Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)
ihr. »Aber die nächste Beziehung muss einfach die hundertprozentige sein, Nance. Ich will nicht noch einmal so verletzt werden.«
Alles ging gut, bis Nancy zu guter Letzt erklärte, ich dürfe auf keinen Fall die Probleme vergessen, die Mum mit Megan gehabt hatte.
»Ich habe Statistiken gelesen, die besagen, dass Frauen ab einem gewissen Alter eine erhöhte Gefahr laufen, ein Kind zu bekommen, das ...«
»Sag es nicht, Nancy!«
Ich drehte mich um und ging.
Ich nehme den silbernen Bildrahmen mit dem Foto von Megan, der immer neben meinem Bett steht. Sie hat ein rundes, sanftes Gesicht, das dem von Matilda ähnelt, strahlende Haut und große Augen, die lächeln. Nick spricht nicht gern über sie. Er hat diesen Teil seines Lebens geschlossen wie ein halb gelesenes Buch, mit dem man nichts mehr zu tun haben will. Ich hingegen denke oft an meine Schwester, vor allem abends. Sanft gleite ich in den Schlaf.
6
Dezember 1984
Nick und ich schauen uns mit unserer Babysitterin Lisa eine Seifenoper im Fernsehen an. Wir haben Teller mit Spaghetti auf unseren Oberschenkeln. Normalerweise dürfen wir diese Sendung nicht sehen, aber Dad hat Mum heute Morgen ins Krankenhaus gebracht.
Ich hörte dieses Stöhnen und dann eine Stimme: »Mein Gott, es geht los.«
Ich huschte auf den Treppenabsatz, um nachzuschauen, was passiert war. Nicholas schlief weiter.
»Mum?«, rief ich ängstlich.
»Ab in dein Zimmer«, befahl Dad, stand dann aber Sekunden später neben meinem Bett und beruhigte mich, dass Lisa jeden Augenblick da wäre, um sich um Nicholas und mich zu kümmern und uns zur Schule zu bringen. »Alles wird gut«, flüsterte er, aber ich merkte, wie aufgeregt er war.
Als sie wegfuhren, schloss ich die Augen und träumte von einem kleinen Schwesterchen. Ich würde ihm Zöpfe flechten und die Fingernägel lackieren.
Ich blicke zu Lisa hinüber. Sie hat ihre langen Beine angezogen und lümmelt auf dem Sofa. Sie ist neunzehn und hat lange, glatte Haare in der Farbe von Gold. Jeden Abend bete ich, Gott möge mir auch solche Haare schenken, aber wenn ich morgens aufwache, bin ich immer noch dieselbe Gilly mit denselben braunen Haaren und den grauen Augen, die manchmal dunkelblau aussehen.
Mum sagt, ich könne mich glücklich schätzen, dunkle Haare und Zauberaugen zu haben, die, je nachdem, was ich anhabe, ihre Farbe wechseln.
»Du bist wie ein Chamäleon«, lächelt sie und erklärt mir, ich solle nie wünschen, in einer anderen Haut zu stecken, sondern stolz auf mich sein und meinen eigenen Weg finden – was immer das bedeuten mag.
Lisa kommt oft als Babysitterin zu Nicholas und mir. Als wir noch jünger waren (jetzt sind wir fast acht), gingen Mum und Dad oft miteinander aus. Ich saß dann häufig auf Mums Bett und sah ihr dabei zu, wie sie sich für den Abend zurechtmachte. Sie puderte sich die Nase und malte sich die Lippen an. Manchmal wühlte ich in ihrer Schmuckschatulle und zog ihre hochhackigen Schuhe an.
Abwechselnd beschlossen sie, wohin sie gehen wollten. Mum mag ein komisches Gericht, das Sushi heißt, Dad steht mehr auf indisches Essen. Mum geht gern ins Ballett, Dad sagt, er kann es nicht ausstehen, Männern in Strumpfhosen beim Tanzen zuzusehen.
»Heirate nie eine Frau wie Mum«, riet mein Vater meinem Bruder eines Abends, nachdem sie Salsa tanzen waren. »Jetzt droht sie mir auch noch mit Flugstunden. Ich glaube, sie will mich umbringen.«
Seit Mum schwanger ist, gehen sie nicht mehr aus. Ich glaube, Dad ist insgeheim froh, daheimbleiben zu dürfen. Er badet gern, wenn er aus dem Büro zurückkommt. Dann schenkt er sich irgendeinen Drink ein – ich glaube, es ist Whisky –, nimmt ihn mit nach oben und schließt die Badezimmertür ab.
Bevor Mum schwanger wurde, haben Dad und Mum sich oft gestritten. Immer wieder brüllten sie sich an. Und als er einmal zu ihr sagte, sie sei zu alt für ein weiteres Kind, warf Mum ihr Weinglas nach ihm. Er erklärte ihr immer, er wolle kein Baby mit Problemen. Wenn sie gestritten hatten, schliefen Nicholas und ich oft im gleichen Zimmer.
Mum ist alt. Sie ist zweiundvierzig. Sie hat Dad geheiratet,als sie siebenundzwanzig war. Unsere Eltern haben uns oft die Geschichte erzählt, warum wir für sie Wunderzwillinge sind.
Ich schaue zu meinem Bruder hinüber, der in den Fernseher starrt. Die Art, wie Mum uns die Haare schneidet, gefällt mir nicht. Wir haben beide ziemlich schauderhafte Ponys.
Als Mum und Dad sieben Jahre nach ihrer Hochzeit noch immer kein Kind
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