Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
gelernt«, fügt er hinzu. »Er kann Leuten sagen, dass ihre Firma ein Scheißladen ist, und sie fressen ihm trotzdem aus der Hand. Oder sogar, dass ihr ganzes Land ein Scheißladen ist.«
»Wow.« Ich erstarre in Ehrfurcht.
»Kommen Sie einfach mit zu diesem Meeting und hören Sie es sich an. Falls Sie nichts vorhaben. Da werden noch ein paar andere Leute sein.«
»Wirklich?«
Er zuckt mit den Schultern. »So lernt man dazu.«
Ich hatte ja keine Ahnung, dass er Spezialist für unangenehme Gespräche ist. Ich versuche, mir jemanden vorzustellen, dessen Körperhygiene ein Problem darstellt. Nie im Leben würde ich die Worte finden, so etwas offen anzusprechen.
Ach, komm schon. Das muss ich einfach sehen.
»Okay!« Ich merke, dass ich lächle. »Mach ich. Danke.«
Plötzlich merke ich, dass er das Handy noch gar nicht an sich genommen hat. Es liegt immer noch auf dem Tisch.
»Also … soll ich das zu Ihnen ins Büro mitnehmen?«, sage ich beiläufig.
»Gern.« Er zieht seine Jacke über. »Danke.«
Ausgezeichnet. So kann ich mir noch einmal meine Nachrichten ansehen. Gott sei Dank!
72 »Suppe«, »Ente« etc. Was voll cool aussieht, aber was für eine Suppe? Was für eine Ente?
73 Ist das nicht verboten? Was wäre, wenn ich in Dollar bezahlen wollte? Müssten sie es akzeptieren?
74 Okay, das ist jetzt albern. Man schreibt eine Speisekarte, die keiner versteht, um dann jemanden zu bezahlen, der sie den Leuten erklärt.
75 Warum sitzen ihre Lieferanten alle an so abgelegenen Orten? Immer wenn ich sie danach frage, redet sie irgendwas von »Recherchen«. Ruby meint, das macht sie nur, um mehr für die Fahrzeiten berechnen zu können.
76 Magnus war ein Stöhner. Dann drückte er mich mit beiden Armen an sich und sagte, er habe gleich gewusst, wie verletzlich ich sei, und es mache mich nur noch schöner.
ZEHN
E s muss himmlisch sein, in so einem Laden zu arbeiten. Alles an Sams Gebäude ist einfach der Wahnsinn – von der riesigen Rolltreppe über die pfiffigen Fahrstühle bis zu dem laminierten Ausweis mit meinem Foto, den eine Maschine nach schlapp drei Sekunden ausspuckte. Wenn wir bei First Fit Physio Besucher haben, tragen wir sie einfach in ein Schulheft ein.
Wir fahren in den sechzehnten Stock und laufen einen Flur mit hellgrünem Teppich, Schwarzweißfotos von London und hippen Sitzgelegenheiten entlang. Rechts sind einzelne Büros mit Glasscheiben, und links gibt es einen großen, offenen Bereich mit bunten Tischen. Alles hier ist so cool . Da gibt es einen Wasserspender, wie wir ihn auch haben, aber außerdem eine Kaffee-Ecke mit einer Nespresso-Maschine und einem Smeg-Kühlschrank und einer großen Obstschale.
Ich werde mal mit Ruby über die Arbeitsbedingungen bei First Fit Physio sprechen müssen.
»Sam!« Ein Mann im dunkelblauen Leinenjackett begrüßt Sam, und während sie sich unterhalten, sehe ich mich im offenen Bürobereich um und frage mich, ob ich hier wohl Willow entdecke. Die Blondine, die da in ein Headset spricht, die Füße auf dem Nachbarstuhl. Könnte sie das sein?
»Okay.« Sam scheint das Gespräch abschließen zu wollen. »Das ist interessant, Nihal. Ich denk drüber nach.«
Nihal. Ich spitze die Ohren. Den Namen kenne ich irgendwoher. Ganz bestimmt. Was war das noch? Nihal … Nihal …
»Danke, Sam«, sagt Nihal gerade. »Ich leite Ihnen das Dokument gleich weiter …« Als er auf sein Handy eintippt, fällt es mir plötzlich wieder ein.
»Gratulieren Sie ihm zu seiner Tochter!«, flüstere ich Sam zu. »Nihal ist letzte Woche Vater geworden. Yasmin, sieben Pfund. Sie ist bezaubernd! Haben Sie die E-Mail nicht gesehen?«
»Oh.« Sam staunt kurz, fängt sich aber bald. »Hey, Nihal, Glückwunsch zur Tochter, übrigens. Tolle Neuigkeit.«
»Yasmin ist ein hübscher Name.« Ich strahle Nihal an. »Und sieben Pfund! Gutes Gewicht! Wie geht es ihr?«
»Und wie geht es Anita?«, stimmt Sam mit ein.
»Beiden geht es wirklich gut, danke! Entschuldigen Sie … ich weiß nicht, sind wir uns schon mal begegnet?« Hilfesuchend sieht Nihal Sam an.
»Das ist Poppy«, sagt Sam. »Sie ist hier für … für Beratungen.«
»Stimmt.« Nihal schüttelt meine Hand, noch immer etwas ratlos. »Und woher wissen Sie das von dem Baby?«
»Sam hat es mir gegenüber erwähnt«, lüge ich geschmeidig. »Er hat sich so für Sie gefreut, dass er es mir unbedingt erzählen musste. Stimmt es nicht, Sam?«
Ha! Sams Gesicht!
»Das stimmt«, sagt er schließlich. »Begeistert
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