Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Titel: Kein Lord wie jeder andere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Ashley
Vom Netzwerk:
MacKenzie warten, muss ich Ihnen sagen, dass er leider sehr unzuverlässig ist«, erklärte die Unbekannte. »Vielleicht liegt er gerade auf irgendeiner Wiese und studiert die Bewegungen eines galoppierenden Pferdes, oder er ist auf einen Kirchturm gestiegen, um die Aussicht zu malen. Vermutlich hat er seine Verabredung mit Ihnen vergessen, das wäre zumindest typisch für ihn.«
    »Ist Lord Mac so zerstreut?«, fragte Beth.
    »Eher grausam als zerstreut. Mac nimmt keine Rücksicht auf andere und denkt nur an sich selbst. Ich dachte, das sollten Sie fairerweise wissen.«
    Die Diamantohrringe der Dame glitzerten in der Sonne, als ein heftiges Zittern sie packte, und sie hielt den zierlichen Griff ihres Sonnenschirms so fest umklammert, dass Beth fürchtete, er könne entzweibrechen.
    »Sind Sie sein Modell?« Eigentlich glaubte Beth nicht so recht daran, aber immerhin war dies hier Paris. Selbst die respektabelsten englischen Damen warfen ihren Anstand über Bord, kaum dass sie das Pariser Pflaster betreten hatten.
    Die Unbekannte sah sich nervös um, bevor sie sich neben Beth auf die Bank setzte, genau dort, wo Lord Mac gestern gesessen hatte. »Nein, meine Liebe, ich bin nicht sein Modell. Unglücklicherweise bin ich seine Frau.«
    Das wurde ja immer schöner. Lord Mac und Lady Isabella lebten getrennt, ihr öffentliches Zerwürfnis hatte monatelang die Klatschspalten gefüllt. Mrs Barrington hatte den Skandal damals schadenfroh bis zur letzten Zeile genossen.
    Drei Jahre war das nun schon her. Dennoch saß Isabella jetzt wutentbrannt neben einer Frau, die sie verdächtigte, ein Stelldichein mit ihrem Mann zu haben.
    »Sie missverstehen die Situation«, sagte Beth. »Seine Lordschaft hat gesehen, wie schlecht ich zeichne, und er hat angeboten, mir Unterricht zu geben. Doch er hat sich erst für mich interessiert, nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich eine Freundin von Lord Ian bin.«
    Isabella sah sie prüfend an. »Ian?«
    Alle schienen höchst verwundert, dass sie mit ihm gesprochen hatte. »Ich habe ihn in der Oper kennengelernt.«
    »Tatsächlich?«
    »Er war ausgesprochen gütig zu mir.«
    Isabella zog die Brauen hoch. »Ian? Wissen Sie, dass er hier ist?«
    Suchend ließ Beth den Blick über den Platz schweifen, aber einen hochgewachsenen Mann mit dunkelrotem Haar und ungewöhnlichen Augen konnte sie nicht entdecken. »Wo?«
    »Ich meine hier in Paris. Er ist heute Morgen eingetroffen, höchstwahrscheinlich ist Mac deshalb nicht gekommen. Oder auch nur möglicherweise. Bei Mac weiß man das nie so genau.« Isabella betrachtete Beth mit neuem Interesse. »Verzeihen Sie, aber Sie kommen mir nicht bekannt vor. Sind wir uns schon einmal begegnet? Ian hat Sie noch nie erwähnt.«
    »Ich bin Mrs Ackerley, aber das wird Ihnen nichts sagen.«
    »Sie ist eine Erbin«, mischte sich Katie ein. »Mrs Barrington vom Belgrave Square hat ihr hunderttausend Guineen und ein riesiges Haus vermacht.«
    Isabella schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. »Oh, diese Mrs Ackerly sind Sie. Wie wundervoll.« Dann musterte sie Beth eingehend. »Sie sind ganz allein nach Paris gekommen? Aber, Chérie, das geht doch nicht. Sie müssen mir erlauben, Sie unter meine Fittiche zu nehmen. Meine Freunde sind womöglich ein wenig unkonventionell, aber sie werden Sie lieben.«
    »Das ist wirklich überaus gütig, aber … «
    »Nun seien Sie doch nicht so schüchtern, Mrs Ackerley. Lassen Sie mich Ihnen helfen. Kommen Sie doch jetzt gleich mit zu mir, dann können wir ein wenig plaudern und uns kennenlernen.«
    Beth öffnete den Mund, um zu protestieren, schloss ihn aber sogleich wieder. Die MacKenzies hatten ihre Neugier geweckt, und niemand war besser geeignet, ihr alles über Lord Ian zu erzählen, als seine Schwägerin!
    »Gern«, sagte sie. »Es ist mir eine Freude.«
    »Also, Ian, wer ist diese Mrs Ackerley?«
    Mac beugte sich über den Tisch und sprach gegen den Lärm des Orchesters an. Vor ihnen auf der Bühne zeigten zwei Frauen in Mieder und Petticoats ihre Schlüpfer und schlugen einander im munteren Takt der Musik auf den Hintern.
    Ian nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarre, spülte mit einem Schluck Brandy nach und genoss die geschmackliche Verbindung aus bitterem Rauch und mildem Weinbrand. Mac hatte auch ein Glas vor sich stehen, doch er gab nur vor zu trinken. Seit Isabella ihn verlassen hatte, hatte er keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt.
    »Die Witwe eines Pfarrers aus dem East End«, antwortete Ian.
    Mac starrte ihn an.

Weitere Kostenlose Bücher