Kein Sex ist auch keine Loesung
Affen machen und ihr hinterherlaufen. Zumal ich inzwischen sicher bin, das Recht auf meiner
Seite zu haben. Zugegeben, ich habe nicht, wie Rolf kurz annehmen musste, im Dienste des Roten Kreuzes eine Verrückte gesund
gebumst, aber für einen |263| guten Zweck ist es ja schon irgendwie gewesen. Das würde er sicher auch so sehen, wenn er es wüsste.
Denn selbst, wenn Lydia inzwischen die Bombe hat platzen lassen – fürs Erste hat die Agentur einen ansehnlichen Scheck gekriegt.
Und ’ne Menge gute Publicity.
Und wer, bitte schön, rechnet denn damit, dass diese niedliche kleine Stewardess ausgerechnet mich anruft? Die bekommt doch
sicher haufenweise Visitenkarten zugesteckt. Mann, was für ein beschissenes Timing!
Nichtsdestotrotz komme ich immer wieder zu dem Ergebnis, dass ich mir im Grunde genommen nichts vorzuwerfen habe. Schließlich
haben Elisa und ich ja keine feste Beziehung gehabt. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, ein Gespräch der Art: «Willst
du mit mir gehen?» geführt zu haben. Oder kann man bei Beziehungen inzwischen auch schon – wie bei Kaufverträgen – von einer
stillschweigenden Annahme eines wie auch immer gearteten Angebots ausgehen? Das könnte dann schon eher hinkommen.
Unter diesem Gesichtspunkt müsste der kleine Ausrutscher in München ohnehin längst verjährt sein. Oder er lag zeitlich gesehen
vor unserem Beziehungskaufvertrag.
Also werden Sie mir sicher zustimmen, dass es Elisa ist, die sich bei mir entschuldigen müsste. Schließlich hat ihre offensichtlich
schon länger anhaltende Untreue sie nicht mal davor zurückschrecken lassen, mich anzulügen. Sie wird das sicher bald einsehen,
mich anrufen und um Verzeihung bitten.
Ganz sicher.
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|264| 17.
Die Tage vergehen, und es passiert nichts.
Ich bin hin und her gerissen zwischen «Sie hat mich nicht verdient» und «Er hat sie nicht verdient» beziehungsweise «Ich rufe
jetzt Jennifer, die Stewardess, an», schließlich bin ich sehr, sehr einsam.
Ich habe Elisas Nummer in mein Telefon eingespeichert, alle übrigen Anrufe lasse ich auf den stummgeschalteten Anrufbeantworter
umleiten. Wenn ich mal so einen richtig guten Tag habe, werde ich ihn abhören.
Sonntagabend, als ich gerade ein Video mit der Aufzeichnung von einer Folge
Desperate Housewives
gucke, die ich am Samstag verpasst habe, klingelt es an der Tür.
Durch den Spion sieht Nadja noch ganz okay aus, aber kaum habe ich die Tür geöffnet, bricht eine Tränenflut über mich herein,
als hätte man versehentlich in einem U-Boot die Fenster zum Lüften geöffnet.
Sie fällt direkt in meine Arme, und es tut gut, mal wieder eine Frau zu spüren, wenngleich es auch nicht die Auserwählte ist.
Ansonsten bin ich immer noch etwas beleidigt, denn als
mir
letzte Woche zum Heulen zumute war, befand Nadja sich zur Thalasso-Therapie auf Ibiza.
Ich habe sie, ehrlich gesagt, noch nie so fassungslos erlebt und bin einigermaßen erschüttert. Es ist ein bisschen wie früher,
als man klein war und zum ersten Mal einen Erwachsenen weinen sah.
«Lass mich raten, dein Prinz ist wieder zum Frosch geküsst worden. Vermutlich von einer anderen.»
Ich versuche, ihr durch lässiges Auftreten die Möglichkeit zu geben, dieses Häufchen-Elend-Geschluchze in eine handfeste Wut
zu verwandeln.
«Woher weißt du das? Ach, ihr Männer seid doch alle gleich!»
Sie jault wieder auf und erzählt dann zwischen Naseputzen, Tränentrocknen und Kriegsgeheul die wohl dümmste Geschichte, wie
sich ein Mann beim Fremdgehen erwischen lassen kann: zu Hause im eigenen Bett.
Allerdings muss ich gestehen, es ist – egal ob Mann oder Frau – wohl auch die demütigendste Art und Weise. Da werde ja selbst
ich wütend.
Der folgende, ausschweifende Bericht, wie sich alles
genau
zugetragen hat, interessiert mich offen gestanden nicht mehr so besonders, denn Nadja verliert sich in Detailberichten, |266| die für die männliche Aufmerksamkeit tödlich sind. Außerdem brenne ich darauf, meine eigene Geschichte loszuwerden.
«Tja, willkommen im Club!», beginne ich nach einer halben Stunde tapferen Zuhörens und berichte endlich von meinem Desaster
mit Elisa. Frauen scheinen für solche Geschichten geboren. Nadja lauscht meinen Worten so andächtig wie die Dorfgemeinde der
Sonntagspredigt.
Allerdings unterbricht sie mich an markanten Stellen immer wieder durch entsetzte Zwischenrufe wie «O nein!» oder «Waaas?»,
die mir trotz der dramatischen
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