Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
anderen Friedhof Katy Miller begegnet.«
    Etwas huschte über sein Gesicht. »Wovon redest du eigentlich?«
    »Katy hat dich auf dem Friedhof gesehen. Du hast in der Nähe von Julies Grab unter einem Baum gestanden. Du hast zu Katy gesagt, dass du unschuldig bist. Du hast ihr gesagt, dass du wieder zurück bist und den echten Mörder finden willst. Wie war das möglich, wenn du am anderen Ende des Landes warst?«
    Mein Bruder antwortete nicht sofort. Wir standen da. In mir begann etwas zu schrumpfen, noch bevor ich die Stimme hörte, die meine Welt gleich noch einmal ins Wanken brachte.
    »Ich hab gelogen.«
    Wir drehten uns um, als Katy Miller hinter einem Baum hervortrat. Ich sah sie an und sagte nichts. Sie kam näher.
    Katy hatte eine Pistole in der Hand.
    Sie zielte auf Kens Brust. Ich stand mit offenem Mund da. Ich hörte, wie Melissa scharf die Luft einzog. Ich hörte, wie mein
Vater »Nein!« rief. Doch das war alles Lichtjahre entfernt. Katy blickte mir prüfend ins Gesicht und versuchte mir etwas mitzuteilen, das ich einfach nicht verstehen konnte.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich war erst sechs Jahre alt«, sagte Katy. »Kein Problem, mich als Zeugin nicht ernst zu nehmen. Was wusste ich denn schon? Ich war ja bloß ein kleines Kind, stimmt’s? Ich hab deinen Bruder damals gesehen. Aber John Asselta hab ich auch gesehen. Vielleicht hatte ich sie verwechselt, das meinten die Cops zumindest. Woher soll eine Sechsjährige den Unterschied zwischen Lust- und Schmerzensschreien kennen? Für so kleine Mädchen ist das doch schließlich ein und dasselbe, oder? Für Pistillo und seine Agenten war es ganz einfach, meine Aussagen so zu verdrehen. Sie wollten McGuane. Für sie war meine Schwester bloß irgendein Vorstadtjunkie.«
    »Was erzählst du denn da?«, fragte ich.
    Sie sah Ken an. »Ich war in dieser Nacht dabei, Will. Ich hatte mich wieder hinter dem alten Schrankkoffer von meinem Vater versteckt. Ich hab alles gesehen.« Sie sah mich an, und ich weiß nicht, ob ich je einen so klaren Blick gesehen habe.
    »John Asselta hat meine Schwester nicht umgebracht«, sagte sie. »Ken hat sie umgebracht.«
    Meine Stützkonstruktion gab nach. Ich schüttelte den Kopf. Ich sah Melissa an. Sie war weiß im Gesicht. Ich wollte meinen Vater ansehen, aber der hatte den Kopf gesenkt.
    Ken sagte: »Du hast gesehen, wie wir miteinander geschlafen haben.«
    »Nein.« Katys Stimme war erstaunlich ruhig. »Du hast sie umgebracht, Ken. Du hast sie erdrosselt, weil du es dem Ghost in die Schuhe schieben wolltest – genau wie du Laura Emerson erdrosselt hast, weil sie euren Drogenhandel in Haverton anzeigen wollte.«

    Ich trat einen Schritt vor. Katy wandte sich zu mir. Ich blieb stehen.
    »Als McGuane erfolglos versucht hatte, Ken in New Mexico umbringen zu lassen, hat Asselta mich angerufen«, begann sie. Katy sprach, als hätte sie den Text lange einstudiert, und vermutlich hatte sie das auch getan. »Er hat mir erzählt, dass sie deinen Bruder schon vor einer ganzen Weile in Schweden geschnappt haben. Erst hab ich ihm nicht geglaubt. Ich dachte: Wenn sie ihn geschnappt haben, wieso wissen wir dann nichts davon? Er hat mir erzählt, dass das FBI Ken davonkommen lassen wollte, weil er McGuane immer noch auffliegen lassen konnte. Ich war vollkommen fertig. Nach all den Jahren wollten die Julies Mörder einfach laufen lassen? Das durfte ich nicht zulassen. Nach allem, was meine Familie durchgemacht hat. Ich nehme an, Asselta wusste das. Deshalb hat er mich angerufen.«
    Ich schüttelte noch immer den Kopf, aber sie ließ nicht locker.
    »Ich musste in deiner Nähe bleiben, weil wir dachten, dass Ken am ehesten zu dir Kontakt aufnehmen würde. Die Geschichte, dass ich ihm am Friedhof begegnet bin, hab ich mir ausgedacht, damit du mir vertraust.«
    Ich fand die Sprache wieder. »Aber jemand hat dich überfallen«, sagte ich. »In meiner Wohnung.«
    »Ja«, sagte sie.
    »Du hast sogar Asseltas Namen gerufen.«
    »Denk mal darüber nach, Will.« Ihre Stimme war so ungerührt, so selbstbewusst.
    »Worüber?«, fragte ich.
    »Wieso hat man dich mit Handschellen ans Bett gefesselt?«
    »Weil er mir den Mord anhängen wollte, genau wie bei …«
    Aber jetzt schüttelte sie den Kopf. Katy deutete mit der Waffe
auf Ken. »Er hat dich ans Bett gefesselt, weil er nicht wollte, dass dir was passiert«, sagte sie.
    Ich öffnete den Mund, brachte jedoch keinen Ton heraus.
    »Er musste mich allein erwischen. Er musste wissen, was ich dir

Weitere Kostenlose Bücher