Kein König von Geburt
heiratsfähigen Alter.
Fünfzehn Stunden nach Verlassen des Schwarzen Sees wurden die Reisenden, sofern sie wach waren, sich der frischen Luft bewußt, die Gerüche nach Humus und grünen Pflanzen statt nach sterilem nassem Stein herantrug. Schläfer regten sich und öffneten die Augen. Die Kinder begannen zu schwatzen und zu flüstern. Fragendes Geheul ging von einem Boot zum anderen, die Reihe hinauf und hinunter. Endlich konnte Katlinel dank ihrer Fernsicht bestätigen, daß sie sich dem Austritt des Flusses näherten.
Schon zeigte sich ein blasser Schimmer. Die Bootsmänner stemmten sich auf ihre Staken und trieben die Boote, so schnell sie konnten, um eine letzte lange Biegung. Ein dünner Schirm aus Zweigen hing über der Höhlenöffnung. Katlinel stand auf, preßte die Finger an den goldenen Reif um ihren Hals und beschnitt das Grünzeug mit einer unsichtbaren Klinge aus Psychoenergie. Abgetrennte Zweige fielen harmlos ins Wasser, und die Boote trieben ins Freie. Sie kamen vom Fuß einer großen bewaldeten Klippe in ein vom Mond versilbertes Land. Zu beiden Seiten erstreckten sich Steppen mit wogendem Gras. In der Nähe des Flusses standen Gruppen von majestätischen Flabellaria-Fächerpalmen und Trauerweiden.
Die Heuler in den überfüllten Kähnen wechselten spontan die Gestalt, als seien sie eifrig darauf bedacht, ihre Deformierungen jetzt, wo sie die Höhlen endgültig verlassen hatten, zu verbergen. Das mit Hörnern und einem Knochenkamm ausgestattete Scheusal, das vom Beginn der Reise an neben Katlinel gesessen hatte, unterzog sich einer Metamorphose zu einem hochgewachsenen Humanoiden, ebenso ansehnlich wie jeder Tanu, gekleidet in eine juwelenbesetzte Jägerweste und eine spitze Mütze, auf der eine kleine Krone saß.
Sugoll fragte seine Frau: »Kannst du jetzt, wo wir die dichten Felsformationen verlassen haben, mit deiner Fernsicht erkennen, wo dieser Fluß in den Hauptstrom mündet?«
Sie wandte ihre Metafunktion an, die in südlicher Richtung mehr als 20 Kilometer weit reichte. »Ja, ich sehe es. Da unten ist ein wahrhaft gewaltiger Strom. Er kommt von Osten, aus einem großen See in den Helvetiden. Nicht weit von der Stelle, wo unser Fluß in ihn mündet, biegt er im rechten Winkel ab und hält sich nordwärts.« Sie zeigte Greg-Donnet das mentale Bild.
»Oh, das ist tatsächlich der Rhein!« freute sich der Verrückte Greggy. »Genau, wie wir es gehofft haben. Jetzt brauchen wir nichts mehr zu tun, als uns bis zur Landestelle an der Straße nach Hoch-Vrazel hinuntertreiben zu lassen - und dann geht es nach Niflheim weiter!«
»Was meinst du, wie lange werden wir bis zu der Landestelle brauchen?« wandte sich Sugoll an Katlinel.
Sie konzentrierte sich. »Weniger als einen Tag. Der Fluß fließt schnell mit all der Schneeschmelze von den Alpen. Wir könnten hier für den Rest der Nacht lagern und morgen weiterfahren. Dies Grasland sollte einigermaßen frei von Raubtieren sein, und intelligentes Leben entdecke ich überhaupt keins.«
»Wenn irgend etwas geschnüffelt kommt«, erklärte Greggy grimmig, »brennen wir ihm mit den Geschenken von Sharn und Ayfa eins auf den Pelz. Woher sie wohl solche Schmuggelware haben? Natürlich war es ein offenes Geheimnis, daß manche Zeitreisenden verbotene Waffen und andere Dinge mitbrachten - aber wir privilegierten Menschen nahmen an, die Tanu würden sie vernichten. Ein faszinierendes Material für Spekulationen!« Er begann zu kichern. »Wie gern würde ich mir einen Stoßzahn schießen! Zehn Tonnen Elefant zu meinen Füßen niederstürzen sehen!« Wehmütig setzte er hinzu: »In Muriah durfte ich nie mit auf die Jagd. Die Tanu sagten, ich sei zu wertvoll.«
»Das bist du auch, Greggy.« Sugoll hatte telepathisch bereits Befehl gegeben, die Boote ans Ufer zu steuern. Jetzt lächelte er auf den munteren kleinen Genetiker nieder. »Für uns bist du ebenso wertvoll. Ich werde dafür sorgen, daß du zu einem passenden Zeitpunkt irgendein Großwild erlegen kannst. Aber du mußt mir versprechen, daß du nicht auf eigene Faust losziehst. Es wäre eine Katastrophe, wenn wir dich verlören.«
Der ältliche Mann war schnell mit Versicherungen zur Hand. Sein Blick wanderte zu den landenden Kähnen und den im Mondschein aussteigenden Reisenden. »Ich finde, ihr seht in euren illusorischen Körpern alle großartig aus! Und du und Katy, ihr seid ein schönes Paar, Sugoll.«
Die Stirn des Heuler-Lords krauste sich leicht. »Du kannst keinen Schatten unserer
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