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Kein Opfer ist vergessen

Kein Opfer ist vergessen

Titel: Kein Opfer ist vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Harvey
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sagte ich. Sarah und Havens nickten.
    »Okay«, sagte Z. »Regel Nummer eins. Falls Sie eine Spur entdecken oder schlagkräftige Beweise finden, die für jemanden wie Rodriguez interessant sein könnten, kommen Sie damit zu mir. Umgehend. Ist das klar?«
    Wir nickten. Und schon hatten wir gegen Regel Nummer eins verstoßen.
    »Gut. Machen Sie sich an Ihre Berichte.« Mit einem Wink gab Z uns zu verstehen, dass wir entlassen waren. Dann holte sie aus ihrer Tischschublade eine Packung Aspirin heraus und nahm zwei Tabletten mit einem Schluck aus ihrer Dose Cola light.
    Ich hatte meinen Laptop dabei, klappte ihn auf und legte ein neues Dokument an: »Ermittlung Wingate«. Mein Blick zuckte zu Sarah hinüber. Sie lächelte mich an. Havens nickte mir nur kurz zu. Wir hatten Z nichts von den beiden Fällen erzählt, die wir mit dem Fall Wingate verbunden hatten, und zwar aus einem einfachen Grund: Vor sechzehn Jahren hatte Z über den Fall Billy Scranton als Chefreporterin berichtet und die Ermittlungen hautnah verfolgt. Ehe wir den Seminarraum betraten, hatte Havens uns ihre alten Artikel in der Tribune gezeigt. Für ihre Berichterstattung hatte Z ihren ersten Pulitzerpreis bekommen, und der Fall war für sie abgeschlossen. Für uns war er der Ansatzpunkt für eine neue Recherche.
    So was nennt man einen Interessenkonflikt.

ZWANZIG
    Kurz nach elf Uhr verließen wir Fisk Hall und traten hinaus in einen satten Sommertag. Auf dem Campus erstreckten sich üppige Rasenflächen in saftigem Grün, das Laub der Bäume wurde von der späten Morgensonne getüpfelt. Blumen waren in leuchtenden Farben erblüht, bildeten rosa, blaue, orangerote, lilafarbene Inseln oder breite, gelbe Teppiche. Wir liefen schweigend nebeneinander her. Niemand von uns wollte den Zauber brechen. Wir verließen den Campus durch den Haupteingang und bogen in die Chicago Avenue ein. Vor einer roten Ampel hielt ein limonengrüner VW . Wir erkannten Z am Steuer. Auch dazu sagten wir nichts. Die Ampel schaltete auf Grün. Z gab Gas und fuhr davon.
    »Hübsche Autofarbe«, bemerkte Havens schließlich. »Ich weiß nur nicht, ob sie zu ihren Haaren passt.«
    »Sei still«, sagte Sarah. Wir überquerten die Straße.
    »Wie fandet ihr Rodriguez?«, fragte ich nach einer Weile.
    »Ich fand, dass wir uns gut geschlagen haben«, antwortete Havens.
    »Mir war ganz schön mulmig zumute«, bekannte Sarah. »Gut, dass wir in der Höhle keine markanten Spuren hinterlassen haben.«
    »Was meint ihr, könnte der Junge in der Höhle was mit Skylar Wingate zu tun haben?«, fragte ich.
    »Darüber haben wir schon gesprochen«, entgegnete Havens.
    »Warum hast du dann Rodriguez danach gefragt?«
    »Um herauszubekommen, ob wir die Sache ähnlich sehen. Was offenbar der Fall ist. Die Zeitspanne zwischen den beiden Morden ist zu groß. Wenn wir keine klaren Beweise finden, die einen Zusammenhang belegen, ist das Thema erledigt.« Havens rieb seinen Magen. »Wie wär’s, wenn wir irgendwo einen Happen essen gehen.«
    Er hatte seinen Wagen falsch geparkt. Hinter seinen Scheibenwischern steckte ein Strafzettel. »Die können mich mal.« Havens warf ihn in den Rinnstein und ließ die Wagentüren aufschnappen. »Springt rein.«
    »Mein Auto steht oben am Norris Center«, sagte Sarah.
    Havens winkte sie auf den Rücksitz. »Ich setz dich da ab.«
    Sarahs Audi stand auf dem Parkplatz hinter dem Studentenwerk. Sie stieg ein. Ich fuhr mit Havens. Sarah folgte uns über die Sheridan Avenue.
    »Wohin fahren wir?«, fragte ich.
    »Such dir was aus«, erwiderte Havens.
    »Dann bieg links von der Central ab. Nach etwa einer Meile kommt ein Laden namens Mustard’s Last Stand.«
    »Taugt der was?«
    »Und ob.«
    Mustard’s Last Stand gab es schon seit den Siebzigern, eine Bude mit rotem Dach, gleich neben dem Ryan Field. Eines der Urgesteine der Northwestern. Die Spezialität des Hauses waren Hotdogs mit allem Drum und Dran. Die Würstchen bestanden zu hundert Prozent aus Rindfleisch, die Brötchen waren heiß, die Pommes dünn wie Schnürsenkel, die Soßen ein Gedicht. Ein guter Ort zum Footballschauen. Aber eigentlich auch für alles andere. Ich sah immer zu, dass ich mich hier mindestens zwei Mal pro Woche stärken konnte.
    Wir bestellten an der Theke. Der Mann am Grill hieß Smitty und kam aus Glasgow. Wie einer aus Schottland bei Mustard’s gelandet war, war allen ein Rätsel. Smitty konnte es selbst kaum fassen, aber er arbeitete hier schon seit fünf Jahren. Wahrscheinlich war er

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