Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)
ich am Morgen wieder eingeschaltet habe, macht sich bemerkbar. Wenn man vom Teufel spricht ...
»Jack«, sage ich zu Guy, der mir gestikuliert, den Anruf anzunehmen.
Mit klopfendem Herzen gehe ich ins Nebenzimmer.
»Was immer du gesehen hast, Gilly – es ist nicht so, wie du denkst«, beginnt Jack. »Nancy hatte sich aufgeregt. Bei ihr läuft es zurzeit nicht so gut, und ich wollte ...«
Ich fahre ihm in die Parade. »Ich mag vielleicht naiv sein, aber deshalb bin ich noch lange nicht dumm«, sage ich. »Und was ich gestern Abend gesagt habe, meine ich auch so. Pack deinen Kram und verschwinde.«
»Gilly, bitte. Ich mag dich, und das weißt du auch.«
»Ach ja? Du magst mich also? Und warum küsst du dann meine Schwägerin?«
»Es ist einfach so, dass ich mich nicht so binden kann, wie du es dir wünschst. Ich spüre, dass du mehr von mir willst, als ich dir geben kann. Die Lage ist ziemlich kompliziert ... Wenn du wüsstest ...«
»Schon gut, lass stecken. Ich will auch gar nichts mehr von dir. Nur, dass du gehst.«
Nach einer Pause fragt er kleinlaut: »Und wo soll ich unterkommen?«
Ich lache. »Das ist nicht mein Problem.«
»Aber Gilly, ich brauche mein Zimmer. Die Show ist noch nicht vorbei. Und ich habe Miete bezahlt. Das kannst du nicht tun.«
»Ich kann tun und lassen, was ich will.«
»Auf der Webseite steht, dass es ein Gebot der Höflichkeit ist, den Untermietern regulär zu kündigen.«
»Wenn die Macher der Seite wüssten, dass du Nancy geküsst hast, würden sie sicher eine Ausnahme machen.«
Zum ersten Mal ist Jack um eine schlagfertige Antwort verlegen.
»Bitte, Gilly, können wir nicht noch einmal darüber reden?«, presst er dann schließlich hervor.
»Nein, können wir nicht. Aber du kannst ja Nancy fragen, ob du bei ihr schlafen kannst.«
»Jetzt sei halt nicht kindisch. Hör zu, ich möchte, dass wir Freunde bleiben ...«
»Freunde bleiben?«
»Ja, Freunde bleiben und uns wie zivilisierte Menschen benehmen. Weihnachten bin ich doch sowieso weg.«
»Verpiss dich, Jack«, sage ich und beende das Gespräch.
Zurück in der Küche, setze ich mich.
»Er hat versucht, so zu tun, als sei nichts geschehen, hat gesagt, ich hätte einen völlig falschen Eindruck bekommen. Und er will, dass wir Freunde bleiben. Das Dumme ist bloß, dass wir nie Freunde waren – jedenfalls nicht so wie ...«
»Wie wir beide?«
Ich beiße mir auf die Lippen. »Ich habe ihm gesagt, dass er seinen Kram packen und verschwinden soll.«
»Gut. Und die Welt wird sich trotz allem weiterdrehen.«
Wir wenden unsere Aufmerksamkeit dem Fernseher zu. Wieder einmal wurde in London ein Attentat verübt.
»Ach, Guy, ich bin traurig.« Ich schiebe den Frühstücksteller beiseite. »Ich hasse Jack, ich hasse ihn wirklich ...«
»Aber?«
»Aber mit ihm habe ich mich plötzlich wieder jung gefühlt. Ich weiß, das klingt hohl, aber ...«
»Okay«, sagt Guy, als wäre ihm eine Idee gekommen. »Es gibt nicht nur einen Jack Baker in dieser Stadt. Wir beide machen jetzt einen Ausflug.«
»Wohin?«
»Lass dich überraschen.«
»Sag es mir, Guy. Bitte!«
»Schluss mit den Fragen. Und zieh dir etwas Warmes an.«
*
Hand in Hand drehen Guy und ich unsere Runden auf der Eisbahn. Das Museum of Natural History schimmert im Licht der vorweihnachtlichen Dekoration der Bäume. Ich wanke, stolpere und muss lachen, weil ich beinahe gestürzt wäre. Als ein kleines Mädchen mit blauer Pudelmütze und einem cremefarbenen Outfit unmittelbar vor mir anfängt, Pirouetten zu drehen wie ein Profi, flüchte ich mich ans sichere Geländer.
»Lass mich erst einmal wieder zu Atem kommen«, sage ich zu Guy.
Er hebt die Augenbrauen. »Aber wir haben doch gerade erst angefangen.«
Ich beobachte die anderen Eisläufer – den Wirbel aus Farben, Pelzmützen und Schals –, die mehr oder weniger mühelos über die Eisfläche gleiten.
»Ich habe Angst, dass ich hinfalle und mir jemand mit den Kufen über die Finger fährt.« Ich verziehe das Gesicht.
»Sei doch nicht so ein Weichei, Gilly! Ich weiß, du kannst es.«
Er nimmt meine Hand, und wir gleiten los. Ich kreische vergnügt, als er mich hinter sich herzieht und mich zwingt, schneller zu fahren. Guy scheint mit Eislaufen vertraut zu sein, was mich allerdings angeht ...
»Nun mach schon!«, kommandiert er.
»Langsamer!«, japse ich.
Je mehr ich an Sicherheit und Schwung gewinne, desto größeren Spaß macht es mir. Schließlich lasse ich seine Hand los und will es allein
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