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Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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der Spüle die Hände. Seine Frau legte einen Zettel auf die Arbeitsplatte, und er warf einen Blick darauf.
Hat sie gesagt, wo sie ist? Das ist eine Nummer aus West Texas.
Sie hat nur gesagt, hier spricht Carla Jean, und dann die Nummer genannt. Er ging zum Sideboard und rief an. Sie und ihre Großmutter waren in einem Motel außerhalb von El Paso. Ich will was von Ihnen wissen, sagte sie.
In Ordnung.
Halten Sie ihr Wort?
Ja, das tue ich.
Auch mir gegenüber?
Ich würd sagen, besonders Ihnen gegenüber.
Er hörte, wie sie in den Hörer atmete. In der Ferne Verkehr.
Sheriff?
Ja, Ma’am.
Wenn ich Ihnen sage, von wo er angerufen hat, geben Sie mir dann Ihr Wort, dass ihm nichts passiert?
Ich kann Ihnen mein Wort geben, dass ihm von meiner Seite nichts passiert. Das kann ich.
Nach einer Weile sagte sie: Okay.

Der Mann, der an dem kleinen, von einem Bein mit Scharnier gestützten Wandklapptisch aus Sperrholz saß, schrieb auf dem Schreibblock zu Ende, nahm die Kopfhörer ab, legte sie vor sich auf den Tisch und strich sich mit beiden Händen seitlich das schwarze Haar nach hinten. Er drehte sich um und sah in den hinteren Teil des Wohnwagens, wo der zweite Mann sich auf dem Bett ausgestreckt hatte. Listo?, sagte er.
Der Mann setzte sich auf und schwang die Beine auf den Boden. Er blieb eine Weile so sitzen, dann stand er auf und kam nach vorn.
Hast du’s?
Ich hab’s.
Er riss das Blatt von dem Block ab und reichte es dem anderen, der es las, zusammenfaltete und in seine Hemdtasche steckte. Dann öffnete er einen der Küchenoberschränke, nahm eine Maschinenpistole mit Tarnfarben-Finish und zwei Reservemagazine heraus, stieß die Tür auf, ging die Stufen hinunter und schloss die Tür hinter sich. Er ging über den Kies zu einem schwarzen Plymouth Barracuda, öffnete die Tür, warf die Maschinenpistole auf den Beifahrersitz, stieg ein, machte die Tür zu und ließ den Motor an. Er gab ein paarmal im Leerlauf Gas, dann fuhr er auf die Straße, machte die Scheinwerfer an und schaltete in den zweiten Gang, sodass der auf die breiten Hinterreifen geduckte Wagen mit mehreren Schlenkern des Hecks quietschend und Gummirauchwolken hinter sich herziehend die Straße hinauf beschleunigte.
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VIII
    Ich hab in den letzten Jahren eine Menge Freunde verloren, und sie waren nicht alle älter als ich. Das ist eine der Erfahrungen, die man beim Älterwerden macht: dass nicht alle mit einem älter werden. Man versucht, den Leuten zu helfen, die einem das Gehalt zahlen, und natürlich denkt man zwangsläufig daran, was man geleistet hat, wenn man mal abtritt. In diesem County hat’s in einundvierzig Jahren keinen ungeklärten Mordfall gegeben. Und jetzt haben wir in einer Woche neun davon. Ob sie geklärt werden? Ich weiß es nicht. Jeder Tag ist gegen uns. Die Zeit arbeitet nicht für uns. Ich weiß nicht, ob es so ein großes Kompliment war, wenn sich rumspricht, dass man sich in einen Haufen Drogenhändler reinversetzen kann. Nicht, dass die große Probleme damit hätten, sich in uns reinzuversetzen. Die haben keinen Respekt vor dem Gesetz? Das ist nur die halbe Wahrheit. Die denken noch nicht mal an das Gesetz. Das juckt die anscheinend überhaupt nicht. Andererseits haben sie vor einer Weile in San Antonio einen Richter erschossen. Der hat sie wohl schon gejuckt. Dazu kommt, dass es entlang der Grenze Polizisten gibt, die von Drogen reich werden. Das zu wissen tut weh. Mir jedenfalls. Dabei glaub ich, dass es vor zehn Jahren noch nicht so war. Ein unehrlicher Polizist ist einfach eine verdammte Schande. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen. Er ist zehnmal schlimmer als der Verbrecher. Und das geht auch nicht weg. Das ist so ungefähr das Einzige, was ich weiß. Es geht nicht weg. Wohin auch?
Das klingt jetzt vielleicht, als war ich völlig ahnungslos, aber ich glaub, für mich ist das Schlimmste die Gewissheit, dass ich wahrscheinlich nur deshalb überhaupt noch am Leben bin, weil die keinen Respekt vor mir haben. Und das tut weh. Richtig weh. Das Ganze hat ein Ausmaß angenommen, das hätte man sich vor ein paar Jahren nicht vorstellen können. Vor einer Weile haben sie drüben im Presidio County eine DC-4 gefunden. Stand einfach in der Wüste rum. Die waren irgendwann in der Nacht angerückt, hatten ein Stück Gelände als Landepiste planiert und als Beleuchtung zwei Reihen Teerfässer aufgestellt und angezündet, aber es gab keine Möglichkeit, das Ding von dort aus zurückzufliegen. Es war bis auf die nackten Wände ausgeräumt.

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