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Kein Sex ist auch keine Loesung

Kein Sex ist auch keine Loesung

Titel: Kein Sex ist auch keine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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warte.»
    Wäre dies jetzt ein Kinofilm, dann wäre die nächste Einstellung folgendermaßen:
    Sie: Was hast du denn?
    Er: Es hat nichts mit dir zu tun.
    Sie: Du hast eine andere.
    Er: Bis gerade eben jedenfalls. Sie hat uns gesehen.
    Sie: Dabei bedeutet das doch gar nichts.
    Er: Das wird sie sicher anders verstanden haben, jetzt, da sie uns auf dein Zimmer hat gehen sehen.
    Sie: Liebst du sie?
    Er: Ich glaube, ja.
    Sie: Dann geh zu ihr und sag es ihr!
    Er: Meinst du wirklich?
    Sie: Nun mach schon!
    Er: Du bist eine ganz besondere Frau! Du hast was Besseres verdient als mich!
    Sie: Ich weiß.
    Dann macht sich der Hauptdarsteller geschwind auf und erwischt die Angebetete gerade noch, bevor sie in das Flugzeug nach
     Casablanca steigt, und alles wird gut.
    In der Realität läuft so was natürlich ganz anders.
    Ich bin ein Mann, der gerade knietief in der Scheiße steckt. Die Angebetete verachtet mich, weil sie denkt, ich schlafe mit
     unserer Kundin – was ich aber nicht tue, weswegen diese dann aber binnen kürzester Zeit nicht mehr unsere Kundin sein wird.
     Also sollte ich es vielleicht besser doch tun – was ich aber nicht kann, weil der Gedanke, dass dieser Johnny-Depp-Lookalike
     gleich seine Hände |252| auf Elisas zarte Haut legen wird, in mir einen Brechreiz verursacht.
    Lydia hat sich anscheinend damit abgefunden, dass sie die letzte Lusche der westlichen Hemisphäre erwischt hat, denn sie streift
     sich schweigend ihr Nachthemd über. Dabei macht sie ein Gesicht, als könne sie es nicht abwarten, Rolf von meiner stagnierenden
     Libido und ihrer geplanten Vertragskündigung zu berichten. Immerhin schenkt sie mir aber noch ein frostiges «Gute Nacht»,
     ehe sie sich umdreht, das Licht ausknipst und gleich darauf einschläft.
    Aus Angst vor einer Auseinandersetzung – oder ist es nur die Angst, feststellen zu müssen, dass Elisa nicht zu Hause ist –
     verbringe ich die Nacht damit, mich neben Lydia schlaflos hin und her zu wälzen. Ich hab’s echt verkackt. Und zwar alles.
     Keine Elisa und keinen Etat mehr, herzlichen Glückwunsch, mein Lieber!
     
    Am nächsten Morgen fühle ich mich noch beschissener. Etwa so, als hätte das Uni-Klinikum bereits mit der Ausschlachtung meines
     Körpers begonnen.
    Während Lydia sich weiter schweigend reisefertig macht, ein paar kurze Telefonate mit einer mir unbekannten Person führt und
     mich dabei keines Blickes würdigt, starre ich angstvoll an die Zimmerdecke. Wieder und wieder lasse ich das abendliche Spektakel
     vor meinem geistigen Auge Revue passieren und komme schließlich zu dem Ergebnis, dass es am besten ist, wenn ich mir aus der
     Apotheke ein Gift kommen lasse.
    Ansonsten bewege ich mich auf der Evolutionsstufe eines Kleinkindes: Ich will nicht nach Hause, ich will aber auch nicht hierbleiben.
     Ich will nicht, dass alles so ist, wie |253| es ist. Ich will nicht allein sein, und ich will, dass jemand die Zeit zurückdreht.
    «Tom?»
    Lydias Stimme hört sich immer noch nicht gut an, und ich schaffe es kaum, sie anzusehen. Es lohnt sich auch gar nicht, denn
     als ich es schließlich doch tue, sehe ich nur noch, wie sie genervt die Augen verdreht, den Mund verzieht und sich ihr Köfferchen
     schnappt. Dann verlässt sie wortlos und türenknallend das Zimmer.
    Ich ziehe mir die Decke wieder über den Kopf und hoffe, dass alles nur ein schlechter Traum war.
    Im Film würde ich jetzt nach Hause gehen und mich dort zwar einer Diskussion stellen müssen, an deren Ende ich Elisa aber
     unbedingt von meiner Jungfräulichkeit – zumindest den gestrigen Abend betreffend – überzeugt hätte. Dann würde sie mit einer
     ähnlich paradoxen Story über Johnny Depp, den Verwandten fünften Grades, aufwarten, und wir würden uns lachend in die Arme
     fallen und uns gegenseitig unserer Liebe versichern.
    Gerade als ich angesichts dieser immerhin nicht völlig abwegigen Möglichkeit einen Funken Mut schöpfe, fällt mir wieder ein,
     dass mir dann ja immer noch meine Enthauptung durch Rolf bevorstünde. Bei dem Gedanken jaule ich kurz auf, was unter der Decke
     zum Glück niemand hört, mir aber noch einmal mein unmännliches Verhalten deutlich macht.
    |254| Am Ende können die im Uni-Klinikum nämlich bei meiner Obduktion erkennen, dass ich die letzten Minuten meines Lebens in Angst
     und Bange zugebracht habe. Im Geiste höre ich schon den Professor sagen: «Heute schauen wir uns mal ganz genau die schreckgeweiteten
     Organe eines jungen Mannes der Sorte

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