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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Brust.
    »Jemand hat zweimal von einem öffentlichen Telefon nicht weit vom Haus Ihres Bruders in Albuquerque Ihren Anschluss angerufen«, fuhr er fort. »Einmal ungefähr eine Woche, bevor die beiden Handlanger umgebracht wurden. Und dann noch mal gleich danach.«
    Ich war nicht so schockiert, wie man hätte meinen sollen. Womöglich passte endlich alles zusammen, auch wenn es mir nicht gefiel.
    »Sie wussten nichts von den Anrufen, oder, Will?«
    Ich schluckte und überlegte, wer außer mir ans Telefon gegangen sein konnte, wenn Ken tatsächlich angerufen hatte.
    Sheila.
    »Nein«, sagte ich. »Ich wusste nichts davon.«
    Er nickte. »Das konnten wir anfangs, als wir uns an Sie gewendet haben, nicht wissen. Es lag nahe, dass Sie ans Telefon gegangen waren.«
    Ich sah ihn an. »Wie passt Sheila Rogers da rein?«
    »Wir haben ihre Fingerabdrücke am Tatort gefunden.«
    »Das weiß ich.«
    »Eine Frage, Will. Wir wussten, dass Ihr Bruder bei Ihnen angerufen
hatte. Wir wussten, dass Ihre Freundin in Kens Haus in New Mexico gewesen ist. Was hätten Sie an unserer Stelle daraus geschlossen?«
    »Dass ich auch was damit zu tun hatte.«
    »Genau. Wir dachten, Sheila wäre Ihr Mittelsmann oder so, und Sie hätten Ihrem Bruder geholfen. Und als Ken auf und davon ist, haben wir angenommen, dass Sie beide wissen, wo er steckt.«
    »Aber jetzt wissen Sie’s besser.«
    »Richtig.«
    »Und was vermuten Sie jetzt?«
    »Das Gleiche wie Sie, Will.« Er sprach leise und ich hörte – verdammt noch mal – Mitleid in seiner Stimme. »Dass Sheila Rogers Sie benutzt hat. Dass sie für McGuane gearbeitet hat. Dass sie ihm den Tipp gegeben hat, wo er Ihren Bruder finden kann. Und dass McGuane sie hat umbringen lassen, als der Anschlag missglückt ist.«
    Sheila. Ihr Verrat traf mich bis ins Mark. Wenn ich sie jetzt verteidigen wollte, wenn ich glauben wollte, dass ich für sie nicht nur ein nützlicher Idiot gewesen war, dann bedeutete das, dass ich beide Augen fest vor der Wahrheit verschließen musste.
    Man musste schon naiver sein als Pollyanna und eine fest angewachsene rosarote Brille tragen, wenn man die Wahrheit nicht erkennen wollte.
    »Will, ich sage Ihnen das alles aus Sorge, dass Sie gerade was Dummes tun wollten.«
    »Mich an die Presse wenden zum Beispiel«, sagte ich.
    »Ja – und weil ich möchte, dass Sie uns verstehen. Es gibt zwei Möglichkeiten für Ihren Bruder. Entweder McGuane und der Ghost finden ihn und bringen ihn um, oder wir finden und schützen ihn.«

    »Genau«, sagte ich. »Und das haben Sie bisher ja auch super hingekriegt.«
    »Wir sind immer noch seine beste Karte«, entgegnete er. »Und glauben Sie bloß nicht, für McGuane sei mit Ihrem Bruder Schluss. Glauben Sie wirklich, dass der Angriff auf Katy Miller ein Zufall war? Es ist in jeder Hinsicht zu Ihrem Besten, wenn Sie mit uns kooperieren.«
    Ich sagte nichts. Ich konnte ihm nicht trauen. Das war mir klar. Ich konnte niemandem trauen. Das hatte ich kapiert. Aber Pistillo war besonders gefährlich. Er hatte elf Jahre lang das hoffnungslose Gesicht seiner Schwester vor sich gehabt. So etwas macht einen fertig. Ich kannte mich aus mit Wünschen, die solche Ausmaße annehmen, dass sie einem den Blick auf die Realität verstellen. Pistillo hatte unmissverständlich klar gemacht, dass ihn nichts davon abhalten würde, McGuane hinter Schloss und Riegel zu bringen. Er würde meinen Bruder opfern. Er hatte mich ins Gefängnis stecken lassen. Und vor allem hatte er meine Familie zerstört. Ich dachte an meine Schwester, die nach Seattle geflohen war. Ich dachte an meine Mutter, an das Sunny-Lächeln, und mir ging auf, dass der Mann, der mir gegenübersaß, dieser Mann, der behauptete, die letzte Rettung für meinen Bruder zu sein, dieses Lächeln ausgelöscht hatte. Er hatte meine Mutter umgebracht – mir konnte keiner erzählen, dass es zwischen dem Krebs und dem, was sie durchgemacht hatte, keinen Zusammenhang gab, dass ihr Immunsystem nicht auch ein Opfer dieser furchtbaren Nacht war –, und jetzt sollte ich ihm helfen.
    Ich wusste nicht, wie viel davon gelogen war. Doch ich beschloss, ungerührt zurückzulügen. »Ich helfe Ihnen«, sagte ich.
    »Gut«, sagte er. »Ich sorge dafür, dass die Anklagen gegen Sie umgehend fallen gelassen werden.«

    Ich bedankte mich nicht.
    »Wir fahren Sie zurück, wenn Sie möchten.«
    Ich hätte gern abgelehnt, wollte jedoch kein Misstrauen erwecken. Er wollte mich reinlegen, na gut, das konnte ich auch

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