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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Auge zugetan.« An seinem Tischchen in der Ecke faltete Diego Failla die »Gazzetta dello Sport« zusammen, fixierte zuerst das eine, dann das andere Mädchen; mit denen hätte er gerne eine schlaflose Nacht verbracht, wenn er nur ein paar Jahre weniger auf dem Buckel gehabt hätte. Aber obwohl er seit knapp einem Monat vierundfünfzig Jahre zählte, war er immer noch ein Meister seines Faches, den jungen Dingern konnte er noch einiges beibringen, auch wenn sie, genau betrachtet, nicht so wirkten, als ob man ihnen noch viel beibringen müsste.
    Er setzte sein galantestes Lächeln unter dem perfekt gestutzten Schnurrbart auf und fing den Blick der Barfrau ab, die zurücklächelte. »Entschuldigen Sie, könnte ich |161| noch eine Brioche ohne Füllung haben? Und ein Glas Wasser?«
    »Mit oder ohne Kohlensäure?«
    »Ohne.«
    Failla saß seit mindestens einer Dreiviertelstunde in der Bar vor Manteros Haus. Er wartete, dass der Anwalt herauskam und zum Golfspielen ging. Sie wussten, er war ein Gewohnheitsmensch, er frühstückte immer zu Hause, außer am Samstag, da ging seine Mutter zeitig auf den Markt. Er zog es vor, etwas länger zu schlafen, machte sich dann in aller Ruhe fertig und trank seinen Kaffee in der Bar.
    Giampieri hatte am Vortag, in einer ruhigen Minute, Failla in sein Büro gerufen. Er sagte, er habe ihn ausgesucht, weil Anwalt Mantero ihn als Einzigen noch nicht gesehen habe und daher keinen Verdacht schöpfen würde. Aber Failla wusste, dass der Grund ein anderer war, und sosehr ihn das einerseits störte, sosehr erfüllte es ihn auf der anderen mit Stolz.
    Er lockerte seine Finger wie ein Pianist, dachte an die ruhmreiche und schreckliche Zeit zurück, die er in Autobussen, bei Konzerten und im Stadion verbracht hatte, in all den Menschenansammlungen, wo seine Hände sich im Gedränge wie die eines Dirigenten auf der Bühne bewegten, wo sich die Jacketts vor ihm öffneten wie die Fluten des Roten Meeres und die Brieftaschen ihren Reichtum in seine Taschen ergossen. Ein paarmal, als er sich in Bestform fühlte, als er mit dieser traumwandlerischen Sicherheit agierte, wo man weiß, dass niemand einen jemals erwischen wird, hatte er es sogar fertiggebracht, eine Brieftasche zu stehlen, sie um Bargeld, Scheck- und EC-Karten zu erleichtern und dann wieder in die Tasche des Besitzers zu stecken. Ein Virtuose.
    Dann hatte er übertrieben, hatte, vielleicht aus Bequemlichkeit, vielleicht aus Überheblichkeit, ein bisschen zu oft |162| an immergleicher Stelle, auf derselben Buslinie, zugeschlagen. Völlig unverhofft hatte eine Hand, als er gerade eine Brieftasche einsteckte, die seine gepackt, und es war ein Wunder, dass er sich nicht bepisst hatte vor Schreck.
    Failla trank gerade sein Glas Wasser aus und tat, als läse er die Zeitung. Da kam der Anwalt aus dem Haus. Wie erwartet, ging Mantero direkt an den Tresen und bestellte einen Kaffee, dann schien er nach irgendeiner Bemerkung zu suchen, mit der er ein Gespräch mit der Kassiererin anknüpfen konnte, eine ziemlich auffällige Brünette, die im Leben nicht mit einem wie ihm … die sich aber erbarmte und ihm beisprang.
    »Salve, Anwalt, wie geht’s?«
    Er lächelte bemüht. Seine Schüchternheit war offensichtlich. »Ganz gut. Wir versuchen, wieder in die Normalität zurückzukehren.«
    Die Anspielung auf die arme Barbara verfinsterte sofort die Miene des Mädchens. »Klar«, sagte sie und gab ihm das Restgeld.
    Failla stand von seinem Tisch auf und schob sich neben den Anwalt.
    »Verzeihung«, sagte er, nachdem er ihn leicht angerempelt hatte.
    »Bitte schön.«
    »Ich nehme nur eine Packung Bonbons«, sagte er lächelnd. Er ging zur Kasse und zwinkerte der Kassiererin zu. »Nun, schöne Frau, was bin ich Ihnen schuldig? Ich saß da hinten: Cappuccino, zwei Brioches, ein Glas Wasser und die hier«, sagte er, indem er die Bonbons vorzeigte.
    »Fünf Euro zehn. Wenn Sie zehn Cent hätten, würden Sie mir einen Gefallen tun.«
    »Für Sie würde ich noch ganz andere Dinge tun. Es gibt kein besseres Omen für einen guten Tag als Ihr Lächeln. Hier bitte.«
    |163| Er verließ gemächlich die Bar, so leicht wie das Handy des Anwalts, das in der Tasche seines Leinenjacketts ruhte. Er ging bis zum Ende der Straße, bog um die Ecke und stieg in einen Lieferwagen, der in der Ladezone stand. Darin saßen Giampieri, Iannece und ein junger Kriminaltechniker. Sie beglückwünschten ihn, und Failla dachte, dass er seit fast drei Jahren ein regulärer Polizist war.

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