Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
könnte sein. Mehr auch nicht. Wahrscheinlich ist sie völlig unschuldig.«
»Sind Sie sicher, dass er auf seinem Junggesellenabschied ist?«, sagt Violet, zieht die Augenbrauen hoch und grinst. »Nein, ich nehm Sie nur auf den Arm.« Sie boxt mir an den Arm. »Bestimmt ist er da. Hey, ich muss noch packen. Hoffentlich geht bei Ihnen alles gut aus. Bestellen Sie Sam liebe Grüße.«
Als sie den Coffeeshop verlässt, drehen sich etwa sechs männliche Köpfe nach ihr um. Ich bin mir ziemlich sicher: Wäre Magnus hier, wäre er einer davon.
Trübsinnig starre ich noch eine Weile in meinen Kaffee. Wieso müssen mir die Leute immer sagen, dass ich mich der Situation stellen soll? Ich stelle mich den Situationen. Ständig. Aber ich kann ja schlecht bei Magnus’ Junggesellenabschied auftauchen oder Lucinda aus heiterem Himmel beschuldigen. Ich meine, man braucht doch Beweise . Man braucht Fakten . Eine anonyme Nachricht reicht nicht aus.
Mein Handy spielt Beyoncé, und unwillkürlich stutze ich. Ist das …
Nein. Eine unbekannte Nummer. Aber welche unbekannte Nummer? Ich trinke einen Schluck Kaffee, um mich zu stählen, und nehme den Anruf an.
»Hi, hier ist Poppy Wyatt.«
»Hallo, Poppy. Mein Name ist Brenda Fairfax. Ich bin vom Berrow Hotel. Ich hatte ein paar Tage Urlaub, sonst hätte ich Sie natürlich längst angerufen. Ich muss mich entschuldigen.«
Mrs. Fairfax. Nach so langer Zeit. Fast möchte ich laut lachen.
Wenn ich denke, wie dringend ich die Stimme dieser Frau hören wollte. Und jetzt ist das alles ganz egal. Ich habe den Ring wiederbekommen. Es ist alles gar nicht mehr wichtig. Wieso ruft sie mich an? Ich habe dem Concierge doch gesagt, dass ich den Ring wiederhabe. Die ganze Sache ist erledigt.
»Sie müssen sich nicht entschuldigen …«
»Aber selbstverständlich muss ich das! Was für ein schreckliches Durcheinander.« Sie klingt ziemlich aufgeregt. Vielleicht hat der Concierge ihr die Hölle heißgemacht. Vielleicht hat er ihr gesagt, dass sie mich anrufen und sich entschuldigen soll.
»Machen Sie sich bitte keine Sorgen. Ich habe einen ziemlichen Schrecken bekommen, aber jetzt ist alles wieder gut.«
»Und dann noch so ein wertvoller Ring!«
»Kein Problem«, sage ich beruhigend. »Ist ja nichts passiert.«
»Aber ich kann es immer noch nicht begreifen! Eine unserer Kellnerinnen hatte ihn mir gegeben, und ich wollte ihn in den Hotelsafe legen, wissen Sie. Das hatte ich zumindest vor.«
»Ehrlich, Sie müssen es mir nicht erklären.« Sie tut mir richtig leid. »So was kann passieren. Es gab Feueralarm, Sie wurden abgelenkt …«
»Nein!« Mrs. Fairfax klingt richtig empört. »So war es ganz und gar nicht. Wie gesagt, ich wollte ihn gerade in den Hotelsafe legen. Aber bevor ich das konnte, kam eine andere Dame zu mir und erklärte, der Ring würde ihr gehören. Sie war auch zu Gast bei unserer Teestunde.«
»Eine andere Frau?«, sage ich nach einer verdutzten Pause.
»Ja! Sie sagte, es sei ihr Verlobungsring, und sie hätte ihn schon überall gesucht. Sie klang sehr glaubwürdig. Die Kellnerin hat sich dafür verbürgt, dass die Frau an Ihrem Tisch gesessen hatte. Und dann hat sie ihn auf ihren Finger gesteckt. Wer sollte ihr misstrauen?«
Ich reibe mir die Augen und frage mich, ob ich richtig gehört habe.
»Sie sagen, jemand anders hätte meinen Ring genommen? Und behauptet, er gehörte ihr?«
»Ja! Sie hat darauf bestanden, dass der Ring ihr gehört. Sie hat ihn sofort angesteckt, und er passte. Sah übrigens sehr hübsch aus. Ich weiß, dass ich sie streng genommen nach einem Beweis hätte fragen müssen, dass er ihr gehört, und wir werden unsere offizielle Vorgehensweise angesichts dieses unglücklichen Zwischenfalls überdenken …«
»Mrs. Fairfax«, unterbreche ich sie, weil ich nicht das geringste Interesse an offiziellen Vorgehensweisen habe. »Darf ich Sie fragen … hatte sie zufällig lange dunkle Haare? Und trug ein kleines strassbesetztes Haarband?«
»Ja. Lange dunkle Haare mit einem Strasshaarband, genau wie Sie sagen, und ein auffallend hübsches orangefarbenes Kleid.«
Ungläubig schließe ich die Augen. Lucinda. Es war Lucinda.
Der Ring hatte sich nicht ins Futter ihrer Tasche verirrt. Sie hat ihn absichtlich an sich genommen. Sie wusste, wie sehr ich in Panik geraten würde. Sie wusste, wie wichtig der Ring war. Trotzdem hat sie ihn genommen und so getan, als gehörte er ihr. Gott weiß, wieso.
Es pocht in meinem Kopf, als ich mich von Mrs. Fairfax
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