Kein Schwein bringt mich um
davon, was diese Schätzchen wert sind? Mittlerweile zahlen Musikliebhaber horrende Summen für die Originalaufnahmen dieser begnadeten Sängerin.«
»Sie kennen Luna Mancini?« Ich war stets aufs Neue verblüfft, welch groÃe Fangemeinde Luna um sich scharte.
»Kennen? Lieben! SchlieÃlich bin ich ausgewiesener Experte für Chansons und anspruchsvollen Schlager.«
»Ist das vielleicht der Grund, warum ich jetzt nur noch sechs LP s zähle, obwohl es vorhin noch sieben waren?«
»Ja, gibtâs denn so was?« Er geriet ein wenig ins Stottern und zog die Schublade erneut auf. »Tatsächlich, hat sich doch tatsächlich eine verhakt. Bitte schön.«
Nachdem dieser Lapsus geklärt war, erhob ich mich. Meine Frage, ob Mutter Jahnknecht von der Chanson-Koryphäe bereits über die erfolgreiche Wiederbeschaffung des Diebesguts verständigt worden war, wurde von ebenjenem Schnulzen-Fachmann mit einem definitiven »Nein« beantwortet. Noch mal Schwein gehabt. Ich verpflichtete Reichert zum Stillschweigen, um die Geburtstagsüberraschung nicht zu versauen, und empfahl mich.
Mittlerweile war die Dämmerung über das Münsterland hereingebrochen. Was nun? Ein Abend im Kreis der Verwandten? Nein danke.
Mir wuchsen die Dinge über den Kopf. Im Fall kam ich nicht weiter, und die Vorbereitungen zur Hochzeit verliefen wesentlich anstrengender, als ich gedacht hatte. Aber in der Vergangenheit hatten sich alle meine Probleme letztendlich in Wohlgefallen aufgelöst. Warum sollte es diesmal anders sein?
Irgendwie führte mich der Escort in Deiterts Wohngegend, ich konnte nichts dagegen tun. Dem Riecher der Rostlaube vertrauend, stellte ich den Ford eine StraÃe weiter in einer wunderschönen Kastanienallee ab.
Wie der Zufall es wollte, fuhren gerade zwei dicke Autos in Richtung Deitert-Villa, als ich die Lindenallee entlangschritt. Ich drückte mich hinter einen der Bäume, die der StraÃe den Namen gegeben hatten. Da ich nur wenige Meter vom Eingangstor entfernt war, hatte ich einen exzellenten Blick auf das Geschehen.
Georg Deitert entstieg einem orangefarbenen Hummer H2, unerlässlich bei den unwegsamen Schotterpisten im Münsterland. Die Geschäfte schienen nicht schlecht zu laufen, denn unter siebzig Riesen war der nicht zu haben. Auch der zweite Wagen zählte nicht zum Mittelklasse-Segment: eine Mercedes-Limousine der S-Klasse. Da die Scheibe auf der Beifahrerseite heruntergefahren war, konnte ich zwei Gesichter osteuropäischen Ursprungs ausmachen. Das Eisentor öffnete sich, die Schlitten fuhren aufs Grundstück, das Tor wurde geschlossen, und zurück blieb ein nachdenklicher Privatdetektiv.
Ich ging nicht davon aus, dass die Russen â oder welche Nationalität die beiden Herren auch immer haben mochten â etwas mit Luna Mancini zu schaffen hatten, aber zum einen hatte ich den Schlag des Bodyguards immer noch in schmerzhafter Erinnerung, und Rache war bekanntlich süÃ, zum anderen stand mir der Sinn nach Abenteuer. Wollten wir doch mal schauen, ob ich Deitert nicht irgendwie am Zeug flicken konnte.
Beim gestrigen Besuch hatte ich neben der Auswirkung weiblicher Reize auf die männlichen Hormone und dem Mangel an intelligenter Kindererziehung zwei weitere Dinge festgestellt: Es gab weder Alarmanlagen oder Ãberwachungskameras, was überraschte, noch Rottweiler, Doggen oder andere Vierbeiner mit kräftigem Körperbau und ausgeprägtem Gebiss, was nicht so überraschend war.
Erleichtert stellte ich fest, dass die morgendliche Wahl meiner Kleidung â schwarze Jeans und schwarzes Motörhead-Longsleeve â ideal für mein Vorhaben war. Als professioneller Privatschnüffler hatte ich natürlich auch eine Gesichtsmaske im Kofferraum, die ich überzog. Jetzt konnte es losgehen.
Auf der Suche nach einer geeigneten Einstiegsmöglichkeit umrundete ich das Anwesen, und voilà , auf der Rückseite wurde ich fündig.
Die dichte Hecke war an einer Stelle ein bisschen löchrig â wahrscheinlich das Werk von Justin und Justin, um sich unbemerkt davonschleichen zu können â, sodass ein schlanker Privatdetektiv problemlos durchschlüpfen konnte. Die Beleuchtung hinter dem Haus war spärlich, und die Rasenfläche war mit mannshohen Sträuchern durchsetzt, ideale Bedingungen also, um unbemerkt zum Gebäude vordringen zu können. Der Streifen
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