Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
»Zumindest … ja! Es stand in einer Mail. Violet hat sie geschickt. Da stand: ›Sam ist verlobt.‹ Ich weiß es genau.«
»Ach, das.« Seine Stirn glättet sich. »Das nehme ich gelegentlich als Ausrede, um aufdringliche Leute loszuwerden.« Er macht eine Pause, dann fügt er wie zur Erklärung hinzu: »Frauen.«
»Eine Ausrede ?«, wiederhole ich ungläubig. »Und wer ist Willow dann?«
»Willow ist meine Exfreundin«, sagt er nach kurzer Pause. »Wir haben uns vor zwei Monaten getrennt.«
Ex freundin?
Einen Moment kann ich nicht sprechen. Mein Gehirn fühlt sich an wie ein Spielautomat, der sich dreht und dreht und versucht, die richtige Kombination zu finden. Ich komme gar nicht damit klar. Er ist verlobt. Er ist doch angeblich verlobt .
»Aber Sie … das hätten Sie mir sagen müssen!« Endlich bricht es aus mir hervor. »Die ganze Zeit haben Sie mich in dem Glauben gelassen, Sie wären verlobt!«
»Nein, habe ich nicht. Ich habe es nie erwähnt.« Er staunt. »Wieso sind Sie mir böse?«
»Ich … ich weiß nicht! Es ist alles nicht richtig.«
Ich atme schwer, versuche, meine Gedanken zu ordnen. Wie kann er nicht mit Willow zusammen sein? Jetzt ist alles anders. Und das ist alles seine Schuld. 80
»Wir haben über alles Mögliche gesprochen.« Ich versuche, mich zu beruhigen. »Ich habe Willow mehrmals erwähnt, und Sie haben nie genauer spezifiziert, wer sie ist. Wieso machen Sie so ein Geheimnis daraus?«
»Ich mache kein Geheimnis daraus!« Er lacht kurz auf. »Ich hätte Ihnen schon erklärt, wer sie ist, wenn das Thema aufgekommen wäre. Es ist aus. Es ist egal.«
»Es ist überhaupt nicht egal!«
»Wieso?«
Ich könnte schreien vor Frust. Wie kann er fragen, wieso? Ist das nicht offensichtlich?
»Weil … weil … sie sich so verhält, als wären Sie noch zusammen.« Und da wird mir plötzlich klar, was mich am meisten aufregt. »Sie verhält sich, als hätte sie das Recht, Sie zu beschimpfen. Deshalb habe ich nie daran gezweifelt, dass Sie mit ihr verlobt sind. Was hat das zu bedeuten?«
Sam schreckt zurück, als wäre er genervt, sagt jedoch nichts.
»Sie schickt Mails als Kopie an Ihre Assistentin! Sie spricht vor allen Leuten darüber! Das ist doch bizarr!«
»Willow war schon immer … exhibitionistisch veranlagt. Sie liebt Publikum.« Er klingt, als wollte er nicht wirklich näher darauf eingehen. »Sie kennt nicht dieselben Grenzen wie andere Menschen …«
»Allerdings nicht! Wissen Sie, wie besitzergreifend sie ist? Ich habe sie im Büro belauscht.« Der Lautsprecher plärrt Ankündigungen der bevorstehenden Stationen, aber ich setze mich über den Lärm hinweg. »Wissen Sie, dass Willow Sie bei den anderen Frauen aus dem Büro schlechtmacht? Sie erzählt denen, Sie beide hätten gerade nur eine schwierige Phase, und wenn Sie nicht bald zu sich kommen, werden Sie schon noch merken, was Sie zu verlieren haben, nämlich sie .«
»Wir haben keine schwierige Phase.« Ich höre echten Zorn in seiner Stimme. »Es ist aus und vorbei.«
»Weiß sie das auch?«
»Sie weiß es.«
»Sind Sie sicher? Sind Sie absolut sicher, dass sie sich darüber im Klaren ist?«
»Selbstverständlich.« Er klingt ungeduldig.
»Es ist nicht ›selbstverständlich‹! Wie genau haben Sie sich getrennt? Haben Sie sich zusammengesetzt und richtig darüber gesprochen?«
Sam schweigt, sieht mir nicht in die Augen. Er hat sich absolut überhaupt kein bisschen mit ihr zusammengesetzt und richtig darüber gesprochen. Ich weiß es genau. Wahrscheinlich hat er ihr eine kurze SMS geschickt: »Es ist aus. Sam.«
»Na, Sie müssen ihr sagen, dass sie mit diesen albernen Mails aufhören soll. Oder?« Ich versuche, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. »Sam?«
Er starrt mal wieder sein Handy an. Typisch. Er will es nicht wissen, er will nicht darüber sprechen, er will sich nicht damit befassen …
Da kommt mir ein Gedanke. O mein Gott, natürlich .
»Sam, antworten Sie eigentlich jemals auf Willows Mails?«
Tut er nicht, oder? Plötzlich wird mir alles klar. Deshalb fängt sie jedes Mal eine neue an. Als würde sie Zettel an eine leere Wand pinnen.
»Wenn Sie ihr also nie antworten, woher soll sie dann wissen, was Sie wirklich denken?« Immer lauter rede ich gegen den Lautsprecher an. »Ach ja! Sie weiß ja von nichts, stimmt’s? Deshalb macht sie sich was vor! Deshalb denkt sie, Sie gehören immer noch zusammen!«
Sam sieht mich nicht mal an.
»Scheiße, Sie sind wirklich ein Querpisser!«,
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