Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
stößt ein ungläubiges Lachen aus. »Warte. Ich habe es doch auch bekommen!«
Er setzt sich hin und öffnet eine Datei. »Wahrscheinlich habe ich sie hier irgendwo …« Er klickt noch ein paarmal. »Da ist sie! Siehst du … hier ist sie …« Plötzlich stutzt er. »Was zum …«
Es ist ganz still. Ich kann kaum atmen.
»Nein«, knurrt Sam plötzlich. »Nie im Leben. Das ist nicht die Version, die ich bekommen habe.« Er blickt auf, und ihm ist anzusehen, dass er vor einem Rätsel steht. »Was ist los? Ich hatte sie doch.«
»Nicht da?« Vicks klingt richtig enttäuscht.
Wie verrückt klickt Sam mit seiner Computermaus herum.
»Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn«, sagt er wie zu sich selbst. »Das Memo wurde mir zugemailt. Es kam über das System zu Malcolm und mir. Ich hatte es. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Es muss hier sein.« Finster starrt er den Bildschirm an. »Wo zum Teufel ist diese beschissene E-Mail geblieben?«
»Hast du sie ausgedruckt? Hast du sie behalten? Hast du diese Originalversion noch?« Ich sehe die Hoffnung in Vicks Augen.
Es folgt eine lange Stille.
»Nein.« Sam seufzt. »Ich hab sie online gelesen. Und Malcolm?«
»Er hat sie auch nicht ausgedruckt. Und auf seinem Notebook findet er auch nur diese Version. Okay.« Vicks sinkt ein wenig in sich zusammen. »Nun … wir werden es eben weiter versuchen.«
»Es muss hier sein.« Sam klingt unnachgiebig. »Wenn die Techniker sagen, dass sie das Memo nicht finden können, haben die keine Ahnung. Setz mehr Leute daran.«
»Sie suchen schon alle. Natürlich haben wir ihnen nicht gesagt, wieso.«
»Na, wenn wir es nicht finden können, wirst du ITN eben einfach mitteilen, dass uns das Ganze ein Rätsel ist«, sagt Sam energisch. »Wir weisen es weit von uns. Wir machen klar und deutlich, dass ich dieses Memo nicht gelesen habe, dass Nick es nicht geschrieben hat und dass niemand in der Firma irgendetwas davon weiß …«
»Sam, es ist in unserem System.« Vicks klingt müde. »Wir können unmöglich behaupten, dass niemand in der Firma etwas davon weiß. Es sei denn, wir finden das andere Memo …« Ihr Handy piept mit einer SMS , und sie wirft einen Blick darauf. »Das ist Julian von der Rechtsabteilung. Sie wollen eine einstweilige Verfügung erwirken, aber …« Hoffnungslos zuckt sie mit den Schultern. »Da Nick inzwischen offizieller Regierungsberater ist, stehen die Chancen nicht gut.«
Sam starrt das Blatt Papier mit angewiderter Miene an.
»Wer hat diesen Scheiß geschrieben?«, sagt er. »Es klingt nicht mal nach Nick.«
»Weiß der Himmel.«
Ich bin so angespannt, dass ich vor Schreck fast sterbe, als mein Handy summt. Ich werfe einen Blick auf das Display und kriege gleich den nächsten Schreck. Ich kann mich hier nicht mehr verstecken. Eilig nehme ich das Gespräch an und trete mit weichen Knien aus dem Badezimmer.
»Tut mir leid, wenn ich störe«, sage ich betreten und reiche Sam das Handy. »Sir Nicholas für Sie.«
Fast möchte ich lachen, als ich Vicks’ entsetzte Miene sehe, doch sie sieht aus, als wollte sie jemanden erdrosseln. Und dieser jemand könnte ich sein.
»Wer ist sie ?«, faucht sie und mustert den Fleck auf meinem T-Shirt. »Ist das deine neue Assistentin?«
»Nein. Das ist …« Sam winkt ab. »Lange Geschichte. Nick!«, sagt er in den Hörer. »Hab’s eben gehört. Meine Güte.«
»Haben Sie irgendwas mitbekommen?«, sagt Vicks mit drohendem Unterton zu mir.
»Nein! Ich meine, ja. Ein bisschen.« Ich hasple vor Angst. »Aber ich hab nicht richtig zugehört. Ich hab nichts mitbekommen. Ich habe mir die Haare gebürstet. Sehr gründlich.«
»Okay. Ich bleibe erreichbar. Halten Sie uns auf dem Laufenden.« Sam stellt das Telefon ab und schüttelt den Kopf. »Wann wird er endlich lernen, die richtige Nummer anzurufen? Tut mir leid.«
Gedankenverloren legt er das Handy auf den Schreibtisch. »Das ist doch lächerlich. Ich rede selbst mal mit den Technikern. Verdammte Scheiße, wenn die nicht mal eine verlorene Mail wiederfinden können, sollten wir sie alle feuern. Wir sollten sie sowieso feuern. Die sind doch nutzlos.«
»Könnte es noch auf Ihrem Handy sein?«, schlage ich ängstlich vor.
Sams Augen leuchten kurz auf, dann schüttelt er den Kopf.
»Nein. Es ist zu lange her. Das Telefon speichert Mails nicht länger als zwei Monate. Aber trotzdem eine hübsche Idee, Poppy.«
Vicks sieht aus, als könnte sie nicht glauben, was sie da hört.
»Noch einmal – wer ist sie ?
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