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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hat. Der Name?«
    Stefania Boemi zog eine hellblaue Mappe mit Fotokopien aus der Tasche. Sie schlug die Beine übereinander, balancierte das Dossier auf dem rechten Oberschenkel und öffnete es: »Ich habe mir erlaubt, die Akte auszudrucken. Soll ich sie vorlesen?«
    Giampieri wusste nicht, ob er sie bewundern oder hassen sollte.
    »Maurizio Merli, geboren in Sesto San Giovanni am 13. Juli 1976. Wohnhaft in Rapallo, Via Larga 5, Apartment 2. Schulbildung: Mittlere Reife.«
    »Boemi.«
    »Bitte?«
    »Komm zum Punkt.«
    Die Polizistin errötete bis über beide Ohren, vielleicht war sie beleidigt, vielleicht wütend, weil sie sich blamiert hatte.
    »Okay. Dann schauen wir mal … Der Typ hat eine hübsche Vorstrafenliste, wegen Schlägerei, Drogenhandel, Widerstands gegen die Staatsgewalt, unerlaubten Mitführens eines Messers und Hehlerei. Er beginnt, noch minderjährig, als Kleindealer, zuerst Marihuana, dann Kokain. Einige Anzeigen seiner häufig wechselnden Partnerinnen wegen Misshandlung und Körperverletzung, allerdings später wieder |260| zurückgezogen. Bis zum einundzwanzigsten Lebensjahr kommt er um den Knast herum, aber dann geht es rein und raus, bis er fünfundzwanzig ist, allerdings kommt er immer mit kurzen Haftstrafen davon. Kein familiärer Rückhalt, der Vater früh abgehauen, die Mutter seit geraumer Zeit verstorben. Jedes Mal wenn er entlassen wird oder in den halboffenen Vollzug kommt, geht er zu seiner großen Schwester, Emanuela. Zuerst in Sesto, dann in Rapallo. Sie hat das Lokal dort … Moment, im Jahr 2000 eröffnet und ist auch dort hingezogen. 2001 dann der Qualitätssprung: Ein Kronzeuge sagt aus, Merli sei an einem Überfall auf einen Geldtransporter in Cinisello Balsamo beteiligt gewesen, bei dem ein Wachmann starb. Eine merkwürdige Geschichte, die noch nicht geklärt ist. Die Beute ist nie gefunden worden, und es besteht der Verdacht, dass es einen Maulwurf gab. Merli hat kein Alibi, es kommt zum Prozess, sein Anwalt macht aber glaubhaft, dass ein solcher Coup nicht zu Merlis bisheriger krimineller Karriere passte: ein bisschen Dope zu verticken ist eine Sache, einen Geldtransporter zu überfallen eine andere. Merli wird, ebenso wie der einzige Mitangeklagte, freigesprochen. Man observiert ihn, um zu sehen, ob er mit jemandem Kontakt aufnimmt, ob er teure Sachen kauft, aber nichts passiert. In den letzten Jahren scheint er ein bisschen zur Vernunft gekommen zu sein, er jobbt, zuerst als Tankwart, dann bei einer gemeinnützigen Organisation und schließlich im Lokal seiner Schwester. Er wird noch ein Mal wegen Drogenbesitzes, und einige Male wegen öffentlicher Trunkenheit und schwerer Schlägerei festgenommen …«
    »Hmm … scheint mir eine Niete zu sein«, murmelte Giampieri.
    »Ein Loser, selbst als Krimineller«, erwiderte die Boemi, »aber jetzt kommt die Überraschung.«
    »Die wäre?«
    »Letzten Sommer wird er in Rom von einer englischen |261| Touristin wegen Vergewaltigung angezeigt. Er und noch zwei andere.«
    »Warum sagst du mir das denn erst jetzt?«
    Das Mädchen lächelte. »Warten Sie. Die Geschichte hat eine Pointe. Die beiden anderen werden verknackt, er wird freigesprochen. Bei der Gegenüberstellung identifiziert ihn das Mädchen, sie sagt, er sei dabei gewesen, habe nichts unternommen, um die anderen zu stoppen, habe sich aber selbst nicht beteiligt.«
    »Warum?«
    »Seine Rechtfertigung lautet, er habe versucht, das Mädchen zu schützen, die anderen hätten ihn aber bedroht, und er hätte Angst gehabt. Er legt ein ärztliches Attest zu
impotentia coeundi
vor. Er wird vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen, aber wegen Beihilfe verurteilt, Kleinkram. Er kommt sofort frei und kehrt nach Rapallo zurück.«
    »Das ist alles?«
    »Fast. Sie könnten noch weitere Fragen stellen. Sie könnten mich zum Beispiel fragen, von wem er 2001 verteidigt wurde. Oder für welche Hilfsorganisation, die Medikamente und Lebensmittel in die Dritte Welt bringt, er als LKW-Fahrer gearbeitet hat.«
    Giampieri schaute sie an, sie nickte, ohne etwas zu sagen.
    »Er kannte Mantero, und vielleicht kannte er tatsächlich auch Barbara, er könnte sie in Manteros Büro gesehen haben. Und er wohnt nur zehn Gehminuten vom Tatort entfernt.«
    Der Ingenieur setzte die Brille ab, putzte sie mit einem Taschentuch, dann massierte er zwei unendlich lange Minuten seinen Kinnbart. Am Ende hob er den Blick und sah der Polizistin in die Augen. »Hervorragende Arbeit. Wirklich. Jetzt schreibst du

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