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Kein Schatten ohne Licht

Kein Schatten ohne Licht

Titel: Kein Schatten ohne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Guenter
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vom Welle-Teilchen-Dualismus. Irgendwann würde sie schon die Möglichkeit zur Flucht bekommen. Sie musste nur ruhig bleiben.
    „ Warum sollte ich? Du darfst doch wissen, wo du wohnst!“ Verwirrung. Er war also wirklich davon überzeugt, dass sie von nun an hier mit ihm lebte? Melica hatte natürlich nicht viel Ahnung von Entführungen, doch irgendwie war sie sich sicher, dass dies nicht zur Standardprozedur eines jeden Profikidnappers gehörte.
    „ So wie ich dich kenne, willst du dein neues Heim auch gleich von innen bestaunen, oder?“ So wie er sie kannte? Natürlich, klar. Nach der Ewigkeit, die sie sich schon kannten, war eine solche Aussage selbstverständlich mehr als nur gerechtfertigt.
    Es war Luzius Glück, dass er gar keine Antwort von ihr erwartete. Er hätte nichts als Gebrüll geerntet. Stattdessen griff er nach ihrer Hand und zog sie in Richtung Eingang. Vor dem großen Torbogen blieb er jedoch stirnrunzelnd stehen. „Soll ich dich eigentlich über die Schwelle tragen?“
    Melica fiel aus allen Wolken. „Ich... Scheiße. Nein!“ Was zur Hölle war das? „Warum solltest du auch? Wir sind nicht verheiratet, verdammt!“
    Luzius zog verschnupft die Nase hoch. „Jetzt vielleicht noch nicht.“
    Aus irgendeinem Grund gefiel seine Antwort Melica nicht. Oh nein. Sie gefiel ihr ganz und gar nicht.
    Man konnte Luzius zugutehalten, dass er es ihr gestattete, das alte Gebäude selbstständig zu betreten. Man konnte es aber auch lassen. Die Eingangstür führte sie direkt in eine riesige Empfangshalle. Unter normalen Umständen hätten ihr die altmodischen, glutroten Wände wahrscheinlich gefallen. So jedoch schenkte sie ihr kaum Beachtung. Sie konzentrierte sich vielmehr auf mögliche Fluchtwege. Neben der Tür, die sie soeben hinter sich gelassen hatte, gab es keinen Ausgang. Stattdessen erstreckten sich Flügeltreppen zu beiden Seiten der prächtigen Rezeption. Melica war nicht sonderlich überrascht, diese unbesetzt zu sehen, doch sie war dennoch enttäuscht.
    „ Wie gefällt es dir?“ Es war lächerlich, doch in Luzius seltsamer Stimme schwang tatsächlich so etwas wie Nervosität mit.
    „ Ist ein wenig staubig, findest du nicht?“, erwiderte Melica mit einem ironischen Unterton.
    Welcher von Luzius offenbar unbemerkt blieb, denn etwas in seinem Gesicht fiel zusammen. Er sah sich um wie ein in die Enge getriebenes Tier. „Du hast recht“, hauchte er dann tonlos.
    Melica zuckte überrascht zusammen, als mit einem Mal das tosende Gebrüll eines zornerfüllten Löwen durch das Hotel schoss. „Diana! Komm auf der Stelle her!“
    Verständnislosigkeit flutete durch Melicas Körper, gepaart mit einem Gefühl der Hoffnung. So wie es aussah, war sie doch nicht vollkommen allein mit ihm... wie wunderbar!
    Eine große Frau tauchte am oberen Ende der Treppe auf. Und Melica musste all ihre Kraft zusammennehmen, um ihre Kinnlade davon zu überzeugen, dass es das Beste sei, an ihrem Platz zu bleiben. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals eine Frau gesehen zu haben, die schöner war als diese Fremde. Nicht einmal im Fernsehen hatten Frauen dermaßen perfekte, olivfarbene Haut und ihre hüftlangen, schokoladenbraunen Haare sahen atemberaubender aus. als es eine Frisur in diesen ganzen Shampoowerbungen jemals könnte. Wie krank es doch war, dass sie selbst in einer Situation wie dieser noch Emotionen wie Neid empfinden konnte.
    „ Ja, Luzius?“ Die Stimme der Frau war dunkel, fast männlich und ließ Melica beinahe in die Knie gehen. Der Grund dafür war ihr selbst völlig unverständlich, doch irgendetwas rief die Stimme der Frau in ihr hervor, war fast wie das Aufblitzen einer verlorengeglaubten Erinnerung.
    Was für einen Zauber die Frau auch in ihrer Stimme trug – Luzius schien vollkommen unempfänglich für ihn zu sein. „Melica findet es hier zu staubig! Diana! Ich verlange, dass du dieses Problem auf der Stelle aus der Welt schaffst!“
    „ Ich... äh. Das ist wirklich nicht nötig“, stammelte Melica überfordert.
    Luzius blickte sie daraufhin nachsichtig an, ganz so, als rede er mit einer begriffstutzigen, senilen Frau oder einem jungen Kindergartenkind. „Das hier ist dein Zuhause. Du sollst dich hier wohlfühlen. Natürlich ist es notwendig!“
    „ Selbstverständlich“, antwortete Diana mit einem ironischen Lächeln. „Für die Hexenprinzessin ist uns doch nichts zu schade.“
    Der Satzbau ihrer Aussage deutete darauf hin, dass Diana Melica als „Hexenprinzessin“ bezeichnet

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