Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
Schöpfung, chérie . Ohne sie würdest du kläglich scheitern. Deine Erfolge … sind eigentlich gar nicht auf deinem eigenen Mist gewachsen, nicht wahr? Ich mache dir ein Angebot und das Versprechen, dass ich dich niemals im Stich lasse. Und das ist doch das Allerwichtigste für dich, nicht?«
Er war überzeugt, dass sie sich breitschlagen ließe. Das las sie seiner arroganten Miene ab. Er hatte in die Tiefen ihrer Seele geschaut und meinte, sie wäre schwach genug, um seine obszöne Forderung zu erfüllen.
Mit einem unterdrückten Schluchzen lief sie vom Speicher die Treppe hinunter und in ihr Zimmer, wo sie sich einschloss und mit dem Rücken gegen die Tür sank.
Nicht lange und sie hörte seine Schritte auf den Flurdielen. Vor ihrer Tür blieb er stehen. Sie presste die Lider zusammen, hielt den Atem an. Er ging weiter. Sie kauerte sich auf den Boden, wo sie bis weit in die Nacht sitzen blieb und ihrem aufgewühlten Herzschlag lauschte.
Der Schlüssel drehte sich lautlos im Schloss, als sie die Tür zum Museum aufschloss. Sie stellte ihre Schultertasche ab und schaltete das Licht ein. Rieb die schwitzenden Handflächen an ihrer Jeans, während sie zu dem kleinen Werkzeugraum im hinteren Bereich lief.
Alles war peinlich genau nach Größe und Funktion sortiert. Plötzlich dachte sie wieder daran, wie seine Hände ihre Brüste betastet hatten, und verschränkte unwillkürlich die Arme vor der Brust. Konzentrierte sich angestrengt auf das Werkzeug. Schließlich entdeckte sie das Gesuchte. Sie nahm es von dem schmalen Bord und wog es in der Hand. Belinda irrte. Die Regeln waren für alle dieselben. Und wer die Regeln verletzte, hatte es nicht anders verdient, als dass er die Achtung seiner Mitmenschen verlor.
Sie schloss die Tür und lief durch das Museum zu dem Royale. Die Deckenstrahler glitzerten gleich winzigen Sternen auf dem schimmernden schwarzen Lack. Der geliebte Wagen. Alexi hatte ihn damals in Segeltuch und Stroh eingepackt, damit ihm ja nichts passierte.
Sie schwang den Schraubenschlüssel hoch über ihren Kopf und stach damit auf die schwarz glänzende Karosserie ein. Die Klauen der Bestie waren zugeschnappt.
16
Mit Hilfe ihrer Goldcard organisierte Fleur sich Bargeld bei American Express. Am Gare de Lyon schob sie sich durch die wartende Menschenmenge und las die Zugfahrpläne. Der nächste Zug fuhr nach Nîmes, das ungefähr siebenhundert Kilometer von Paris entfernt lag. Siebenhundert Kilometer weit weg von Alexi Savagar, der vermutlich Gift und Galle spuckte.
Sie hatte den Royale systematisch demoliert: Motorhaube und Windschutzscheibe, Kühlergrill und Lampen, Stoßstangen und Einstiegsbleche. Dann hatte sie sich brutal über das Herzstück des Wagens, Ettore Bugattis berühmten Motor, hergemacht. Da die dicken Steinwände des Museums den Lärm schluckten, hatte sie Alexis Traum unbehelligt zerstören können.
Das alte Paar, zu dem sie ins Zugabteil stieg, beäugte sie misstrauisch. Mist, sie hätte sich vorher frischmachen sollen, fiel es Fleur siedendheiß ein. Hoffentlich schöpfte niemand Verdacht. Betreten schaute sie aus dem Fenster. Sie hatte Blutsprenkel im Gesicht und einen kleinen Schnitt auf der Wange von den berstenden Glassplittern. Es war nur eine Schramme, die sich jedoch entzünden könnte, wenn sie sie nicht desinfizierte.
Sie stellte sich ihr Gesicht mit einer kleinen Narbe vor. Besser noch mit einem Riesenwulst, der sich von einer Augenbraue bis zum Kieferknochen zöge. Das wär’s doch. Dann hätte sie wenigstens ihr Leben lang Ruhe.
Kurz bevor der Zug abfuhr, stiegen noch zwei junge Frauen zu, die sich mit amerikanischen Modemagazinen versorgt hatten. Fleur betrachtete ihre Spiegelbilder, während die beiden Touristinnen die anderen Zuggäste musterten. Sie war müde und erschöpft, aber auch irgendwie aufgekratzt. Sie schloss die Augen, konzentrierte sich auf das eintönige Rattern des Zuges und döste ein. Im Halbschlaf vernahm sie wieder das Schaben von Metall auf Metall und das Knirschen von splitterndem Glas.
Als sie aufwachte, schnappte sie Gesprächsfetzen auf. Die Amerikanerinnen unterhielten sich über sie. »Sie muss es sein«, flüsterte die eine. »Denk dir die komische Frisur weg. Vergleich mal lieber das Gesicht.«
Wo war noch gleich die Narbe? Wo war die hübsche, dicke Narbe, die ihre Augenbraue spaltete?
»Spinn nicht rum«, flüsterte ihre Begleiterin. »Wieso sollte Fleur Savagar hier im Zug sitzen? Im Übrigen hab ich gelesen, dass
Weitere Kostenlose Bücher