Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
vor Anspannung.
So verharrten sie eine ganze Weile; Beth streichelte ihm über den Kopf, während er stumm im Sessel lehnte, bis Cameron mit einem dunkelhäutigen Mann zurückkehrte. Voller Verwunderung blickte Cameron seinen Bruder an, der sich daraufhin schweigend erhob.
Bevor sie Ian und Cameron aus der Loge folgte, ließ Beth den Blick noch einmal durch das Opernhaus schweifen. In der Loge gegenüber saß Mather, er war in ein Gespräch mit Lord und Lady Beresford vertieft. Er hatte Beth weder bemerkt, noch sah er, wie sie die Loge verließ.
» MacKenzie! Ich werde Sie umbringen. Hören Sie?«
Ian goss sich mit der Kelle warmes Badewasser über den Kopf. Dabei dachte er an Beth, wie sie ihm mit sanften Fingern durchs Haar gefahren war. Oft scheute er die Berührung, doch bei ihr war er ganz ruhig geworden. Er stellte sich vor, wie sie ihm über das Haar strich, während er, eingehüllt von ihrem Duft, neben ihr im Bett lag. Ihr üppiger Körper in seinen Laken verfangen, das Haar offen und die blauen Augen halb geschlossen vor Lust. Das unbändige Verlangen nach dieser Frau war nicht abgeebbt, und selbst jetzt in der Wanne wurde er hart. Der lästige Lärm draußen unterbrach seine Träumereien jählings. Die Drohungen wurden zunehmend lauter, bis schließlich die Tür zum Bad aufgerissen wurde und ein sich im Griff zweier Lakaien windender Lyndon Mather vor ihm stand. Die beiden Diener waren Schotten, Ian hatte sie mit nach London in sein gemietetes Haus gebracht, und sie schienen es zu genießen, endlich einmal ihre Muskeln spielen lassen zu können.
Ian streifte die drei Männer kurz mit einem Blick, konzentrierte sich dann aber auf seine muskulöse Wade, die auf dem Wannenrand ruhte. Die Lakaien gaben Mather frei, blieben aber wachsam an seiner Seite.
»Hat es Ihnen nicht gereicht, mich um die Schale zu betrügen? Beth Ackerley ist hunderttausend Guineen wert. Einhunderttausend .«
Eingehend betrachtete Ian die dunklen Haare, die sich sein Bein entlangkräuselten. »Sie ist noch viel mehr wert.«
»Was, hat sie etwa noch mehr Geld?«, fragte Mather einfältig. »Ich werde Sie verklagen. Sie haben mich um all das Geld gebracht, dafür kriege ich Sie dran.«
Ian schloss die Augen und versuchte, sich Beth vorzustellen. »Wenden Sie sich an Harts Anwälte.«
»Verstecken Sie sich ja nicht hinter Ihrem Bruder, Sie Feigling. Ich werde Sie vernichten. London wird schon bald zu heiß für Sie sein. Mit eingeklemmtem Schwanz werden Sie zurück nach Inverness rennen, Sie mistfressendes, schafböckiges schottisches Schwein.«
Die Lakaien knurrten unisono. Mather zog etwas Kleines aus der Tasche und warf es in Richtung Wanne. Es landete im Wasser und sank mit sanftem Klicken zu Boden.
»Den werde ich Ihnen auch in Rechnung stellen.«
Als Ian den Lakaien ein Handzeichen gab, spritzte Wasser von seinen Fingern auf den Marmorboden. »Werft ihn raus.«
Die beiden drehten sich zu Mather um, doch der hatte schon auf dem Absatz kehrtgemacht und war aus dem Zimmer gestürmt. Als alle fort waren, betrat Curry leise das Bad und schloss die Tür.
»Puh«, sagte der Diener und wischte sich die Stirn. »Ich dachte schon, der verpasst Ihnen ’ne Kugel.«
»Doch nicht hier. Wenn, dann in einer dunklen Gasse und von hinten.«
»Vielleicht sollten Sie London für ein Weilchen verlassen, Sir.«
Ian gab keine Antwort. In Gedanken war er bei dem Brief, den er heute Nachmittag von Mrs Ackerley erhalten hatte.
Mylord, Sie haben mich vor einem Schritt bewahrt, der mir großen Kummer bereitet hätte, dafür danke ich Ihnen von Herzen. Wie Sie gewiss bald aus den Zeitungen erfahren werden, ist das Verlöbnis zwischen mir und einer gewissen Person aufgelöst.
Auch möchte ich Ihnen danken, dass Sie gnädigerweise um meine Hand angehalten haben. Erst jetzt ist mir klar geworden, dass Sie damit meinen Ruf haben retten wollen. Sicher werden Sie verstehen und es mir nicht zürnen, dass ich Ihren edelmütigen Antrag nicht annehmen kann.
Ich habe beschlossen, das Geld, das mir das Schicksal vermacht hat, zum Reisen zu nutzen. Wenn Sie diesen Brief in Händen halten, werde ich bereits auf dem Weg nach Paris sein, wo ich mich der Malerei widmen werde. Vielen Dank noch einmal für Ihre Güte und Ihren Rat.
Hochachtungsvoll
Beth Ackerly
»Wir fahren nach Paris«, sagte Ian zu seinem Diener.
Curry sah ihn verwundert an. »Ach ja?«
Ian fischte den kleinen Gegenstand aus der Badewanne, den Mather hineingeworfen hatte: ein schmaler,
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