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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mädchen war Jungfrau.«
    Der Ingenieur konnte seine Überraschung nicht verbergen.
    »Tatsächlich. Absolut unberührt. Um Himmels willen, da ist nichts Merkwürdiges dran, aber es schließt zumindest eine Reihe von Hypothesen aus … oder nicht?«
    »Nun, ich würde sagen, ja … auf jeden Fall.« Das Opfer war ein in jedem Sinne schüchternes und vorsichtiges Mädchen. Es wäre keinem Unbekannten in die Falle gegangen, es hätte nicht so einfach die Tür geöffnet. Es gab kein unvermutetes Netz von Prostitution, keinen verheirateten Liebhaber oder Ähnliches. Das Ermittlungsfeld ließ sich zumindest ein bisschen eingrenzen.
    |53| Vassallo nahm ein Laken, der Vizekommissar half ihm, den Leichnam zu bedecken.
    »Jetzt esse ich einen Happen, danach setze ich mich hin und schreibe den Bericht. Bis heute Abend müsste er rausgehen. Damit hast du ein paar Stunden Vorsprung vor denen aus Rapallo.«
    Giampieri lächelte. »Du, ich habe gar nichts gegen die aus Rapallo. Wir sind ein Herz und eine Seele. Venuti ist mein Idol.«
    Vassallo schaltete die Lampe über dem Seziertisch aus. Barbara durfte weiterschlafen.
     
    Um zehn war das Versammlungszimmer der Dienststelle in Rapallo gefüllt. Alle erreichbaren Kräfte standen rund um die Uhr zur Verfügung, um die Lücken der Kollegen, die im Urlaub waren, auszufüllen. Giampieri war aus Genua mit zwei Inspektoren gekommen, mit Calabrò und Vitone, außerdem mit den Beamten Franchi und Basso. Venuti standen weitere vier Beamte zur Verfügung. Während der Kommissar sich an den Rahmen des geöffneten Fensters lehnte, stellte Giampieri sich vor die Truppe und gab einen Überblick über den Fall, indem er die wichtigsten bis dato ermittelten Fakten aufzählte.
    »Wir haben mehrere Spuren zu verfolgen, und wir teilen diese auf die Mannschaft aus Rapallo und die aus Genua auf. Wir werden uns vermischen und paarweise arbeiten, jeweils ein Ortsansässiger, der sich hier auskennt, der die Leute kennt und womöglich ihr Vertrauen genießt, mit einem von außerhalb, dem eher ein Detail auffällt, das einem, der hier alle Tage lebt, leicht entgeht.« Er war auf diese Idee gekommen, und er war stolz darauf: So ließen sich mögliche Konkurrenzsituationen und Rivalitäten aushebeln.
    »Wir müssen weiterhin vor allem auf zwei Spuren setzen«, fuhr er fort. »Die erste ist das Haus. Wir müssen en |54| detail Alibi und Tagesablauf aller Mieter überprüfen, genau eingrenzen, wie viel Zeit dem Täter zu Ausführung der Tat und Flucht zur Verfügung stand. Vor allem müssen wir herauskriegen, ob er ungesehen auf die Straße gelangen konnte oder ob er im Haus blieb. Natürlich müssen wir uns auf Mantero konzentrieren: Der Anwalt hatte Zeit und Gelegenheit, sie zu töten, und im Grunde konnte er auch die Waffe verschwinden lassen. Fehlt nur das Motiv. Suchen wir es! Die andere Spur führt zur Familie Ameri. Konzentrieren wir uns auf die engsten Angehörigen und Freunde der Familie, zumindest auf jene, die Barbara häufig sah.«
    Calabrò knackte die ganze Zeit mit den Fingern und zupfte an seinen Augenbrauen. Er war nicht besonders groß, aber von athletischer, kräftiger Statur, ein Mann der Tat. Diese Besprechungen machten ihn nervös, regten ihn auf. Nach einer Weile hob er eine Hand und schaltete sich ein: »Warum bist du sicher, dass es kein Unbekannter war?«
    »Ich glaube nicht, dass sie ihm die Tür geöffnet hätte.«
    »Warum nicht? Das gehörte zu ihrer Arbeit, die Tür zu öffnen. Jemand klingelt, sie ist im Büro und drückt auf den Türöffner.«
    »Außerhalb der Bürozeiten?«
    »Warum nicht?«
    »Weil für diese Uhrzeit keine Termine vorgesehen waren. Nur zwei Telefongespräche gegen zehn.«
    Calabrò zuckte mit den Schultern und blies ein bisschen die Backen auf, was seine deutlich andere Sicht der Dinge verriet.
    »Meiner Meinung nach hätte der Broker sie niemals in seinem Büro gekillt. Und ein Angehöriger – warum sollte der sich ausgerechnet dorthin bemühen? Viel zu riskant.« Einige Kollegen nickten, und Calabrò wurde selbstsicherer: »Wir müssten erst einmal sie selbst abklopfen, was für ein Typ sie war, ob sie in letzter Zeit etwas Merkwürdiges getan hat … |55| Kommissar Luciani hat uns beigebracht, dass das Tatmotiv fast immer im Verhalten des Mordopfers zu finden ist.«
    Die Stille, die auf Calabròs letzten Satz folgte, ähnelte dem Schweigen im Walde, wenn alles mucksmäuschenstill ist, weil ein Raubtier naht.
    Giampieri zwang sich, einen ruhigen Ton

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