Kein Schlaf für Commissario Luciani
finden. Aber ein schöner Garten muss dabei sein, denk daran.«
»In Ordnung, Papa. Mach dir keine Sorgen, ich werde ihr helfen.«
»Sag das nicht bloß, um mich zufriedenzustellen.«
»Nein. Das ist ein Versprechen, und du weißt, dass ich meine Versprechen halte.«
Der Vater schloss die Augen und nickte, dann hob er ein wenig die Arme. Das Zeichen, dass er wieder ins Bett wollte.
Er legte sich auf die Seite und wartete, bis der Sohn ihm die Beine in Embryonalstellung gebracht hatte.
|291| »Eine Sache noch. Ich möchte gerne hierbleiben. Wenn es so weit ist, dann äschert ihr mich ein. Und bringt mich in den Garten, unter einen Baum.«
Marco Luciani wusste nicht genau, ob das Gesetz das erlaubte. Aber dann dachte er, dass der Wille eines Sterbenden, wenn er niemandem schadete, wichtiger war als jegliches Gesetz.
»Es ist noch Zeit, Papa. Mach dir keine Sorgen.«
»Nein, es ist fast vorbei. Zum Glück ist es fast vorbei.« Er zog die Decke hoch, lächelte schwach und schlief wieder ein.
Kaum war er in seiner Wohnung, sah er das rote Blinken des Anrufbeantworters, er schaltete ihn ein und erkannte in dem beißenden Stakkato nur mit Mühe Giampieris Stimme, die sonst immer so strahlend geklungen hatte.
»Der Kerl, den wir heute morgen verhaften wollten, ist abgehauen. Vielleicht wurde er durch den Anblick eines Kommissars, oder Ex-Kommissars, der in seinem Lokal herumlungerte und Fragen stellte, aufgeschreckt. Und bei den Ameris hast du noch nicht einmal so viel Rückgrat bewiesen, dich zu zeigen. Du weißt, dass ich dich respektiere, aber verarsch mich nicht, indem du sagst, du ermittelst nicht. Und wenn du ermittelst, dann versuch wenigstens, meine Arbeit nicht zu behindern. Danke.«
Sarkastisch und unverschämt, dachte Marco Luciani. Sie hatten ihn also doch angerufen, am Vortag, aber nicht wie er sich das vorgestellt hatte. Im Grunde wusste der Kommissar, dass er im Unrecht war, aber er wusste auch, dass der Besuch der beiden Polizistinnen ebenso gut wie sein eigener für Maurizo Merlis Flucht gesorgt haben konnte. Und unterm Strich hatte Merli Nicola die Arbeit damit sogar erleichtert. Dieser hatte jetzt seinen Schuldigen, und es war nur eine Frage der Zeit, bis er ihn fasste.
|292| Luciani wollte ihn anrufen, aber das hätte wie eine Geste der Entschuldigung gewirkt, und er glaubte nicht, dass er sich für irgendetwas rechtfertigen musste. Außerdem hatte der Ingenieur im Moment sicher Wichtigeres zu tun.
Im Gegensatz zu mir, dachte der Kommissar. Jetzt, da der Fall gelöst war, blieb ihm nicht einmal mehr dieser Vorwand, um sich vor dem Anblick seines sterbenden Vaters zu drücken.
Er dachte wieder an die Akten und versuchte sich zu erinnern, ob es Hinweise auf Merli gegeben hatte, Verdachtsmomente, Fragen nach einem Alibi, aber sein Hirn war benebelt und er konnte sich nicht entsinnen. Er rief Calabrò an, der ihm bestätigte, dass sie gut vorangekommen waren. Es galt noch das genaue Motiv festzustellen, denn als reiner Lustmord konnte die Sache nicht gelten. Da war zum Beispiel das Geld, das am Geldautomaten abgehoben worden war, und die Tatwaffe musste gefunden werden, aber die Einzelheiten würden sie bald von Merli selbst erfahren: Er hatte keine Zeit gehabt, die Flucht zu planen, war mit einer geringen Barschaft unterwegs, und sie waren alle ziemlich sicher, dass sie ihn bald finden würden.
Marco Luciani verabschiedete sich und beglückwünschte den Inspektor, aber er war nicht wirklich beruhigt. Er hoffte zwar, dass dieser Hurensohn seine Tage im Knast beschließen würde, wusste aber, dass es nicht so kommen würde. Es kam nie so. Auch dieser Täter würde, wie die meisten, einen skrupellosen Anwalt finden, einen nachgiebigen Richter, einen gut bezahlten Psychiater, und er würde mit wenigen Jahren Knast davonkommen und bei der ersten Amnestie entlassen werden. Am Ende wird er höchstens acht Jahre absitzen, murmelte er, während der armen Barbara Ameri sechzig genommen wurden.
Gegen vier machte er sich daran, einen etwas verrückten Einfall in die Tat umzusetzen. Er ging die Treppe hinunter, |293| und der Neapolitaner öffnete ihm, noch bevor der Kommissar überhaupt klingeln konnte.
»Hör mal, Pasquale. Weißt du noch, wie wir uns über diesen Heiligen unterhalten haben?«
»Den heiligen Judas!«
»Ja. Du könntest mir nicht zufällig sagen, es ist reine Neugier, wo sich diese Statue befindet?«
»Wen willst du denn um die Ecke bringen?«
»Wie meinst du?«
»Na, ich
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