Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Mätresse. Die ganze Welt sollte erfahren, dass sie ihm gehörte.
»Ian?«
Offenbar hatte sie etwas gefragt. »Mmm?«
»Ich sagte, woher willst du wissen, dass ich nicht auch ohne dich hergekommen wäre?«
Ian nahm sie beim Arm und dirigierte sie in eine ruhige Ecke. »Weil ich es nicht zugelassen hätte.«
»Ach ja? Wärst du mir dann heimlich gefolgt wie Inspektor Fellows?«
»Dieser Ort ist gefährlich«, sagte er finster. »Isabella ist sich dessen bewusst, du nicht.«
»Du glaubst also, mich beschützen zu müssen.« Sie kam näher und flüsterte: »Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass wir zwei Menschen sind, denen es gefällt, sich einem gewissen Aspekt des Lebens hinzugeben. Mehr nicht.«
Ian konnte sich nicht entsinnen, dem je zugestimmt zu haben. Gesagt hatte sie damals: Wir haben einander gern, und ich werde wahrscheinlich nicht wieder heiraten. Wie damals blieb er auch jetzt die Antwort schuldig.
Eine Affäre war ihm nicht genug. Auch die Spielerei im Atelier, selbst die herrliche Kutschfahrt, als sie vor ihm gekniet hatte, reichten nicht aus. Die Freude mit ihr sollte ewiglich währen. Ian wollte Beth nicht als Mätresse, er wollte keine Affäre, die endete, wenn er Paris verließ. Er wollte Beth für immer.
Nur wusste er nicht, wie er es anstellen sollte. Beth wollte nicht noch einmal heiraten, hatte sie gesagt. Diese Schlange Mather hatte ihr die Ehe gründlich vergällt. Einmal hatte sie Ian bereits abgewiesen, er musste sich also eine neue Strategie überlegen. Doch das störte ihn wenig, denn er verstand es ausgezeichnet, sich auf ein Problem zu konzentrieren.
Ein schlanker junger Mann mit dichtem Flachshaar trat vor ihn hin, und Ians Gedanken zersprangen in Stücke.
»Habe ich doch richtig gesehen.« Die Augen des Mannes leuchteten auf, und er streckte die Hand aus. »Ian MacKenzie, so wahr ich hier stehe. Wie geht es Ihnen, altes Haus? Sie habe ich nicht mehr gesehen, seit Sie aus dem Gefängnis heraus sind.«
11
Interessiert beäugte Beth den jungen Mann. Er war um die dreißig, schien aus gutem Hause zu kommen und hatte schmale Hände mit manikürten Fingernägeln. Unbeirrt streckte er Ian die Hand entgegen. »Freut mich.«
Nach kurzem Zögern ergriff Ian die dargebotene Hand, als würde er sich plötzlich wieder entsinnen, wie er sich zu verhalten hatte.
Hinter dem Blonden tauchte ein dunkelhaariger Mann auf und sah Ian missfallend an. »Wer ist das, Arden?«
Der schlanke Blonde lachte. »Das ist Lord Ian MacKenzie. Sei nett zu ihm, alter Knabe. Er hat mir mal das Leben gerettet.«
Doch das schien seinen Begleiter nicht zu besänftigen. Arden ließ Ians Hand los und schlug ihm auf den Arm. »Sie sehen ungewöhnlich gut aus, MacKenzie. Wie lange ist es jetzt her, sieben Jahre?«
»Sieben Jahre«, bestätigte Ian. »Und zwei Monate.«
Arden brach in Gelächter aus. »Immer muss er es so genau nehmen. Ganz genau. Mich haben sie auch rausgelassen. Zwei oder drei Jahre nachdem Sie unser trautes Heim verlassen hatten, hat mein werter Herr Papa ins Gras gebissen und kurz darauf mein schändlicher Bruder. Hat sich vollgesoffen und ist dann im Badetrog ertrunken, dem Himmel sei Dank. Ich hätte es seiner Frau auch nicht verdenken können, wenn sie ihn unter Wasser getunkt hätte.«
Beth rang nach Luft, doch Ian nickte verständnisvoll. »Freut mich.«
»Und mich erst! Plötzlich war ich der einzige männliche Erbe des großen Vermögens meines Vaters. Der gute Doktor Edwards hat sich schon gierig die Hände gerieben, aber meine Schwester hat die Diagnose meiner angeblichen Geisteskrankheit erfolgreich angefochten. Gott habe sie selig, bis zu ihren Blümchenpuschen. Mit meiner Schwester habe ich dann England und seinem ungesunden Klima den Rücken gekehrt und lebe nun in Frankreich, in einem großen Haus auf dem Lande. Das ist Graves. Er lebt ebenfalls dort.«
Der dunkelhaarige Graves nickte knapp. Arden kicherte. »Er wird immer fürchterlich eifersüchtig. Nehmen Sie keine Notiz davon. Ist das Ihre Frau?«
»Das ist Mrs Ackerley«, korrigierte Ian.
»Eine Freundin«, ergänzte Beth rasch und bot ihm die Hand.
Arden wirkte so beeindruckt, als sei er der Königin höchstpersönlich vorgestellt worden. »Wie schön, Mrs Ackerley. Lord Ian ist ein feiner Mann, und ich werde ihn nie vergessen.« Auch wenn die Worte oberflächlich klangen, spiegelten sich in seinen Augen Wärme und Aufrichtigkeit wider. Mit einem Blick auf seinen schmollenden Freund sagte er lachend:
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