Kein Schlaf für Commissario Luciani
sicher brauchte er keine eifersüchtige Lesbe, die sein Bild von Stefania korrigierte: Ein Mädchen, das einfach etwas zu attraktiv war und versuchte, sich mit einem gewissen Esprit durch all die Avancen und zweideutigen Sprüche zu lavieren und alle, so gut sie konnte, auf Distanz zu halten.
»Und wie läuft es mit den Kollegen? Fühlt ihr euch wohl?«
|265| »Sie kommt gut zurecht. Sie ist zu allen freundlich, lässt aber keinen an sich heran, zumindest keinen von den unteren Dienstgraden.«
Noch ein Seitenhieb. Eifersüchtig und bissig. Und neidisch.
»Und du?« Das Interesse des Kommissars war geheuchelt. Er hoffte, dass die Kollegen sie in den Tod trieben.
»Gut. Unterschätzen Sie mich nicht, ich bin alt genug, um alleine zurechtzukommen.«
Das Leben ist wunderbar, dachte Giampieri, während er an einem Tisch vor einem kleinen Restaurant in Boccadasse saß. Es gibt Phasen, in denen alles gut läuft, und andere, wo alles schiefgeht, aber im Moment kann ich mich wirklich nicht beschweren. Mit Merli haben wir eine exzellente Spur, morgen werden wir ihn in den Clinch nehmen. Wenn er gesteht und wir den Fall in nicht einmal zehn Tagen gelöst haben, dann möchte ich mal sehen, wer mir die Beförderung abschlagen will. Auch in puncto Frauen lief alles bestens, er war so selbstsicher, er hätte darauf gewettet, dass er jede x-beliebige Frau innerhalb von zwei Stunden rumkriegen würde. Dass er mit der Serra ins Bett gestiegen war, bereute er immer weniger, er erinnerte sich eher mit einem diffusen Gefühl der Befriedigung daran, vor allem da auch sie sich wieder vollkommen auf den Fall zu konzentrieren schien. Was Stefania betraf – sie schien ihn ein bisschen an der Nase herumzuführen, aber die Lösung des Falles würde beiden Anlass geben, die Sache gebührend zu feiern.
Amalia kam aus der Creuza, die vom Corso Italia zum Strand führte, überquerte die Piazza, und als sie ihn schon am Tisch sitzen sah, lächelte sie und fing fast zu rennen an. Ihr weißer Minirock hatte ein paar Spitzen am Saum, und die braunen Stiefel gaben ihr einen Touch von Wild-West-Nutte. |266| Sie trug keinen BH unter der leichten Bluse, und man sah genau, warum sie darauf verzichten konnte. Alle Männer im Umkreis von zwanzig Metern drehten sich nach ihr um, und dem Ingenieur schwoll vor Stolz die Brust, als sie sich neben ihn setzte, ihn in ihre Parfümwolke hüllte und in eine andere Dimension entführte. Er musste all seine Energie aufbieten, um das Abendessen zu überstehen, ohne ihr an die Wäsche zu gehen, eine geistvolle Konversation zu führen, die er mit einigen Anekdoten aus dem Polizeiberuf anreicherte, und auch noch Interesse an den Feinheiten ihres Berufes zu heucheln.
Er war höchst konzentriert und gleichzeitig entspannt, hatte schnell die Sorgen aus seinem Berufsalltag vergessen und merkte nicht, dass zwei dunkel gekleidete Männer – ein junger und ein älterer mit grauem Haar – auf einem Mäuerchen vor den Felsen saßen und jede seiner Bewegungen registrierten.
»Ich will alles über diesen Schweinehund wissen«, sagte Gabin. »Schullaufbahn, Wehrdienst, Krankenakte, Bankkonten, Laster, Frauengeschichten, uneheliche Kinder, familiäre Situation. Und dasselbe gilt für diese kleine Schlampe.«
Belmondo lächelte, strich mit einem Finger über seine Lippen und sagte: »Die werde ich mir zur Brust nehmen.«
Gegen Mitternacht brachte Giampieri Amalia mit dem Wagen nach Hause, und sie zierte sich ein bisschen, ehe sie ihn hereinbat. Sie wussten aber beide, dass das nur ein kleines Wortgefecht war, als ob man mit einem arabischen Händler ein wenig um den Preis feilschte, um ihn nicht zu beleidigen. Das Mädchen legte eine CD mit langsamen Songs aus den Achtzigern ein, reichte ihm ein Glas hausgemachten Mojito, setzte sich auf das Sofa und schlug die Beine übereinander. Ihre Schenkel waren lang, braun und |267| makellos. Der Ingenieur nahm einen Schluck, dann lehnte er sich zu ihr hinüber und legte ihr eine Hand aufs Knie. Sie schob sie weg und lächelte ironisch.
»Na! Ich sagte doch, dass ich am ersten Abend …«
»Nur einen Kuss. Einen Kuss darf man auch am ersten Abend schon geben.«
»Hmm … also gut. Aber Flossen weg.«
Er küsste sie langsam, dann immer ungestümer, wobei er mit seiner Zunge durch ihren Mund fuhr, der nach Minze und Rum schmeckte. Er berührte mit den Fingerspitzen ihren Schenkel und ließ die andere Hand von den Haaren zum Hals und vom Hals zu ihrem Busen gleiten, wo
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