Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
mit winzigen Brillanten besetzter Goldring. »Mather ist ein schäbiger Geizkragen. Sie sollte einen breiten Ring mit Saphiren bekommen, strahlend blau wie ihre Augen.«
»Gewiss, M’lord. Soll ich gleich packen?«
»Wir werden erst in ein paar Tagen abreisen. Ich habe zuvor noch etwas zu erledigen.«
Vergeblich wartete Curry darauf, in Einzelheiten eingeweiht zu werden. Doch Ian betrachtete nur stumm den Ring. Er verlor sich in jeder einzelnen funkelnden Facette der Brillanten, bis das Wasser kalt geworden war und Curry besorgt den Stöpsel zog.
Inspektor Lloyd Fellows zögerte, bevor er bei Lyndon Mather in der Park Lane klingelte. Inspektor, sagte sich Fellows selbst noch einmal, denn allen Bemühungen seines ehemaligen Vorgesetzten zum Trotz war er kürzlich befördert worden.
Irgendwann wurde schließlich jeder Oberinspektor einmal pensioniert, und sein neuer Chef war erstaunt, wie lange Fellows als einfacher Beamter hatte ausharren müssen.
Warum also war er jetzt Mathers Ruf gefolgt und setzte damit alles wieder aufs Spiel? Er hatte Mathers Nachricht mit wachsender Erregung gelesen, sie anschließend verbrannt und war dann aus dem Büro gestürmt. Unterwegs hatte er vor Ungeduld über die langsame Droschke mit den Zähnen geknirscht, aber nun stand er endlich vor dem prunkvollen Haus.
Seinem Vorgesetzten hatte Fellows diesen Ausflug wohlweislich verschwiegen, denn alles, was die MacKenzies betraf, war für Fellows ein striktes Tabu. Doch der Oberinspektor brauchte davon ja nichts zu erfahren.
Ein abweisend wirkender Butler öffnete naserümpfend die Tür und führte Fellows in einen ebenso abweisend wirkenden Salon. Er war vollgestellt mit Tischen samt deren kostbaren Deckchen, teuren Kunstgegenständen und in Silberrahmen steckenden Fotografien von abweisend aussehenden Menschen.
Und als wäre die Adresse allein nicht schon beeindruckend genug, stank dieser Salon geradezu nach Geld. Allerdings, so wusste Fellows, steckte Mather zurzeit in der Klemme. Er hatte sich verspekuliert und brauchte dringend eine große Summe Bargeld. Eigentlich hatte er eine reiche Witwe heiraten und sich durch diese Verbindung vor dem Bankrott retten wollen. Doch vor ein paar Tagen war in der Zeitung zu lesen gewesen, dass die Hochzeit abgesagt war. Demzufolge musste Mather das Wasser jetzt bis zum Hals stehen.
Nachdem Fellows eine halbe Stunde unruhig hin und her gegangen war, kam der Butler zurück und führte ihn in das gegenüberliegende Zimmer, einen großzügig geschnittenen Salon. Auch dort standen Tische mit Zierdeckchen, vergoldeter Schnickschnack und silbergerahmte Fotografien herum.
Mather, ein blonder, gut aussehender Mann, den die Franzosen wahrscheinlich als d é bonnaire bezeichnen würden, trat mit ausgestreckter Hand auf ihn zu.
»Seien Sie gegrüßt, Inspektor. Ich werde Sie nicht auffordern, Platz zu nehmen, denn wenn Sie hören, was ich zu sagen habe, werden Sie bestimmt gleich mehrere Verhaftungen veranlassen wollen.«
Fellows konnte es nicht leiden, wenn andere ihm Vorschriften machten, doch er verbarg seine Verärgerung. Das Bild, das sich die Leute von Scotland Yard machten, basierte auf Wissen aus Büchern oder Zeitungen und war zumeist falsch.
»Wie Sie meinen, Sir«, sagte Fellows.
»Lord Ian MacKenzie ist nach Paris abgereist. Heute früh. Mein Butler hat es von meinem Hausdiener erfahren, der mit einem von MacKenzies Küchenmädchen ausgeht. Was halten Sie davon?«
Nur mit Mühe konnte Fellows seine Ungeduld verbergen. Er wusste von Ian MacKenzies Abreise nach Paris, denn er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, immer und überall über den Lord Bescheid zu wissen. Am Tratsch der Dienerschaft hegte er hingegen keinerlei Interesse. »Was Sie nicht sagen.«
»Haben Sie von dem Mord gestern Nacht in Covent Garden gehört?« Mather studierte das Mienenspiel des Inspektors ganz genau.
Natürlich wusste Fellows über den Mord Bescheid. Auch wenn er nicht zuständig war, hatte man ihm den Fall heute Morgen dargelegt. Eine Frau war tot in ihrem Zimmer in einer Pension unweit der Kirche aufgefunden worden, erstochen mit der eigenen Schneiderschere. »Ja, ich habe davon gehört.«
»Wissen Sie auch, wer letzte Nacht dort in jenem Haus gewesen ist?«, fragte Mather triumphierend. »Ian MacKenzie!«
Fellows’ Herz hämmerte in der Brust, das Blut pochte wie beim Liebesspiel heiß in seinen Adern. »Woher wissen Sie das, Sir?«
»Ich bin ihm gefolgt. Diese verfluchten MacKenzies bilden sich ein,
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