Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
nicht beim Essen. Ich hab mir heute nur ein kleines Frühstück gegönnt und sterbe vor Hunger!« Sie nahm sich ein Stück Pizza aus dem Karton und biss hinein. »Ich glaube, ich war in meinem ganzen Leben noch nicht so glücklich.«
»Du fährst wohl total auf Pizza ab, was?«
»Doch nicht wegen der Pizza, Dummchen.« Kissy kaute und schluckte. »Ich meine das Stück, den Film, einfach alles. Gestern hat mich Bob Fosse gegrüßt. Nicht mit ›He, Kleine‹, sondern mit ›Hallo, Kissy‹. Der große Bob Fosse!«
Eine Woge der Zufriedenheit erfasste Fleur. Sie hatte es möglich gemacht.
Dann trat Belindas strahlendes Gesicht vor ihr geistiges Auge, und Fleurs Hochstimmung erstarb. So musste ihre Mutter empfunden haben, als sie ihre Karriere gesteuert hatte.
Kissy, die auf die Dreharbeiten in London gespannt war, löcherte Fleur wegen Sunday Morning Eclipse . Zwangsläufig kam das Thema auf Jake. »Du hast in letzter Zeit wenig über ihn erzählt.«
Fleur schob ihre Pizza beiseite. »Er sitzt dauernd hinter der Schreibmaschine. Wenn ich zu ihm nach oben gehe, nimmt er mich kaum wahr.« Morgens joggten sie zwar gelegentlich zusammen, tauschten dann jedoch mehr oder weniger Belanglosigkeiten aus. Ein paar Mal war Jake auch zum Frühstück in ihrer Küche aufgetaucht.
»Im Klartext heißt das, dass ihr nicht zusammen schlaft.«
Das Thema Jake war zu komplex, deshalb beließ sie es bei einer lapidaren Begründung. »Er war der Geliebte meiner Mutter.«
»Er wurde zu seinem Glück gezwungen«, versetzte Kissy. »Zumindest nach dem, was du mir erzählt hast. Und ich hab mir meine eigenen Gedanken gemacht. Soweit ich gehört habe, ist Belinda eine ungemein verführerische Frau. Jake war ein junger Typ. Sie hat ihn angemacht. Zu dem Zeitpunkt hattest du noch nichts mit ihm, und was zwischen ihnen gewesen ist, hat nichts mit euch zu tun.«
»Sie wusste mit ziemlicher Sicherheit, dass ich in ihn verknallt war«, sagte Fleur bitter, »trotzdem ist sie mit ihm ins Bett gegangen.«
»Das lässt Rückschlüsse auf ihren Charakter zu, aber nicht auf seinen.« Kissy zog die Beine unter ihren Körper. »Du glaubst doch nicht ernsthaft an den alten Müll, dass Jake dich bloß verführt hat, weil er seinen Film retten wollte, oder? Ich kenne ihn zwar nicht besonders gut, aber das ist bestimmt nicht sein Stil. Er hat seine negativen Seiten – wie wir alle -, aber blinder Ehrgeiz gehört nicht dazu.«
»Stimmt, die hat er. Er kann seine Emotionen nicht zeigen. Sobald man näher auf ihn eingeht, macht er dicht. Er schottet sich bewusst ab, indem er wenig von seiner Persönlichkeit preisgibt. Das mag okay sein für eine lockere Freundschaft, aber nicht für jemanden, der in ihn verliebt ist.«
Kissy spielte mit dem Pizzarand und starrte sie an. Fleurs Wangen brannten wie Feuer. »Ich bin nicht in ihn verliebt! Um Himmels willen, Kissy, ich meinte das ganz allgemein. Natürlich fahre ich auf sein Aussehen und seinen Körper ab. Aber …« Fleur ließ die Hand in ihren Schoß sinken. »Ich bringe das nicht. Ich habe in meinem Leben zu viel Unehrlichkeit und Manipulation erlebt, mir reicht es.«
Ihre Freundin wechselte gnädigerweise das Thema. Sie plauderten über Olivia Creightons neueste Neurose und diskutierten, welche Garderobe Kissy mit nach London nehmen sollte. Irgendwann ging Kissy jedoch der Gesprächsstoff aus, und Fleur fiel auf, dass sie den ganzen Abend über kein Wort über Charlie Kincannon verloren hatte. Obwohl ihre Augen verräterisch funkelten und sie kaum stillsitzen konnte. Und das bloß wegen einer aussichtsreichen Karriere? Ob da womöglich noch etwas anderes war, das sie beflügelte? »Irgendwas läuft da zwischen dir und Charlie«, tippte Fleur.
»Charlie?«
»Wer sonst! Na, spuck’s schon aus.«
»Also, wirklich, Fleurinda, nicht in diesem Ton!«
Sie riss Kissy das Stück Pizzarand aus den Fingern. »Erst erzählst du mir, was Sache ist. Dann kannst du weiteressen.«
Kissy zögerte. »Aber du darfst nicht lachen, okay? Ich weiß, du findest das jetzt idiotisch …« Sie drehte eine Locke um ihren Finger. »Mal ganz ehrlich …« Sie schluckte schwer. »Ich glaube, ich habe mich verliebt.«
»Weshalb sollte ich das idiotisch finden?« »Weil Charlie absolut nicht zu mir passt. Bei meiner Vergangenheit!«
Fleur grinste. »Ich fand immer, dass ihr fabelhaft harmoniert. Aber auf dem Ohr warst du taub.«
Nachdem Kissy mit ihrer Neuigkeit herausgeplatzt war, wollte sie ihrer Freundin alles haarklein
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