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Kein Schatten ohne Licht

Kein Schatten ohne Licht

Titel: Kein Schatten ohne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Guenter
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Melica seufzte leise. Allem Anschein nach gab es in diesem Krieg wohl nur Schwarz und Weiß. Kein Grau. Luzius als Teufel gegen Tizians Schattenkrieger als Engel. Es verwunderte sie fast ein wenig, dass sie die helle Seite gewählt hatte. Schließlich gehörte sie dort genauso wenig hin wie zu den Bösen.
    „ Weißt du, was ich noch nicht so ganz verstehe? Wie hast du mich überhaupt hier gefunden?“, fragte Tizian.
    „ Diana. Sie hat mich in dieses Zimmer geschickt.“
    Ihre Antwort ließ Tizian ungläubig das Gesicht verziehen. „Diana? Diana hat keinen Grund, uns zu helfen! Obwohl. Moment. Luzius hat das Zimmer verflucht. Wenn ich versuche, es zu verlassen, sterbe ich. Vielleicht hat Diana gehofft, dass du ebenfalls vernichtet wirst, wenn du mein Zimmer betrittst.“
    „ Da bin ich mir nicht so sicher“, murmelte Melica leise. „Sie... Tizian, ich glaube nicht, dass Diana so böse ist, wie du sie hier darstellst. Ich glaube, dass sie auf unserer Seite ist.“
    Spott. „Melica! Damn, was haben die mit deinem Verstand angestellt? Diana ist alles andere als auf unserer Seite! Sie ist hinterhältig, böse und verschlagen! Bei Luzius Beschwörung hat sie dich ohne mit der Wimper zu zucken sterben lassen! Gott, mach doch nicht den Fehler, ihr zu vertrauen!“
    „ Dann nenn mir doch bitte einen vernünftigen Grund, warum sie mir deine Zimmernummer verraten hat“, antwortete Melica kühl.
    Es war mehr als bloßes Schicksal, dass die Tür in exakt diesem Augenblick aus ihren Angeln gesprengt wurde. Aufgeschreckt riss Melica ihr Gesicht herum. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie sah, wer dort stand. Der Mann sah aus wie Luzius, doch irgendwie tat er es auch nicht. Er schien viel größer, viel gewaltiger und unzählige, viel zu übertriebene Muskeln quollen unter seinem blauen Hemd hervor. Doch es war nicht sein ungewohntes, Angst einflößendes Aussehen, das Melica den Atem raubte. Nein, das, was ihr eine unverhohlene Gänsehaut über den Rücken schickte, war der Kopf, den er in den Händen trug. Und 'Kopf' war in diesem Fall keine schlechte Metapher für irgendetwas Gruseliges. Da war wirklich ein Kopf in seinen Händen!
    Jemand schrie, laut und gellend, doch Melica nahm erst nach einer ganzen Ewigkeit war, dass sie es war, die diesen schrillen Ton ausstieß. Nichts könnte ihr gleichgültiger sein, sie dachte gar nicht daran, damit aufzuhören! Stattdessen starrte sie wie gebannt auf Dianas volles Haar, das wie dunkles Öl durch Luzius Finger rann. Es war dieser Moment, diese einzelne, unglaubliche Sekunde, in der Melica wirklich verstand, was Tizians Worte bedeuteten.
    Luzius war ein Monster und musste vernichtet werden. Er durfte nicht weiter ungestraft morden. Melica atmete tief ein. Vielleicht war es doch die Seite der Guten, auf die sie gehörte!
    Luzius stürmte auf sie zu wie ein wildgewordener Stier. Dabei schleuderte er Dianas Kopf wie einen Pokal hin und her, vor und zurück. Sein Gesicht war wutverzerrt, seine Augen riesig und rubinrot glühend. „Wage es nicht, mich zu enttäuschen!“, keifte er und stieß ihr Dianas Kopf hart in den Bauch. „Wage es nicht, mich zu verraten!“
    Es war mehr Schock als wahrer Wille, der Melica den Kopf auffangen ließ. Der Gedanke daran, dass sie etwas Totes in den Händen hielt, ekelte sie an, doch sie dachte gar nicht daran, den Kopf zu Boden fallen zu lassen. Diana hatte eine solche Behandlung nicht verdient, nicht nach ihrem Tod und vor allem nicht von ihr. Schließlich war es mit großer Wahrscheinlichkeit Melicas schuld, dass Luzius Diana das Leben genommen hatte.
    Luzius schloss seine Hand fest um ihren Oberarm und schleifte sie grob davon. Melica warf Tizian einen hilflosen Blick zu. Dieser wirkte vollkommen überfordert. „Lass dich auf ihn ein!“, rief er dann zögerlich. „Tu einfach, was er verlangt! Mir fällt schon etwas ein!“
    Dann war er aus ihrem Blickfeld verschwunden. Und Melica war mit Luzius und dem abgeschlagenen Kopf allein.

~*~
    Die Vorstellung, mit einem hungrigen Tiger auf einem kleinen Floß eingesperrt zu sein, war beängstigend und erschreckend, doch hätte Melica die Wahl, hätte sie sich ohne zu zögern darauf eingelassen. Denn wenn die Alternative so aussah, mit Luzius allein zu sein... sie hätte keine Sekunde darüber nachgedacht. Aber leider hatte sie keine Wahl und so stand sie dort, den schreckensstarren Blick auf den Mann gerichtet, der das Schicksal der gesamten Menschheit in seinen Händen trug. Er hatte sich

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