Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)
hatten, beschlossen sie, eines zu adoptieren. In der Woche, als sie die Adoptionspapiere unterzeichnen sollten, stellte Mum fest, dass sie mit Zwillingen schwanger war.
»Meine sieben Jahre Unglück hatten ein Ende«, erzählte Mum, und nachdem Nicholas und ich auf der Welt waren, hatte Mum so viel zu tun, dass sie keinen Gedanken an ein weiteres Baby verschwendete.
»Du bist schwanger?«, hatte Dad gefragt.
Wir waren alle in der Küche. Mum hatte Nicholas und mich dazugerufen, damit auch wir die große Neuigkeit erfuhren.
Dad schenkte sich einen Gin ein und trank ihn in einem Zug aus.
»Nicholas, Gilly, ich muss mit eurer Mutter allein reden«, sagte er.
Wir gingen aus dem Zimmer, stiegen die Treppe hinauf, blieben aber mit angehaltenem Atem auf der obersten Stufe sitzen.
»Sei doch bitte glücklich«, hörten wir unsere Mutter flehen.
»Du hast mir versprochen, du würdest aufpassen, Beth. Was erwartest du von mir? Soll ich etwa vor Freude an die Decke springen?«
»Aber Will! Wenn das Baby da ist, wirst du deine Meinung ändern. Das weiß ich ganz genau.«
»Wir waren übereingekommen, dass wir es mit zweien bewenden lassen.«
»Aber ich langweile mich! Die Kinder sind in der Schule und ...«
»Wie konntest du nur so hinterhältig und selbstsüchtig sein?«
Ich fragte meinen Bruder, was »hinterhältig« bedeutete.
»Jedenfalls nichts Nettes, Gilly«, flüsterte er. »Ich glaube, es ist etwas ziemlich Ungezogenes.«
»Es ist mir wichtig«, fuhr Mum fort.
»Aber hier geht es nicht um dich.«
»Will! Warte doch!«
Als die Haustür zuschlug, schlüpften wir hastig in Nicholas’ Zimmer. Das Auto wurde angelassen. Ich schaute aus dem Fenster und sah Dads Auto in die Nacht davonfahren.
»Schläfst du heute Nacht in meinem Zimmer?«, fragte Nicholas bittend. »Du darfst auch das obere Bett haben.«
Während der Schwangerschaft ging es Mum nicht besonders gut. Sie legte sich oft schon nachmittags hin und bat Lisa, an den Wochenenden mit uns zu spielen. Lisa kommt gern, weil sie in unseren Dad verknallt ist. Manchmal fährt Dad mit uns mit dem Doppeldeckerbus ins Museum of Natural History oder zu Madame Tussaud, und anschließend gibt es Pizza mit ganz viel Peperoni.
Lisa wäscht ab, während ich das Telefon fixiere. Den ganzen Tag schon hatte ich so ein merkwürdiges Gefühl im Bauch. So, als würde meine Schuldirektorin Mrs Ward mich gleich in ihr Büro rufen und mir eröffnen, dass meine Mum gestorben sei, weil sie zu alt gewesen sei.
Ein Schlüssel dreht sich im Schloss.
Nicholas und ich wechseln einen Blick, Lisa legt schnell ein wenig Lippenstift auf und sprüht sich etwas Parfüm aufs Handgelenk.
Dad kommt in dickem Pullover und Schal herein und setzt sich neben mich.
»Tut mir leid, Nicky«, sagt er und schüttelt den Kopf. »Jetzt hast du zwei Schwestern, die dich gängeln.«
»Es ist ein Mädchen!«, rufe ich, kralle mich an Dads Arm und drücke ihn.
»Ja, es ist wunderschön und kerngesund, und eure Mum schickt euch beiden einen dicken Kuss.«
Sein Pullover riecht nach Waschmittel und Krankenhaus.
»Wie soll denn die Kleine heißen?«, erkundigt sich Lisa und fährt sich mit der Hand durchs Haar.
»Megan«, antwortet Dad. »Wie meine Mutter.«
7
Ruskin und ich gehen durch den Ravenscourt Park und finden uns in einer Oase der Ruhe wieder. Richard hat recht gehabt: Wer will schon auf dem Land wohnen, wenn er so ein Idyll quasi vor der Haustür hat? Manchmal ist es gefährlich anzunehmen, das Gras auf der anderen Seite sei grüner.
Ich gehe an einem Café vorbei. Die ersten Kunden haben ihre Hunde an ein Tor gebunden und besorgen sich ihren Morgenkaffee. Ich folge dem schmalen Weg zur großen Wiese, wo ich in der Ferne schon meine Hundefreunde erblicke, die sich vor dem Eingang zum Gartenpavillon versammelt haben.
Da ist Walter, der seinen Airedale Spike an der Leine hält, weil Spike in Gegenwart anderer Hunde gern liebestoll wird, besonders wenn Zwergschnauzer Hardy in der Nähe ist. Und weil er die schlechte Angewohnheit hat, sich mit Hunden anzulegen, die nicht zu unserem Rudel gehören, muss Spike außerdem einen Maulkorb tragen.
Auch Mari ist da – meine Chefin und gleichzeitig der Boss unserer Gruppe. Schon von Weitem kann ich hören, wie sie Walter herunterputzt, weil er Spike den Maulkorb falsch angelegt hat.
»Die Riemen drücken ja auf seine Augen, zum Donnerwetter!«, schimpft sie.
Heute trägt sie eine stylische Jeansschürze, denn sie hat etwas gegen schmutzige
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