Kein König von Geburt
bereit, die gesamten Kosten des diesjährigen Großen Liebesfestes der Firvulag zu tragen, damit alle Kleinen Leute unsere Freude über die Wiedervereinigung lange getrennter Verwandter teilen.
Erwartet uns etwa zwei Wochen nach der Frühlingstagundnachtgleiche auf Hoch-Vrazel. Bis dahin werdet Ihr zweifellos einen geeigneten Ort für unsere Umsiedlung ausgewählt und auch über die vorläufige Unterbringung der Bräute bei den Familien passender junger Männer nachgedacht haben.
Ich bin, stets zu Euren Diensten, Hoheiten, SUGOLL.
»Der hat Nerven!« rief Sharn aus und schlug mit der massigen Faust auf seinen Schreibtisch. Siegellack und Rechnungsbücher und Memoplatten und ein Stimmschreiber aus dem 22. Jahrhundert und des Königs liebster Trinkpokal (der aus Lord Velteyns Schädel gemacht war) tanzten über die polierte Eichenplatte. »Ruft diesen Heuler-Kurier herein, verdammt noch mal! Ich werde ihm eine Antwort mitgeben, die diese Mißgeburt Sugoll von den stinkenden deformierten Zehennägeln bis zu dem hornigen Knochenkamm auf dem Hinterkopf versengen soll! Er will bei uns einziehen, wie? Und das mit einer sexbesessenen Bande von Monster-Bräuten, die ich unsern Leuten beim Liebesfest aufschwatzen soll? Zehntausend Scheißhaufen! Was bildet der sich ein?«
»Aber er muß reich sein«, bemerkte Ayfa nachdenklich. Sie saß an ihrem Schreibtisch neben dem ihres Mannes und knabberte mit ihren zart zugespitzten Zähnen am Ende eines silbernen Parker-Füllfederhalters.
Das königliche Arbeitszimmer tief im Grand-Ballon-Berg der nebligen Vogesen war hell und gemütlich. Wärme spendete ein großes messingnes Kohlebecken in einem freistehenden Keramikofen, der wie eine hohle Rübe geformt war. Auf einer Kredenz standen noch die Reste des königlichen Lunchs, den man heute in camera eingenommen hatte. Die Wände waren mit einer fachmännischen Auswahl von erbeuteten Bannern und Tanu-Waffen aus dem letzten Großen Wettstreit behängt. Dicke Kerzen, von denen jede drei Dochte hatte, beleuchteten die Zwillingsschreibtische.
»Von dem wackelnden Bastard lasse ich mich nicht überfahren«, knurrte Sharn. »Glaubt er, es mit einem Verwaltungsmonarchen zu tun zu haben wie dem armen alten Yeochee?«
»Wir sind der Monarch«, erklärte die hübsche Ogerin mit dem aprikosenfarbenen Haar. »Und ich finde Sugolls Brief interessant.« Sie hob das Stück Pergament, das Sharn auf den Boden geworfen hatte, mit ihrer Psychokinese auf. »Neuansiedlung. Hmm.«
»Hier auf Hoch-Vrazel ist kein Platz für sie. Da oben auf dem Feldberg leben sicher sieben-, achthundert Monster! Wir werden versuchen müssen, sie hinunter nach Damorel, in die Alpen zu schicken. Oder vielleicht in die Grottenwildnis oder sogar nach Koneyn. Te auf einem Drahtseil! Als hätten wir nicht schon genug Ärger damit, die Hinterwäldler auf Vordermann zu halten! Jetzt bekommen wir einen neuen Schwung von diesen querköpfigen Typen, die alles auf ihre eigene Art tun wollen und sich nicht darum kümmern, wie das meine königliche Strategie durcheinanderbringt!«
»Nionel.« Königin Ayfa lächelte den Brief an. »Dahin müssen sie ziehen.«
Sharns großer Mund klappte zu und verschluckte eine weitere Tirade. Seine Brauen wanderten in die Höhe. Sein Geist sprudelte einen Sturzbach freudiger Zustimmung über die Psyche seiner Frau. Sie lächelte nachsichtig. Er brüllte: »Nionel! Natürlich! Die Heuler werden mit der Besetzung und dem Wiederaufbau dieses Ortes zu unserem Vorteil jahrelang beschäftigt sein. Wir können im Mai dort das Liebesfest abhalten, und später, in diesem Herbst ...«
»Die neuen Spiele. Endlich auf unserem eigenen Goldfeld.«
Sie umarmten sich im Geist und erbauten sich an der Vortrefflichkeit des Plans. Sugoll und seine Horde, zweifellos wohlhabend, wären ein Aktivposten für die Firvulag, wenn sie überredet werden konnten, die Geisterstadt Nionel in der westlichen Wildnis, nahe dem Pariser Becken neu zu bevölkern und wiederherzustellen. Innerhalb der Stadtgrenzen lag das rituelle Schlachtfeld der Kleinen Leute, das während der letzten vierzig Jahre, in denen die Tanu beim jährlichen Großen Wettstreit jedesmal gesiegt hatten, unbenutzt geblieben war.
»Es ist der einzige logische Ort für die Spiele dieses Jahres«, sagte Sharn. »Auch wenn dieser hinterlistige kleine ringlose Hahn uns in der letzten Minute den Sieg gestohlen hat, ist es doch unmöglich, daß er bis zum Herbst ein passendes Tanu-Schlachtfeld vorbereitet. Und die
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