Kein Land für alte Männer
wartete.
Wie heißen Sie?
Paul, sagte der Fahrer.
Sie haben die richtige Einstellung, Paul. Ich bring Sie nicht in Schwierigkeiten. Ich will bloß nicht, dass Sie mich irgendwo stehen lassen, wo ich nicht stehen gelassen werden will.
In Ordnung.
Haben Sie eine Taschenlampe?
Ja, hab ich.
Geben Sie sie mir.
Der Fahrer reichte die Taschenlampe nach hinten.
Sie sind mein Mann, sagte Moss.
Wo fahren wir hin?
Die Straße am Fluss entlang.
Ich fahr niemanden holen.
Wir holen niemanden.
Der Fahrer beobachtete ihn im Spiegel. No drogas, sagte er.
No drogas.
Der Fahrer wartete.
Ich hole eine Aktentasche. Sie gehört mir. Sie können reinschauen, wenn Sie wollen. Nichts Illegales.
Ich kann reinschauen.
Ja, können Sie.
Ich hoffe, Sie verscheißern mich nicht.
Nein.
Ich hab nichts gegen Geld, aber noch lieber ist es mir, nicht in den Knast zu kommen.
Das geht mir genauso, sagte Moss.
Langsam fuhren sie die Straße entlang auf die Brücke zu. Moss beugte sich über die Rückenlehne nach vorn.
Ich möchte, dass Sie unter der Brücke halten.
In Ordnung.
Ich schraub die Birne der Innenbeleuchtung raus.
Die Straße hier wird rund um die Uhr beobachtet, sagte der Fahrer.
Das weiß ich.
Der Fahrer hielt am Straßenrand, schaltete den Motor und die Schweinwerfer aus und sah Moss im Rückspiegel an. Moss schraubte die Birne aus der Lampe, legte sie in die Plastikabdeckung, reichte sie über den Sitz hinweg dem Fahrer und öffnete die Tür. Ich müsste in ein paar Minuten wieder da sein, sagte er.
Das Schilfrohr war staubig, die Halme standen dicht an dicht. Während er sich vorsichtig hindurchschob, hielt er die Lampe auf Kniehöhe, wobei er das Glas teilweise mit der Hand abdeckte.
Der Aktenkoffer stand aufrecht und unversehrt im Röhricht, als hätte ihn jemand einfach dort abgestellt. Moss knipste die Lampe aus, nahm den Koffer in die Hand und kämpfte sich im Dunkeln zurück, wobei er sich an der Brückenfahrbahn über ihm orientierte. Beim Taxi angelangt, öffnete er die Tür, legte den Aktenkoffer auf den Sitz, stieg vorsichtig ein und schloss die Tür. Er reichte dem Fahrer die Taschenlampe und lehnte sich zurück. Fahren wir, sagte er.
Was ist da drin?, fragte der Fahrer.
Geld.
Geld?
Geld.
Der Fahrer ließ den Motor an und fuhr los.
Machen Sie das Licht an, sagte Moss.
Er machte das Licht an.
Wie viel Geld?
Eine Menge Geld. Für wie viel würden Sie mich nach San Antonio fahren?
Der Fahrer dachte darüber nach. Sie meinen, zusätzlich zu den fünfhundert?
Wie wär’s mit einem Riesen, alles inklusive.
Alles.
Einverstanden.
Wie wär’s dann mit der anderen Hälfte von den fünf Lappen, die ich schon hab.
Moss zog die Scheine aus der Tasche und reichte sie über die Rückenlehne nach vorn.
Was ist, wenn uns die Migra anhält.
Die halten uns nicht an, sagte Moss.
Woher wollen Sie das wissen?
Ich hab noch zu viel Scheiß vor mir, mit dem ich mich befassen muss. Die Sache wird nicht hier enden.
Hoffentlich haben Sie recht.
Vertrauen Sie mir, sagte Moss.
Den Satz hör ich gar nicht gern, sagte der Fahrer. Das war schon immer so.
Haben Sie ihn je gesagt?
Ja, hab ich. Deswegen weiß ich auch, was er wert ist.
Er verbrachte die Nacht in einem Rodeway Inn am Highway 90, knapp westlich der Stadt, und am Morgen ging er nach unten, besorgte sich eine Zeitung und stieg die Treppe mühsam wieder hinauf in sein Zimmer. Er konnte sich nicht ausweisen und daher keine Waffe bei einem Händler kaufen, aber er konnte sich eine über die Zeitung besorgen und tat das auch. Eine Tec-9 mit zwei zusätzlichen Magazinen und anderthalb Schachteln Patronen. Der Verkäufer brachte ihm die Waffe an die Tür, und Moss bezahlte ihn in bar. Er drehte die MP in der Hand. Sie hatte eine grünliche, geparkerte Oberfläche. Halbautomatisch. Wann haben Sie das letzte Mal damit geschossen?, fragte er.
Ich hab überhaupt nie damit geschossen.
Sind Sie sicher, dass sie schießt?
Wieso denn nicht?
Ich weiß nicht.
Tja, ich auch nicht.
Als er gegangen war, marschierte Moss, ein Motelkissen unter dem Arm, ein Stück weit in die Prärie hinter dem Haus hinaus, wickelte das Kissen um die Mündung der Pistole, gab drei Schüsse ab und stand dann im kalten Sonnenlicht, sah zu, wie die Federn über den grauen Chaparral trieben, und dachte über sein Leben nach, das vergangene und das künftige. Dann drehte er sich um und ging langsam zum Motel zurück. Das verbrannte Kissen ließ er liegen.
In der Eingangshalle ruhte er sich aus, dann stieg er die Treppe zu seinem Zimmer
Weitere Kostenlose Bücher