Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
Äußerungen Schaden nimmt. Verstehst du, was ich sagen will?«
»Es ist alles geregelt, Justin.«
Vicks’ scharfem Ton nach zu urteilen vermute ich, dass sie Justin ebenso wenig leiden kann wie Sam. 77
»Wunderbar. Natürlich sehr unangenehm für Sir Nicholas. Wirklich schade.« Justin wirkt begeistert. »Trotzdem wird er jetzt wohl gehen …«
»Er wird nicht gehen.« Sam sieht Justin mit düsterer Miene an. »Du bist wirklich ein arroganter kleiner Pisser.«
»Ganz ruhig, Brauner!«, sagt Justin liebenswürdig. »Ich sag dir was, Sam: Schreib ihm eine E-Card.«
»Du kannst mich mal.«
»Jungs!«, fleht Vicks.
Inzwischen kann ich total verstehen, wieso Sam von Siegen und von Lagern spricht. Die Aggression zwischen den beiden ist brutal. Sie sind wie diese Hirsche, die jeden Herbst so lange kämpfen, bis sie dem anderen das Geweih abgebrochen haben.
Mitleidig schüttelt Justin den Kopf – er stutzt kurz, als er mich in der Ecke stehen sieht – und schlendert dann hinaus.
»Dieses Memo ist eine Fälschung«, sagt Sam mit leiser, böser Stimme. »Es wurde Nick untergeschoben. Justin Cole weiß Bescheid und steckt dahinter.«
» Was ?« Vicks klingt, als ginge ihr die Geduld aus. »Sam Roxton, du wirst hier nicht rumlaufen und solche Sachen erzählen! Du klingst wie ein geisteskranker Verschwörungstheoretiker!«
»Es war ein anderes. Beschissenes. Memo.« Sam klingt, als würde er an der Welt verzweifeln. »Ich habe die Originalversion doch gesehen. Malcolm hat sie gesehen. Da war keine Rede von Schmiergeldern. Und urplötzlich ist dieses Memo dann aus unserem System verschwunden. Spurlos. Wenn du mir das erklären kannst, dann darfst du mich als geisteskranken Verschwörungstheoretiker bezeichnen.«
»Ich kann es nicht erklären«, sagt Vicks nach kurzer Pause. »Und ich werde es nicht mal versuchen. Ich werde einfach meine Arbeit machen.«
»Irgendjemand hat das getan. Das weißt du. Du arbeitest ihnen in die Hände, Vicks. Sie wollen Nick loswerden, und du lässt es geschehen.«
»Nein. Nein. Hör auf!« Vicks schüttelt den Kopf. »Da spiel ich nicht mit. Da lasse ich mich nicht mit reinziehen.« Sie geht zum Papierkorb, holt die zerknüllte Presseerklärung hervor und streicht sie glatt.
»Ich kann das eine oder andere Detail ändern«, sagt sie. »Aber ich habe mit Bruce gesprochen, und wir werden das hier so nehmen müssen.« Sie hält ihm einen Kugelschreiber hin.
»Möchtest du irgendeine kleine Änderung vornehmen? Denn Julian ist in diesem Moment dabei, seine Zustimmung zu geben.«
Sam ignoriert den Stift.
»Was ist, wenn wir das Original-Memo finden? Was ist, wenn wir beweisen können, das dieses hier gefälscht ist?«
»Wunderbar!« Plötzlich bekommt ihre Stimme so einen schneidenden Unterton. »Dann gehen wir damit an die Presse. Nicks Glaubwürdigkeit ist gerettet, und wir schmeißen eine Party. Glaub mir, Sam, nichts wäre mir lieber als das. Aber wir müssen mit dem umgehen, was wir haben. Was momentan ein fatales Memo ist, das wir nicht wegdiskutieren können.« Vicks wischt sich übers Gesicht, dann reibt sie mit den Fäusten ihre Augen. »Heute Morgen habe ich noch versucht, diesen peinlichen Zwischenfall mit dem betrunkenen Postmann zu kaschieren«, murmelt sie wie zu sich selbst. »Das war meine größte Sorge.«
Das sollte sie wirklich nicht machen. Davon kriegt sie Tränensäcke.
»Wann geht diese Erklärung raus?«, sagt Sam schließlich. Seine unbändige Energie scheint verbraucht zu sein. Er lässt die Schultern hängen und klingt so niedergeschlagen, dass ich ihn am liebsten in den Arm nehmen möchte.
»Das ist der einzige Lichtblick.« Vicks’ Stimme klingt jetzt sanfter, als wollte sie ihn in der Niederlage vorsichtig behandeln. »Sie halten die Sache für die 10-Uhr-Nachrichten zurück, also bleiben uns noch etwa sechs Stunden Spielraum.«
»In sechs Stunden kann viel passieren«, sage ich ängstlich, und beide zucken zusammen, als hätten sie sich verbrüht.
» Sie ist immer noch da?«
»Poppy.« Selbst Sam wirkt überrascht. »Entschuldige. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie noch hier sind …«
»Sie hat das alles mit angehört?« Vicks sieht aus, als wollte sie jemanden schlagen. »Sam, hast du den Verstand verloren?«
»Ich verrate nichts!«, sage ich eilig. »Versprochen!«
»Okay.« Sam atmet aus. »Mein Fehler. Poppy, Sie können nichts dafür. Schließlich habe ich Sie hierher eingeladen. Ich rufe jemanden, der Sie rausbringt.« Er beugt sich aus
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