Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
aber Gretchen findet das Drehbuch fragwürdig. Wie dem auch sei, vorher müssen wir noch den Estee-Lauder-Vertrag erfüllen.«
Fleur nahm ein Paar Turnschuhe aus ihrem Koffer und bemühte sich um einen beiläufigen Ton. »Vielleicht … sollten wir uns ein bisschen Zeit lassen. Ich würde mir gern eine Auszeit nehmen. Wir könnten reisen. Nur wir zwei. Das wäre sicher lustig.«
»Sei nicht albern, Baby.« Belinda betrachtete ihr Spiegelbild und schob sich eine Locke in die Stirn. »Vielleicht sollte ich meine Haare einen Ton heller färben, was meinst du?«
Fleur schloss geräuschvoll das Schubfach. »Ich finde, nach zweieinhalb Jahren intensiver Arbeit steht mir ein bisschen Urlaub zu. Um auszuspannen und ein paar Dinge zu überdenken.«
Schlagartig hatte sie Belindas ungeteilte Aufmerksamkeit. »Das sehe ich anders. Wenn du von der Bildfläche verschwindest, ist das der Tod deiner Karriere.«
»Aber … ich möchte doch bloß eine kurze Auszeit. Es ging alles so schnell. Ich meine, es ist schön und das alles, aber …«, brach es aus ihr hervor. »Woher weiß ich denn, was ich im Leben wirklich will?«
Belinda schaute sie an, als wären ihr zwei Köpfe gewachsen. »Was willst du denn noch?«
Jedenfalls nicht gleich den nächsten Film oder eine weitere Fotoserie, schoss es Fleur durch den Kopf. »Ich … ich weiß es nicht. Ich bin mir noch nicht sicher.«
»Du bist dir noch nicht sicher? Das sagt jemand, der ganz oben ist?«
»Das heißt nicht, dass ich unbedingt was anderes machen will. Ich … ich brauche einfach Zeit zum Nachdenken, welche Alternativen ich habe. Um mir ganz sicher zu sein, dass ich das hier auch wirklich will.«
Belinda wurde unterkühlt und distanziert, gleichsam wie eine Fremde. »Ist dir der Job als hochbezahltes Topmodel nicht aufregend genug? Oder eine Karriere als Filmstar? Was schwebt dir beruflich vor, Fleur? Möchtest du lieber als Sekretärin arbeiten? Oder als kleine Angestellte? Wie wär’s mit Schwesternhelferin? Erbrochenes aufwischen und Bettpfannen schrubben ist doch mal’ne Abwechslung, oder?«
»Nein, ich …«
»Also was? Was willst du?«
»Ich weiß es nicht!« Sie sank auf den Bettrand.
Ihre Mutter strafte sie mit missbilligendem Schweigen.
Selbstmitleid erfasste sie. »Ich bin mir einfach … unschlüssig«, sagte Fleur matt.
»Quatsch, du bist verzogen.« Belindas Zorn traf ihre aufgewühlten Emotionen wie Schmirgelpapier. »Du hast alles, was man sich nur wünschen kann. Und das meiste ist dir in den Schoß gefallen. Du bist undankbar. Wenn du wenigstens ein Ziel hättest, aber nicht mal das hast du. Als ich in deinem Alter war, wusste ich genau, was ich vom Leben wollte. Dafür hätte ich eine ganze Menge in Kauf genommen.«
Fleur musste ein Schluchzen unterdrücken. »Vielleicht … vielleicht hast du Recht.«
Belinda war wütend und machte keinen Hehl daraus. »Ich hätte nie geglaubt, dass ich das einmal würde sagen müssen, aber ich bin enttäuscht von dir.« Sie lief über den schmuddeligen Teppich. »Überleg mal, was du alles wegwirfst, und wenn du wieder zur Vernunft gekommen bist, reden wir weiter.« Ohne ein weiteres Wort ging sie hinaus.
Plötzlich war Fleur wieder das kleine Mädchen, das im Konvent zusah, wie ihre Mutter davonfuhr. Sie schwang sich vom Bettrand und stürzte in den Gang, aber Belinda war bereits verschwunden. Ihre Handflächen begannen zu schwitzen, ihr Herz raste. Sie lief durch den Korridor zu Belindas Zimmer. Auf ihr Klopfen hin bekam sie keine Antwort. Sie kehrte in ihr eigenes Zimmer zurück, wo sie es vor Nervosität jedoch nicht aushielt.
Sie ging in die Motelhalle, wo aber nur ein paar Crewmitarbeiter herumstanden. Vielleicht war ihre Mutter schwimmen gegangen. An dem kleinen Pool befand sich jedoch nur ein Arbeiter, der den Abfallkorb ausleerte. Sie strebte zurück in die Lobby und entdeckte Johnny Guy. »Hast du Belinda gesehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht ist sie in der Bar.«
Ihre Mutter trank nicht mehr, aber wo sollte sie sonst noch suchen?
Sie brauchte einen kurzen Moment, um ihre Augen an das heruntergedimmte Licht zu gewöhnen. Belinda saß allein an einem Ecktisch und rührte mit einem Sektquirl in einer Flüssigkeit, die verräterisch nach Scotch aussah. Fleur wurde kreidebleich. Nach zweieinhalb Jahren Abstinenz hatte ihre Mutter wieder zu trinken angefangen, und das sicher nur ihretwegen.
Sie stürmte zu ihr. »Was machst du da? Bitte, tu das nicht. Verzeih mir, ich hab’s nicht
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