Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
Zahnarzttermin reagiert. Und auch nicht auf den Hinweis, dass sein neuer maßgeschneiderter Anzug von James & James zum Abholen bereitliegt. Wie kann man einen neuen Anzug ignorieren?
Es gibt nur wenige Leute, denen er anscheinend sofort antwortet. Da ist zum Beispiel eine gewisse Vicks, die die PR -Abteilung leitet. Sie klingt sehr geschäftsmäßig und kurz angebunden, genau wie er, und konsultiert ihn wegen einer Pressepräsentation, die sie zusammen aufziehen. Oft nimmt sie Violets Adresse mit unter CC , aber bis ich ihre Mail weitergeleitet habe, hat Sam ihr schon geantwortet. Dann gibt es da noch einen Mann namens Malcolm, der Sam fast stündlich nach seiner Meinung fragt. Und natürlich Sir Nicholas Murray, der offenbar eine sehr leitende Funktion hat und momentan irgendwas für die Regierung arbeitet. 45 Sam scheint unglaublich gut mit ihm auszukommen, sofern man das nach den E-Mails beurteilen kann. Sie schreiben hin und her wie alte Freunde. Ich verstehe kaum die Hälfte von dem, was sie sagen – besonders nicht die Insider-Jokes –, aber der Ton ist herzlich. Außerdem schickt Sam niemandem mehr E-Mails als Sir Nicholas.
Sams Firma ist offenbar so eine Art Unternehmensberatung. Sie sagen Unternehmen, wie die ihre Geschäfte führen sollen, und greifen oft »unterstützend« ein, was immer das bedeuten mag. Ich schätze, sie sind wohl so was wie Verhandlungsführer oder Vermittler oder irgendwas und dabei ziemlich erfolgreich, denn Sam scheint sehr beliebt zu sein. Er wurde allein diese Woche auf drei Partys eingeladen und zum Jagdausflug einer Privatbank am nächsten Wochenende. Und ein Mädchen namens Blue hat schon zum dritten Mal gemailt und angefragt, ob er an einem speziellen Empfang zur Feier der Fusion von Johnson Ellison mit Greene Retail teilnehmen möchte. Der Empfang findet im Savoy statt mit einer Jazzband und Häppchen und Präsenttüten.
Aber er hat noch nicht geantwortet. Immer noch nicht.
Ich verstehe ihn einfach nicht. Wenn ich zu so was Tollem eingeladen wäre, würde ich sofort antworten: »Ja, bitte! Vielen, vielen Dank! Ich kann es kaum erwarten! JJJ « Wohingegen er nicht mal den Empfang der Einladung bestätigt.
Ich rolle mit den Augen, während ich jede einzelne Mail weiterleite, und schreibe ihm dann eine Nachricht:
Danke nochmals wegen Scrabble! Hab eben neue Mails weitergeleitet.
Ein Moment später klingelt mein Handy. Es ist Sam.
»Oh, hi …«, will ich sagen.
»Okay, Sie sind ein Genie«, fällt er mir ins Wort. »Ich hatte so eine Ahnung, dass Vivien spät noch arbeiten würde. Ich habe sie angerufen, um mal mit ihr zu reden, und die Probleme angesprochen, auf die Sie mich hingewiesen hatten. Da kam alles raus. Sie hatten recht. Wir wollen morgen noch mal reden, aber ich glaube, sie bleibt.«
»Oh«, sage ich zufrieden. »Cool.«
»Nein«, sagt er mit fester Stimme. »Nicht nur cool. Großartig. Unglaublich. Wissen Sie, wie viel Zeit und Geld und Ärger Sie mir erspart haben? Ich bin Ihnen was schuldig, aber wirklich.« Er macht eine Pause. »Ach, und Sie hatten recht, sie kann es nicht leiden, wenn man sie Viv nennt. Also bin ich Ihnen doppelt was schuldig.«
»Kein Problem! Gern geschehen.«
»Also … das wollte ich nur sagen. Ich möchte Sie nicht aufhalten.«
»Gute Nacht. Ich freue mich, dass alles geklappt hat.« Und als ich auflege, fällt mir etwas ein, und ich schreibe eilig eine SMS .
Haben Sie schon einen Zahnarzttermin vereinbart? Sonst fallen Ihnen irgendwann die Zähne aus!!!
Ein paar Sekunden später piept die Antwort.
Ich werde es überleben.
Er wird es überleben? Ist er irre ? Mein Onkel ist Zahnarzt, und meine Tante ist Zahnarzthelferin. Ich weiß also, wovon ich rede.
Ich suche im Netz nach den ekligsten, abstoßendsten Fotos faulender Zähne, die ich finden kann. Die sind alle schwarz, und einige sind rausgefallen. Ich klicke Senden/Teilen und schicke sie ihm rüber.
Ich habe glatt meinen Drink verschüttet.
Ich kichere und antworte:
Fürchtet Euch!!!!
Fast füge ich hinzu: »Willow dürfte nicht gerade begeistert sein, wenn Ihnen die Zähne ausfallen!!!« Aber dann lasse ich es lieber sein. Ich komme mir komisch vor. Man sollte doch eine gewisse Distanz wahren. Bei allem Hin-und-Her-Gesimse kenne ich diesen Mann eigentlich gar nicht. Und seiner Verlobten bin ich nie begegnet.
Obwohl ich das Gefühl habe, sie irgendwie zu kennen. Und das meine ich nicht im Guten.
Noch nie habe ich jemanden – oder etwas – wie Willow erlebt.
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