Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Fünfzehn rot.
Daraufhin wurde am Spieltisch geseufzt und gestöhnt. Die Croupière zog die Jetons zu sich heran, Spieler griffen nach ihren Gewinnen, andere ließen ihre stehen.
»Ich spiele für mein Leben gern Roulette«, seufzte Isabella. »In Frankreich ist es zwar auch verboten, aber für Eingeweihte sind solche Orte nicht schwer zu finden. So muss man wenigstens nicht ganz bis nach Monte Carlo reisen. Gib mir dein Geld, dann tausche ich es gegen Jetons ein.«
Fragend sah Beth zu Ian. Er nickte. Die Enge in seiner Kehle war gewichen, und er bekam wieder Luft.
Isabella reichte Beth die Jetons, die den Stapel sogleich auf eine Zahl setzen wollte.
»Nicht auf diese Zahl«, sagte Ian rasch.
»Spielt das eine Rolle?« An ihrem von langen Handschuhen bedeckten Handgelenk glitzerten Diamanten.
Ian nahm ihr die Jetons aus der Hand und setzte sie auf das Kreuz, an dem vier Zahlenfelder aneinanderstießen. »Ungerade Zahlen sind im Vorteil.«
Beth wirkte nicht überzeugt, dennoch ließ sie ihn gewähren. Die Croupière drehte das Rad, ihr trägerloses Kleid gab den Blick auf schöne kräftige Schultern und Arme frei.
Doch alle Augen starrten nur wie gebannt auf das Rad. Die Kugel wirbelte im Kreis umher und kam dann mit einem leisen Klicken in einem der Fächer zum Ruhen. »Noir dix-neuf.« Neunzehn schwarz.
Verärgert schlug Beth auf den Tisch, als die Croupière sich ihren Einsatz holte.
»Dasselbe noch mal«, sagte Ian.
»Aber ich habe verloren.«
»Dasselbe noch mal.«
»Na, hoffentlich weißt du, was du tust.«
Gehorsam platzierte sie ihre Jetons genau wie zuvor. Das Rad drehte sich, die Kugel fiel. »Rouge vingt et un.« Einundzwanzig rot.
Beth quiekte und hopste vor Freude. Die Croupière schob einen Stapel Jetons auf Beths Nummer.
»Ich habe gewonnen, Grundgütiger! Soll ich noch einmal setzen?«
Ians riesige Hand schnellte hervor und schob Beth den Gewinn zu. »Roulette ist etwas für Dummköpfe. Komm mit mir.«
Isabella lächelte ihnen zu und setzte ihre Jetons, wo Beths zuvor gelegen hatten. »Ist es nicht amüsant hier? Was hast du nur für ein Glück, Chérie. Als hätte ich es geahnt.« Lachend wandte sie sich wieder dem Roulettetisch zu.
Ian ließ Beths Hand auch nicht los, als sie an einen langen Tisch traten, an dem ein korpulenter Mann einen Würfelbecher schüttelte. Die Wettenden ringsum riefen ihm aufmunternde Worte zu, das Gesicht des Herrn glänzte bereits vor Schweiß. Die aufwendig gekleidete Dame an seinem Arm konnte vor Aufregung nicht mehr stillsitzen.
»Die ruiniert ihm noch den Wurf«, zischte Beth.
»Vielleicht, wenn sie fürs Haus arbeitet«, murmelte Ian.
»Ist das nicht Betrug?«
Er zuckte die Achseln. »Das Risiko geht man an einem solchen Ort wohl ein.«
»Isabella war ganz versessen darauf, herzukommen.«
»Sie liebt die Gefahr.« Immerhin hatte sie Mac geheiratet.
»Soll ich eine Wette abschließen?«
Bei Hazard gab es so viele Unwägbarkeiten, so viele verschiedene Zahlenkombinationen. Ein Ergebnis vorauszusagen oder auf einen bestimmten Wurf zu warten, ergab in Ians Augen keinen Sinn. Den Nervenkitzel konnte Ian nicht verstehen.
Mit glitzernden Augen verfolgte Beth, wie sich der Mann für den nächsten Wurf wappnete. »Worauf soll ich wetten?«
Ian massierte sich die Stirn, in seinem Kopf ratterten die Zahlenreihen. »Hier und hier«, sagte er und zeigte auf verschiedene Felder auf dem Tisch.
Endlich machte der Spieler seinen Wurf, mit dem er den Ausgangswert festlegte – eine Zehn. Danach würfelte er erneut. Am Tisch wurde laut aufgestöhnt, als zwölf Augen zum Vorschein kamen.
»Ich habe verloren«, seufzte Beth enttäuscht.
»Du hast gewonnen.« Ian nahm ihre Jetons. »Du hast gewettet, dass er seinen vorigen Wurf überbietet.«
»Ach ja?« Beth schaute von ihren Jetons zum Spieltisch. Ihre Wangen schimmerten rosig, ihre Lippen leuchteten rot. »Ich sollte nicht wetten, wenn ich nicht einmal weiß, worauf ich setze.«
»Du bist eine reiche Frau.« Ian gab ihr die Spielsteine. »Du kannst es dir leisten zu verlieren.«
»Wenn ich weiter Roulette und Hazard spiele, dann bin ich die längste Zeit reich gewesen. Was wäre wohl geschehen, wenn du nicht hier wärst?«
»Dann wärst du ebenfalls nicht hier.«
»Wieso nicht?«
Fragend zog Beth die Brauen in die Höhe. Ian erinnerten sie an die Schwingen einer Taube, und fast hätte er sich zu ihr hinuntergebeugt, um inmitten aller Menschen ihre Augenbrauen zu küssen. Beth, seine Geliebte, seine
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