Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
Rändern gezeichneten Augen und einem Kopf, der ohne die gewohnte Haarfülle viel zu groß wirkte. Gleichwohl befriedigte sie ihr hässliches Spiegelbild auf eine perverse Weise. Jetzt passte ihr Aussehen haargenau zu ihrer inneren Befindlichkeit.
Alexi zog kritisch die Stirn in Falten, als er sie so sah. Er schickte sie zurück auf ihr Zimmer, um Make-up aufzulegen, aber das half nicht viel. Sie gingen über sein Anwesen spazieren und besprachen, was sie gern machen würde, wenn sie sich wieder besser fühlte. Am Nachmittag hielt sie ein Nickerchen. Beim Abendessen stocherte sie lustlos in ihrer Kalbsbrust herum und schlenderte dann in Alexis Arbeitszimmer, wo sie Sibelius lauschten. Er hielt ihre Hand, während die Musik über sie hinwegrauschte und sich die quälende Starre in ihr allmählich löste. Wie töricht von ihr, sich von Belinda jahrelang den Umgang mit ihrem Vater verbieten zu lassen, gleichwohl hatte ihre Mutter sie seit jeher manipuliert. Fleur hatte sich nie dagegen aufgelehnt, aus Angst, Belinda könnte sie mit Liebesentzug strafen. Inzwischen war ihr klar, dass ihre Mutter sie nie wirklich geliebt hatte.
Den Kopf an Alexis Schulter gelehnt, schloss sie die Augen. Sie konnte ihm nicht mehr böse sein. In ihrer tiefen Verzweiflung hatte sie ihm schließlich verziehen. Er war der einzige Mensch in ihrem Leben, der sie bedingungslos liebte.
In jener Nacht konnte sie nicht einschlafen. Sie fand eine angebrochene Schachtel mit Belindas Schlaftabletten, schluckte zwei und ließ sich wieder auf den Bettrand sinken. Das Schlimme war, dass sie ihre Selbstachtung eingebüßt hatte. Sie hatte sich von Belinda an der Nase herumführen lassen. Und wie ein Schoßhündchen gehorcht. Hab mich lieb, Mommy. Verlass mich nicht, Mommy. Und dann die Sache mit Jake. Bei ihm hatte sie abwegige Fantasien entwickelt und irgendwann geglaubt, er würde ihre Gefühle erwidern. Sie stöhnte gequält auf.
»Bist du krank, chérie ?«
Alexi stand in der Tür und knotete den Gürtel seines Morgenmantels. Gepflegt wie eh und je. Sein stahlgraues Haar war ordentlich frisiert, als käme er eben von seinem Coiffeur. »Nein, nicht krank.«
»Mit diesem Bürstenhaarschnitt siehst du wie ein kleiner Junge aus. Pauvre enfant , arme Kleine. Komm, leg dich wieder hin.«
Er deckte sie zu, als wäre sie ein Kind. » Je t’aime, papa«, sagte sie leise und drückte seine Hand, die auf dem Laken ruhte.
Mit seinen Lippen streifte er die ihren. Sie waren unangenehm rau und trocken. »Dreh dich um. Ich massiere dir den Rücken, dann schläfst du schneller ein.«
Sie gehorchte. Es war angenehm. Seine Hände glitten unter ihr Nachthemd und massierten ihre Haut, worauf sie sich zusehends entspannte. Als die Schlaftabletten wirkten, träumte sie von Jake. Jake verführte sie. Jake küsste ihren Nacken und berührte sie durch das seidenzarte Höschen hindurch.
Nach den ersten Tagen in Paris kam eine gewisse Routine in Fleurs Alltag. Sie stand spät auf, hörte Musik oder las Magazine. Am Nachmittag schlief sie, bis eine der Hausangestellten sie weckte, damit sie duschte und sich zurechtmachte, bevor Alexi heimkam. Manchmal spazierten sie über sein Anwesen, aber davon wurde sie müde, und sie gingen nie weit. Nachts konnte sie nicht einschlafen, also massierte Alexi ihr den Rücken.
Der Zustand war unhaltbar, und sie machte Pläne, konnte aber noch nicht in die USA zurückkehren. Mit ihrer derzeitigen Optik hätte sie vermutlich niemand wiedererkannt, und wenn doch, wäre sie von Reportern bestürmt worden. Eine Katastrophe!
Es wurde August, es wurde September. Belinda rief ständig an, und Alexi wimmelte sie ungnädig ab. Erzählte ihr, dass Fleur ihren Entschluss geändert habe und wohl doch nicht nach Griechenland gefahren sei. Die Detektive, die er auf sie angesetzt habe, tippten eher auf die Bahamas. Er warf Belinda Versagen als Mutter vor, woraufhin sie in Tränen ausbrach.
Fleur begann, sich ernsthaft mit Griechenland auseinanderzusetzen. Sie mochte die griechischen Inseln seit jeher und spielte mit dem Gedanken, sich dort ein Haus und ein Pferd zu kaufen. Die Inseln würden ihren Seelenschmerz lindern. Als sie Alexi bat, ihr etwas von dem vielen Geld zur Verfügung zu stellen, das er für sie verwaltete, erklärte er, es sei in längerfristigen Investitionen angelegt. Sie pochte darauf, dass er den Vertrag auflöste. Er redete sich damit heraus, dass das nicht einfach wäre, sie sich aber keine Sorgen wegen ihrer Finanzen machen
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