Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)
gelang ihm tatsächlich, mit den Füßen aufzukommen, und der Schaumstoff dämpfte den Aufprall wie üblich, doch aus unerfindlichen Gründen verlor er das Gleichgewicht und geriet ins Taumeln. Instinktiv versuchte er, sich aufrecht zu halten. Er machte drei schnelle Schritte, kippte nach vorn und knallte mit der Stirn auf den festgestampften Boden.
Sein Gehirn schwirrte wie eine mit dem Daumen ge zupfte Gitarrensaite. Goldene Lichtstreifen flimmerten vor seinen Augen. Der Raum drehte sich, wurde dunkel und wieder heller. Der Schmerz setzte ein, erst stechend, dann noch stechender. Steigerte sich langsam ins Übermächtige. Luke brauchte eine geschlagene Minute, um die Kraft aufzubringen, schwankend aufzustehen und sich an dem alten Traktor festzuhalten. Panik wallte in ihm auf, als er vorsichtig die Beule auf seiner Stirn befühlte.
Sie war dick und empfindlich, aber er kam zu dem Schluss, dass nichts weiter passiert war. Gebrochen war nichts, da war er sich sicher. Und abgesehen von der Beule war sein Kopf unversehrt, soweit er das beurteilen konnte. Er holte tief Luft und ging bedächtig zum Tor.
Draußen wurde ihm unvermittelt übel, und er krümmte sich. Der Schwindel kehrte zurück, und er übergab sich auf die Erde. Nur einmal, aber es reichte, um ihn zu beunruhigen. Bei seinen bisherigen Gehirnerschütterungen hatte er sich auch übergeben müssen, und er vermutete, dass er jetzt wieder eine erlitten hatte. Wenn er zum Arzt ginge, würde der ihm zweifelsohne mindestens eine Woche das Training verbieten, wenn nicht länger.
Genauer gesagt würde er ihn davor warnen, überhaupt noch einmal zu reiten.
Aber es ging ihm doch ganz gut! Er beschloss, trotz des bald anstehenden ersten Wettkampfs ein paar Tage auszusetzen, und während er zu seinem Haus zurückhumpelte, versuchte er, die Sache ins Positive zu wenden. Er hatte hart trainiert, und eine Pause würde ihm wahrscheinlich guttun. Danach wäre er besser als je zuvor. Dennoch konnte er die Angst, die ihm im Nacken saß, nicht abschütteln.
Und was sollte er Sophia sagen?
Z wei Tage später wusste er das immer noch nicht. Er fuhr nach Wake Forest, um sie zu besuchen, und als sie spätabends über den Campus spazierten, behielt Luke den Hut auf, um den blauen Fleck auf der Stirn zu verstecken. Er spielte mit dem Gedanken, Sophia von dem Unfall zu erzählen, fürchtete aber die Fragen, die sie stellen würde. Fragen, auf die er keine Antworten hatte. Als sie ihn schließ lich darauf ansprach, dass er so still war, schützte er Erschöpfung wegen der vielen Arbeit auf der Ranch vor – was natürlich zum Teil der Wahrheit entsprach, denn seine Mutter hatte sich entschlossen, die Rinder noch vor der Rodeo-Saison zu verkaufen, und sie hatten strapaziöse Tage hinter sich, weil sie die Tiere mit dem Lasso eingefangen und auf Lkw verladen hatten.
Doch Luke ahnte, dass Sophia ihn mittlerweile gut genug kannte, um zu merken, dass er nicht er selbst war.
Als sie am folgenden Wochenende auf der Ranch auftauchte, mit dem Hut, den er ihr geschenkt hatte, und einer dünnen Daunenjacke, musterte sie ihn beim Satteln der Pferde eingehend. Sie ritten die gleiche Runde wie an ihrem ersten gemeinsamen Tag, durch das Wäldchen zum Fluss. Schließlich drehte sie sich zu ihm um.
»Okay, es reicht. Ich will wissen, was mit dir los ist. Du bist schon die ganze Woche so komisch.«
»Tut mir leid. Ich bin immer noch ein bisschen müde.« Das helle Sonnenlicht trieb ihm Messerklingen in den Schä del, es verschlimmerte die ständigen Kopfschmerzen, die ihn seit dem Sturz quälten.
»Ich weiß, wie du aussiehst, wenn du müde bist. Das ist es jetzt aber nicht, und ich kann dir nicht helfen, wenn ich nicht weiß, was du hast.«
»Ich denke nur an nächstes Wochenende. Du weißt schon, der erste Wettkampf des Jahres.«
»In Florida?«
Er nickte. »Pensacola.«
»Da soll es hübsch sein, hab ich gehört. Weiße Sandstrände.«
»Wahrscheinlich. Nicht, dass ich davon etwas zu Gesicht bekommen werde. Ich fahre direkt nach dem Rodeo am Samstag zurück.« Er dachte an sein Training am Tag zuvor, dem ersten seit dem Unfall. Es war ganz gut gelaufen, sein Gleichgewichtssinn war offenbar nicht beeinträchtigt, doch das Pochen in seinem Kopf hatte ihn nach vierzig Minuten dazu gezwungen, aufzuhören.
»Das wird spät.«
»Der Wettkampf ist schon am Nachmittag. Ich müsste gegen zwei zurück sein.«
»Also können wir uns am Sonntag sehen?«
Er klopfte sich mit der Hand auf den
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