Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)
die lange Heimfahrt machte, immer noch mit dröhnendem Kopf, stellte er zu seiner Verwunderung fest, dass ihn die Punkte überhaupt nicht interessierten.
» D u siehst furchtbar aus«, sagte Sophia. »Ist denn alles in Ordnung?«
Luke versuchte, sich ein fröhliches Grinsen abzuringen. Er war um drei Uhr morgens ins Bett gefallen und hatte bis nach elf geschlafen. Beim Aufwachen hatte ihm alles wehgetan. Automatisch hatte er nach den Tabletten gegriffen und ein paar geschluckt, bevor er unter die Du sche stolperte und den heißen Wasserstrahl auf seine schmer zenden und verspannten Muskeln prasseln ließ.
»Mir geht’s gut«, sagte er nun. »Die Fahrt war lang, und ich hab ein paar kaputte Zaunabschnitte repariert.«
»Bist du sicher?« Sophias besorgte Frage verriet ihre Skepsis. Seit sie am Nachmittag auf die Ranch gekommen war, musterte sie ihn wie eine ängstliche Glucke ihr Küken. »Du machst den Eindruck, als würdest du krank.«
»Ich bin nur ziemlich müde. Die letzten Tage waren total anstrengend.«
»Ich weiß. Aber du hast gewonnen, oder?«
»Ja«, sagte er. »Ich hab gewonnen.«
»Das ist doch gut. Für die Ranch, meine ich.« Sophia runzelte die Stirn.
»Ja«, wiederholte er beinahe wie betäubt. »Das ist gut für die Ranch.«
KAPITEL 2 4
Sophia
Luke war wieder seltsam. Nicht so wie am vergangenen Wochenende, aber irgendetwas stimmte ganz eindeutig nicht mit ihm. Und es war nicht nur die Erschöpfung. Er war blass, fast weiß, und auch wenn er es abstritt, wusste sie, dass er viel stärkere Schmerzen hatte als sonst. Manchmal, wenn er eine schnelle Bewegung machte, krümmte er sich oder schnappte nach Luft.
Das Essen bei seiner Mutter war eine steife Angelegenheit gewesen. Linda freute sich zwar, Sophia zu sehen, aber Luke war die ganze Zeit draußen beim Grill geblieben, als versuche er, ihnen aus dem Weg zu gehen. Am Tisch war das Gespräch vor allem von den ganzen Themen geprägt gewesen, die sie sorgsam mieden. Luke sprach nicht von seinen Schmerzen, seine Mutter fragte nicht nach dem Rodeo, und Sophia erwähnte weder Marcia noch Brian noch, wie schrecklich die Woche im Wohnheim gewesen war. Und sie war schrecklich gewesen, eine der schlimmsten in all den Jahren.
Sobald sie wieder bei Luke zu Hause waren, ging er ins Schlafzimmer. Sie hörte ihn Tabletten aus einem Plastikdöschen klopfen, dann aus einem zweiten, und folgte ihm in die Küche, wo er eine Handvoll Pillen mit einem Glas Wasser hinunterspülte.
Zu ihrer Bestürzung beugte er sich dann vor, beide Hände auf die Arbeitsfläche gestützt, den Kopf tief gesenkt.
»Wie schlimm ist es?«, flüsterte sie, die Hände auf seinem Rücken. »Dein Kopfweh, meine ich?«
Er machte ein paar tiefe Atemzüge, ehe er antwortete. »Es geht schon.«
»Es geht offensichtlich gar nicht. Wie viele hast du genommen?«
»Ein paar von jeder Sorte«, gestand er.
»Aber du hast doch vor dem Essen schon welche geschluckt.«
»Die haben offenbar nicht gereicht.«
»Wenn es so schlimm ist, solltest du zum Arzt gehen.«
»Nicht nötig«, sagte er mit matter Stimme. »Ich weiß, was los ist.«
»Was denn?«
»Ich habe eine Gehirnerschütterung.«
Sie blinzelte. »Woher? Hast du dir den Kopf angeschlagen, als du vom Bullen gesprungen bist?«
»Nein. Ich bin vor zwei Wochen beim Training blöd gelandet.«
»Vor zwei Wochen? «
»Ja. Und ich hab den Fehler gemacht, zu schnell wieder aufzusteigen.«
»Willst du damit sagen, dass dein Kopf seit zwei Wo chen wehtut?« Sophia versuchte, sich ihre wachsende Panik nicht anmerken zu lassen.
»Nicht so stark wie jetzt. Das Reiten gestern hat es wieder verschlimmert.«
»Aber warum reitest du überhaupt mit einer Gehirnerschütterung?«
Er hielt den Blick zu Boden gerichtet. »Es blieb mir nichts anderes übrig.«
»Doch, natürlich. Das war wirklich dumm von dir. Komm, wir fahren in die Notaufnahme –«
»Nein«, unterbrach er sie.
»Warum denn nicht?«, fragte sie verwundert. »Ich fahre. Du musst zum Arzt.«
»Ich kenne solche Kopfschmerzen von früher, und ich weiß, was der Arzt mir sagen wird. Er wird mir raten, eine Pause einzulegen, und das geht nicht.«
»Heißt das etwa, du willst nächstes Wochenende wieder reiten?«
»Ich muss.«
Vergeblich bemühte sich Sophia, ihn zu verstehen. »Ist das der Grund, warum deine Mutter so ungehalten war? Weil du dich wie ein Idiot benimmst?«
Er seufzte. »Sie weiß gar nichts davon.«
»Du hast es ihr nicht erzählt? Warum denn
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