augenblick fast da.« Lächelnd erhob Elizabeth sich vom Tisch und wischte Krümel von ihrem schwarzen Gewand. »Sollen wir uns den Balkon ansehen? Ich glaube, er läuft um das ganze Chalet.«
    Creyn war schon aufgestanden und öffnete ihr die halb verglasten Türen, ehe die anderen sich geregt hatten. Der Tanu hatte seine derben Reisekleider für die Mahlzeit abgelegt und trug wieder die Robe eines Redakteurs hohen Ranges in Scharlachrot und Weiß. Als er den anderen ins Sonnenlicht folgte, schrumpften seine Pupillen zu Stecknadelspitzen, und die Iris in den tiefen Augenhöhlen nahm ein unirdisches, undurchsichtiges Blau an. Sein helles Haar war für den Exodus kurzgeschnitten worden, und er ragte hinter Elizabeth auf wie ein in die Länge gezogener El-Greco-Seraph, gleichzeitig weltlich und verwundbar wirkend. Er war sechshundertundvierunddreißig Jahre alt, und er war bereit, wenn nötig für den Rest seines Lebens in dem Chalet auf der Schwarzen Klippe zu bleiben und als oberster Diener der Menschenfrau zu wirken, die Brede Schiffsgattin »die wichtigste Person auf der Welt« genannt hatte.
    Basil stützte sich auf das Geländer und tat, als bewundere er das Panorama im Osten. »Dieser Ort paßt wirklich wunderbar für dich, Elizabeth!« Seine Stimme klang zu munter. »Einsamkeit, Sicherheit, eine herrliche natürliche Umgebung - und unsere Freunde in Darask am anderen Ende des Sees sind nahe genug, daß keine Versorgungsschwierigkeiten entstehen. Lady Estella-Sirone hat ganz recht. Das Chalet ist eine perfekte Eremitage. Ein Odinssitz! Ein Lugaus, um die Welt zu betrachten!«
    Alle lachten über das von ihm projizierte mentale Bild, ausgenommen die reiflose Amerie. Sie schimpfte: »Nicht schon wieder ein verdammter Insider-Witz der Gedankenleser!«
    »Ein komisches Bild.« Elizabeth nahm den Arm der Nonne. »Stell dir eine drittklassige Inszenierung einer Wagner-Oper vor. Ein Gipsberg mit massenhaft stroboskopischen Blitzen und Blechdonner. Und ich als nordische Göttin, oben auf meinem imitierten Asgard mit einem Flügelhelm und einem fürchterlichen Gesichtsausdruck, wie ich Midgard unter mir betrachte. Für den Fall, daß ich irgendwelche Ungezogenheiten bei den Sterblichen entdeckte, habe ich einen Korb voller Donnerkeile zur Hand, mit denen ich schmeißen kann.«
    »Nur daß du es nicht tust«, sagte Amerie.
    »Nein.«
    »Und gerade das ist der Haken.« Peopeo Moxmox Burke sprach grimmig,

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