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Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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Nur der Pilotensitz war noch drin. Das Marihuana hat man riechen können, man hat gar keinen Hund gebraucht. Tja, und der Sheriff dort – seinen Namen sag ich nicht –, der wollte sich auf die Lauer legen und sie festnageln, wenn sie das Flugzeug holen kommen, und irgendwann hat ihm jemand gesagt, dass keiner kommen wird. Dass die das noch nie gemacht hätten. Als er schließlich kapiert hat, was man ihm damit eigentlich sagt, ist er ganz still geworden, und dann hat er sich rumgedreht, ist in seinen Wagen gestiegen und weggefahren.
Als es drüben auf der anderen Seite der Grenze die Drogenkriege gab, gab’s nirgends mehr Einweckgläser zu kaufen. Für Eingemachtes und so. Um Essen haltbar zu machen. Es hat einfach keine gegeben. Das lag daran, dass die diese Gläser verwendet haben, um Handgranaten reinzustecken. Wenn man nämlich jemand vom Flugzeug aus Granaten aufs Haus oder auf den Hof wirft, dann explodieren die, bevor sie auf dem Boden aufschlagen. Also haben die Folgendes gemacht: Sie haben den Stift gezogen, das Ding in das Glas gesteckt und den Deckel wieder aufgeschraubt. Und wenn das Ding dann auf dem Boden aufgeschlagen ist, hat’s das Glas zertrümmert und den Sperrbügel freigegeben. Den Hebel. Kistenweise haben sie die Dinger präpariert. Schwer zu glauben, dass einer nachts mit einer solchen Ladung in einem kleinen Flugzeug rumfliegt, aber die haben das gemacht.
Ich glaub, wenn man Satan wär und würd versuchen, sich was auszudenken, was die Menschheit in die Knie zwingt, dann kam man wahrscheinlich auf Drogen. Vielleicht war er’s ja. Neulich hab ich das beim Frühstück zu jemand gesagt, und der hat mich gefragt, ob ich an Satan glaube. Ich hab gesagt, darum geht’s doch gar nicht. Ich weiß, hat er gesagt, aber glauben Sie an ihn? Darüber hab ich nachdenken müssen. Als Junge wohl schon. Bis ich dann erwachsen war, hatte mein Glaube ziemlich nachgelassen. Inzwischen neig ich wieder mehr in die andere Richtung. Auf alle Fälle liefert er eine Erklärung für eine Menge Sachen, für die es sonst keine Erklärung gibt, jedenfalls nicht für mich.

Moss stellte den Aktenkoffer auf die Sitzbank und schob sich ihm behutsam hinterher in die Nische. Er nahm die Speisekarte aus dem Drahtgestell, in dem sie neben Senf und Ketchup stand. Das Mädchen glitt auf die Bank ihm gegenüber. Er blickte nicht auf. Was nimmst du?, fragte er.
Ich weiß nicht. Ich hab mir die Speisekarte noch nicht angesehen.
Er drehte die Speisekarte herum, schob sie ihr zu, wandte sich um und hielt nach der Kellnerin Ausschau.
Und Sie?, fragte das Mädchen.
Was ich nehme?
Nein. Was Sie sind. Sind Sie eine Persönlichkeit?
Er musterte sie. Die einzigen mir bekannten Leute, die wissen, was eine Persönlichkeit ist, sagte er, sind selber welche.
Ich bin vielleicht bloß eine Mitreisende.
Eine Mitreisende.
Tja, im Augenblick auf jeden Fall.
Sie sind verletzt, stimmt’s?
Wie kommst du darauf?
Sie können kaum gehen.
Vielleicht ist das bloß eine alte Kriegsverletzung.
Das glaub ich nicht. Was ist Ihnen passiert?
Du meinst, in letzter Zeit?
Ja. In letzter Zeit.
Das brauchst du nicht zu wissen.
Wieso nicht?
Ich will nicht, dass du dich in irgendwas reinsteigerst.
Wie kommen Sie drauf, dass ich mich in irgendwas reinsteigern würde?
Weil böse Mädchen auf böse Jungs stehen. Was nimmst du?
Weiß ich noch nicht. Was machen Sie eigentlich?
Bis vor drei Wochen war ich ein gesetzestreuer Bürger. Hab von neun bis fünf gearbeitet. Oder vielmehr von acht bis vier. Was einem so passiert, passiert einfach. Es fragt einen nicht vorher. Es bittet einen nicht um Erlaubnis.
Wenn ich je was Wahres gehört hab, dann das, sagte sie.
Wenn du länger mit mir zusammen bist, hörst du noch mehr davon.
Sie glauben, ich bin ein böses Mädchen?
Ich glaube, du wärst gern eins.
Was ist in dem Aktenkoffer?
Akten.
Was ist da drin?
Ich könnt’s dir sagen, aber dann müsst ich dich umbringen.
Sie dürfen an einem öffentlichen Ort keine Waffe tragen. Haben Sie das nicht gewusst? Besonders nicht so eine wie die da.
Ich will dich mal was fragen.
Nur zu.
Wenn die Schießerei losgeht, wärst du dann lieber bewaffnet oder gesetzestreu?
Ich will bei keiner Schießerei dabei sein.
O doch, das willst du. Das sieht man dir an. Du willst bloß nicht getroffen werden. Was nimmst du denn nun?
Was nehmen Sie?
Cheeseburger und eine Schokoladenmilch.
Die Kellnerin kam, und sie bestellten. Das Mädchen nahm das scharfe Rindfleischsandwich mit Kartoffelbrei und

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