Kein Schlaf für Commissario Luciani
Wann würde er endlich mal den Job eines richtigen Polizisten erledigen dürfen, und nicht immer nur den des geläuterten Taschendiebs? Vielleicht nie, vor allem nicht, wenn er sich weiterhin so geschickt anstellte. Er stieg aus, um eine Zigarette zu rauchen, und wartete, bis der Techniker seine Arbeit beendet hatte. Dieser musste die SIM-Card duplizieren und das ganze Telefonverzeichnis sowie den Speicher in ein identisches Handy überspielen, das allerdings mit einer Sonderfunktion ausgestattet war. Nach wenigen Minuten gab der Techniker Failla das neue Handy. Dieser ging an die Straßenecke und gab den Apparat Vitone, der den Eingang der Bar observierte, während Calabrò Mantero verfolgte.
»Ist er schon zurück?«
»Nein, ich habe ihn nicht gesehen.«
»Er wird jeden Moment kommen. Beeil dich.«
»Bin schon unterwegs.«
Der Inspektor betrat die Bar, am Tresen war eine Menge los. Er bahnte sich einen Weg und bestellte einen Caffè lungo, streckte seine Hand nach einer Brioche mit Honigfüllung aus, während er die andere, geschlossene Hand ganz beiläufig zwischen den Serviettenspender und den Snack-Ständer legte. Er hatte gerade seinen Kaffee zu sich genommen und wollte zur Kasse gehen, als er einen atemlosen Mantero ankommen sah.
»Entschuldigung. Ich habe nicht zufällig mein Handy hier liegenlassen?«
|164| Die Barfrau schaute ihn mit ratloser Miene an. Die Kassiererin blickte instinktiv auf ihren Schoß, als ob es dort hätte sein können.
»Ist es das hier?«, fragte ein Kunde und zeigte auf ein kleines glänzendes Etwas, das in einem verborgenen Winkel des Tresens lag.
»Oh, Gott sei Dank«, sagte Mantero, steckte es erleichtert ein und fragte sich einen Moment lang, wie zum Teufel es dort gelandet war. Vielleicht war es ihm heruntergefallen und irgendwer hatte es aufgehoben. Oder vielleicht hatte er es selbst dort hingelegt und vergessen. Aber er war schon spät dran, er dankte dem Himmel für dieses Glück und dachte nicht weiter darüber nach.
Iannece schwamm gemütlich im Verkehr der Autobahn mit, blieb lange auf der rechten Spur und ließ sich überholen.
Giampieri rüttelte ihn wach. »Wollen wir nicht einen Zahn zulegen, Iannece?«
»Ich will keine bösen Überraschungen erleben. Hier wimmelt es von Radarkontrollen.«
»Seit wann sorgst du dich denn um Radarkontrollen? Wenn das Strafmandat kommt, lassen wir es aufheben.«
»Ein Strafzettel ist eine Spur. Und da
ihr
gerade etwas Illegales getan habt …«
Giampieri schnaubte. Iannece hatte vollkommen recht.
»Ich hätte nicht gedacht, dass du so … technologisch denkst.«
»Das habe ich neulich bei CSI gesehen, da hatte einer alles richtig gemacht, einen Mord nach allen Regeln der Kunst, und dann haben sie ihn dank einer Radarfalle geschnappt. Eile mit Weile, wer fährt wie ein Berserker, landet im Kerker.«
»Wann aktivieren wir das Handy?«, fragte der Kriminaltechniker.
|165| »Nun … ich denke, es bringt nichts, solange Mantero sich im Gericht oder im Büro aufhält. Besser wir warten, bis er zu Hause ist, mit der Mutter zusammen. Wenn sie etwas zu verbergen haben, werden sie sich verraten.«
»Vielleicht rechnen sie damit, dass wir die Wohnung verwanzt haben. Sie werden vorsichtig sein.«
»Möglich. Wir müssen jedenfalls den richtigen Moment abpassen. Wenn wir es aktivieren, ist die Leitung besetzt, und wir können sie nicht allzu lange blockieren. Der ideale Moment wäre, wenn sie gemeinsam aus dem Haus gehen. Ich würde nachher mal einen Test machen, damit wir sicher sind, dass es funktioniert. Dann würde ich es morgen früh probieren, wenn sie zur Messe gehen.«
Gegen Mittag holte Giampieri, wie jeden Samstag, Davide Risi, seinen Kollegen vom Drogendezernat, ab. Risi war einige Jahr älter als der Ingenieur, aber sie waren im selben Viertel aufgewachsen, als Jugendliche hatten sie sich angefreundet und Davide hatte Nicola einmal Prügel erspart, als er eine Bande von Halbwüchsigen in die Flucht schlug, die sich als die Bosse des Viertels aufspielten. Bei dem Handgemenge hatte Giampieri einiges eingesteckt, aber er hatte auch ausgeteilt und sich den Respekt des Älteren erworben. Sie lebten in zwei verschiedenen Welten, die sich aber, wie es vorkommen kann, ein und dasselbe Viertel teilten. Giampieri war das verwöhnte Einzelkind aus einer bürgerlichen Familie, die einigermaßen wohlhabend war, aber nicht wohlhabend genug, um in ein besseres Viertel zu ziehen. Risi war der vernachlässigte Sprössling
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