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Kein Schatten ohne Licht

Kein Schatten ohne Licht

Titel: Kein Schatten ohne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Guenter
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glücklich schätzen, dass ihre Liebe stark genug war, um ohne zu zögern über all seine Schwächen hinwegzusehen.
    Melica war schon dabei, sich abzuwenden, als Luzius plötzlich wieder vor ihr stand. Erst blinzelte er nur verwirrt, wie jedes Mal, wenn er von einem Ort an den anderen wechselte, doch dann fragte er: „Du wärest wirklich glücklich, in einem weißen Kleid heiraten zu können, oder?“
    „ Es wäre schön“, antwortete Melica. „Doch ich muss es nicht tun. Solange du zufrieden bist, ist mir alles egal.“
    „ Jareth wird dir ein Kleid besorgen“, versprach Luzius und fuhr mit seinem Handrücken sanft über ihre Wange. „Er wird es in unser Schlafzimmer bringen. Was hältst du davon, wenn du da jetzt schon hingehst und dich fertigmachst? Ich lasse nicht zu, dass du aus irgendeinem Grund unzufrieden bist. Unsere Hochzeit wird perfekt. Das verspreche ich dir.“ Ein leichter Kuss streifte ihre Lippen, nicht mehr als ein Hauch – und schon war Melica wieder allein. Allein mit ihren wild umherschwirrenden Gedanken. Sie konnte einfach nicht glauben, was in den letzten Minuten passiert war. Luzius wollte sie tatsächlich heiraten! Noch nie zuvor im Leben hatte sie sich so erfüllt gefühlt. Sie war im Paradies!
    Trotzdem... irgendetwas störte sie, etwas, klein und versteckt, ganz tief in ihr. Nahezu unbedeutend und trotzdem da. Melica konnte es nicht verstehen, doch aus irgendeinem Grund verband sie dieses Gefühl der Zerrissenheit in ihrem Inneren mit einem Bild. Etwas blitzte in ihr auf, wie ein schwaches Flüstern nur. Eine Erinnerung an ein Paar nachtschwarzer Augen, die sie intensiv musterten. So intensiv, dass Melica allein schon vom Gedanken daran eine Gänsehaut bekam.
    Sie schüttelte verständnislos den Kopf. Was war denn nur los mit ihr? Was war das für ein Bild, das auf einmal ihre Gedanken beherrschte? Sie hatte diese Augen noch niemals gesehen, das wusste sie mit hundertprozentiger Sicherheit! Wahrscheinlich existierten sie nicht einmal!
    Doch sie brachten sie aus dem Gleichgewicht. Und aus irgendeinem Grund machte ihr das Angst. Dabei war dieser Tag nicht zum Fürchten gedacht! Ihre Gedanken sollten rosa wie Zuckerwatte sein und ihre Laune gelb wie die Strahlen der Sonne! Eine tiefe Wut stieg in ihr auf, so echt und kraftvoll, dass sie ihr schlicht den Atem raubte. Vor allem, weil sie dieses Gefühl gegen sich selbst richtete! Luzius hatte viel mehr verdient als eine Braut, die mit ihren Gedanken nicht hundertprozentig bei ihm war. Diese Zweifel mussten aufhören!
    Ein leichtes Lächeln überzog Melicas Gesicht. Es würde ihr schon gelingen, die perfekte Frau zu werden. Sie musste sich einfach nur noch ein bisschen mehr anstrengen.

~*~
    Rund zwei Stunden später saß sie geduscht, geföhnt und mit einem großen, weißen Handtuch bekleidet vor dem Schminktisch in Luzius und ihrem Zimmer. Doch so schön sie den traumhaft verschnörkelten Spiegel vor ihr an der Wand auch fand, so wenig gefiel ihr das Bild, das er ihr zeigte.
    Als Kind hatte sie sich ihre Hochzeit immer in den schillernsten Farben ausgemalt, sie ganz in Weiß und natürlich wunderschön, in einer gigantischen, alten Kirche, mit ihren Schwestern und all ihren Freunden. Auf die Kirche konnte sie verzichten und auch auf ihre Liebsten, doch nicht darauf, wunderschön auszusehen. Was sie momentan ganz und gar nicht tat. Unglücklich ließ Melica ihren Blick über ihr blässliches Gesicht wandern. Noch nie hatte sie so krank und schwach gewirkt. Sie schämte sich richtiggehend dafür. Luzius hatte von einer perfekten Hochzeit gesprochen, doch wie sollte es dazu kommen, wenn die Braut nicht vollkommen war?
    Ein Klopfen an der Tür. Melicas Miene hellte sich auf. Jareth! Wenn er es geschafft hatte, ihr ein fantastisches Kleid zu besorgen, dann... vielleicht würde sie ja doch noch gut aussehen können! Vielleicht musste sie Luzius nicht enttäuschen!
    „ Ja?“, rief sie laut und beobachtete in ihrem Spiegel, wie die Tür langsam aufging. Ihr Atem setzte für einen Moment aus, als sie erkannte, dass es nicht Jareth war, der dort ins Zimmer schritt. Aufgeschreckt sprang sie auf, drückte ihr Handtuch mit einer Hand panisch an ihren Körper, mit der anderen umklammerte sie das Messer, das wie immer griffbereit neben ihr auf dem Schminktisch gelegen hatte. Ihr Stuhl fiel krachend zu Boden, doch Melica beachtete ihn nicht.
    Ihre ganze Aufmerksamkeit lag bei dem fremden Mann, der dort vor ihr stand. Auf seinem Gesicht lag ein

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