Kein Sex ist auch keine Loesung
bekommen.»
Zum Beweis zerrt sie einen weiß eingepackten Klumpfuß unter dem Tisch hervor.
«Ronald kam gerade vorbei, um ein paar Sachen von seinem Segelboot zu holen, und dabei bin ich ihm praktisch direkt in die
Arme gefallen. Zu Hause hat er dann Erste Hilfe geleistet und mich anschließend sogar noch zum Arzt gefahren.»
Ein irres Lächeln gleitet über ihr geschwollenes Gesicht, während sie, um den Ernst der Lage zu untermalen, die Sonnenbrille
abnimmt.
Mir bleibt fast das Herz stehen.
«Du bist mit ihm nach Hause? Einfach so, ohne ihn überhaupt zu kennen? Er hätte doch irgend so ein fieser Vergewaltiger sein
können! Wahrscheinlich hat er dir noch selbst ein Bein gestellt.»
Es ist doch nicht zu fassen, worauf sonst so aufgeklärte und selbständige Frauen hereinfallen, wenn ein Typ mit ein paar Geldscheinen
wedelt und seinem Segelboot prahlt. Ich bin ehrlich entrüstet. Nadja, die nicht einmal mich mit nach Hause nimmt, weil sie
meint, alles, was uns verbindet, könnten wir auch in der Öffentlichkeit tun, dieselbe Nadja geht einfach mit einem dahergelaufenen
Hochstapler nach Hause, bloß weil er angeblich Rechtsanwalt ist und an der Alster wohnt! Ronald, pah! Wer, der heutzutage
auch nur |79| einen Funken Selbstachtung im Leib trägt, heißt denn bitte schön Ronald?
«Kann es sein», spöttelt sie, «dass du eifersüchtig bist? Ich meine, nicht auf Ronald, sondern darauf, dass es nun auch mich
endlich erwischt hat, während du immer noch mit Single-Parolen auf den Fahnen durch das Nachtleben tingelst und dabei kaum
noch eine Frau abkriegst, die Pippi Langstrumpf nicht für eine Stützstrumpfhose hält?»
«Pah! Immerhin hatte ich gestern ein handfestes Date», lege ich Protest ein. «So eines mit Nur-nach-Hause-Bringen, du weißt
schon. Und ich hege sogar den Wunsch, sie trotzdem wiederzusehen. Glaub es oder lass es bleiben!»
Ich glaube es ja selbst kaum. Aber jetzt, da es ausgesprochen ist, bin ich fest dazu entschlossen.
Nadja verzieht ihren auch nach der Vorspeise noch perfekt geschminkten Mund zu einem Grinsen.
«Hab ich auch nicht anders erwartet, schließlich hast du ja noch nicht gekriegt, was du willst. Ihr Männer gebt doch erst
auf, wenn ihr euer Opfer geknackt und ihm das Herz gebrochen habt.»
Mit gespielter Empörung stibitzt sie eine Olive von meinem Teller.
«Das ist nicht fair. Schließlich mache ich nichts, was die ‹Opfer›, wie du sie nennst, nicht auch wollen», hole ich zur Verteidigung
aus. «Und außerdem …»
Jetzt habe ich irgendwie den Faden verloren.
«Außerdem hast du diesmal so ein Glänzen in den Augen», vervollständigt Nadja meinen Satz. «Steht dir zur Abwechslung mal
ganz gut.»
«Was soll das denn heißen?»
|80| Frauen sind eine genetische Katastrophe, insbesondere dann, wenn sie glauben, einer Romanze auf der Spur zu sein.
«Meine liebe Nadja, ich hege keine außergewöhnlichen Absichten, falls dir das in den Sinn gekommen ist. Da muss ich dich leider
enttäuschen.»
Während die Hauptspeise und ein zweites Glas Wein serviert werden, nimmt Nadja neuen Anlauf.
«Tom. Wie lange kennen wir uns jetzt? Fünf Jahre?»
Sie mustert mich auf die Art, wie man normalerweise Leute ansieht, die des Kreditkartenbetruges beschuldigt werden.
«Ich weiß nicht, wie viele Frauen du in dieser Zeit gebumst hast, aber es müssen einige Dutzend gewesen sein.»
Die Pause, die sie macht, reicht nicht zur Verteidigung. «Die Hälfte konntest du bei unseren Treffen nicht mal mehr mit Namen
versehen. Und auch die Übrigen haben dir nicht zu einem derartigen Gesichtsausdruck verholfen, egal wie gut sie im Bett waren.»
Besserwisserisch fuchtelt sie mit dem Zeigefinger herum und sticht mir damit fast ins Auge. «Und mit der hier warst du ja
noch nicht mal in der Kiste!»
Entschlossen nimmt sie einen großen Schluck Wein, ohne mich dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
«Nadja, Schätzchen, du bist verliebt, und deine Hormone lassen dich alles durch die rosarote Brille betrachten. Aber das war
ein ganz normales Date und wird auch zu einem ganz normalen Höhepunkt führen. Nichts weiter.» Ich blicke ihr fest in die Augen,
während ich gleichzeitig |81| mit lautem Geklapper das Besteck auf den Teller lege. «Du kennst doch meine Prinzipien.»
«Ja, ja, nur dreimal Sex mit derselben Frau, blablabla. Ich glaube, diesmal läuft das anders.»
Sie macht ein geheimnisvolles Gesicht und hakt scheinheilig nach: «Wann
Weitere Kostenlose Bücher