Kein Sex ist auch keine Loesung
Normalerweise
genau die Art weiblichen Verhaltens, die «Unheil im Anmarsch» ankündigt. Erst hört es sich noch harmlos an, als sie nämlich
sagt: «Nikolaus, das ist ja schon übermorgen.» Doch dann kippt das Ganze, und meine kühnsten Befürchtungen werden noch übertroffen.
«Wir werden natürlich auch dort hingehen», platzt sie nämlich heraus und richtet sich triumphierend auf. Dabei reckt sie ihre
Brust in die Höhe und blinzelt mich auffordernd an. «Wir werden ihm demonstrieren, wie gut es uns geht und wie glücklich wir
miteinander sind, seit wir unsere Liebe füreinander entdeckt haben.»
Ich weiche einem parkenden Auto aus.
Es ist sinnlos, Frauen von einem einmal gefassten Entschluss – sei er noch so irrwitzig – abbringen zu wollen. Wahrscheinlicher
ist es, die Begegnung mit einem sibirischen Tigermännchen während der Paarungszeit zu überleben.
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|270| 18.
Wie es sich für einen mal kurz erfolgreich gewesenen Werber gehört, habe ich mich am Nikolausabend in meinen besten Nadelstreifenanzug
und ein cooles T-Shirt geschmissen. Auf Nadjas ausdrücklichen Wunsch hin trage ich außerdem einen mafiösen Dreitagebart und blicke lässig und zugleich
furchtbar prominent drein. Sie selbst sieht mit ihrer Hochsteckfrisur und dem schlichten schwarzen Kleid der jungen Liz Taylor
zum Verwechseln ähnlich.
Ich genieße es, im Kreise der sich selbst feiernden Lackaffen Nadja an meiner Seite zu haben. Denn nichts macht einen Mann
bekanntlich attraktiver als eine gutaussehende Frau an seiner Seite. Und nie hat man beim anderen Geschlecht bessere Chancen,
als wenn man aussieht, als stecke man in einer glücklichen Beziehung. Es funktioniert allerdings nur, wenn man wirklich glücklich
ist und deshalb das ‹Ich-gehör-zu-ihr-Hormon› verströmt. Dieses scheint nämlich in der Hirnanhangdrüse sämtlicher herumlaufender
Singlefrauen den chemischen Prozess des Haben-Wollens auszulösen.
Alle, die in der Kunstszene etwas auf sich halten, sind zur Galerieeröffnung gekommen. Ich weiß das deshalb so genau, weil
ich niemanden kenne. Zu meiner großen Freude locken derartige Veranstaltungen offensichtlich die wundervollsten Frauen an.
Ich werde also den Abend nutzen, um mit den – durch Magnet-Nadja angezogenen – Schönheiten unverbindlich zu flirten. So lange,
bis sie das |271| Fehlen des «Glücks-Hormons» bei mir bemerken und sich wieder aus dem Staub machen.
Ein Wahnsinnsspaß. Bis ich
sie
sehe. Das heißt, zuerst sehe ich die gechannelte Yvonne. Ich brauche noch etwa fünf Sekunden, um mich zu erinnern, woher ich
sie kenne, bis Elisa sich dazustellt. Die beiden tuscheln einen Moment und lachen dann.
Fast wie auf Knopfdruck setze ich nun das ‹Ich-gehör-zu-ihr-Hormon› frei.
Ich kann nicht glauben, wie glücklich Elisa aussieht. Als könne sie sich nichts Schöneres vorstellen, als sektschlürfenderweise
Bilder zu betrachten, die offenbar die psychedelische Interpretation eines Karpfenteiches zum Thema haben. Wahrscheinlich
hat die gechannelte Yvonne auch eines dieser gechannelten Fischteichbilder gemalt. Oder Johnny, der Depp, den ich allerdings
nirgends entdecken kann.
Vermutlich ist er gar kein Körperdouble, sondern willenloser Fließbandarbeiter, der heute eine psychedelische Nikolaus-Sonderedition
vom Band laufen lässt.
Um mich zu beruhigen, stelle ich mir vor, allein auf einer Eisscholle in der Antarktis zu treiben. Die Luft dort ist klar,
mein Blut frei von Alkohol, der Puls geht extrem ruhig, und ich kann eine vernünftige Entscheidung treffen, wie ich Elisa
begegnen soll.
Mein animalisches Starren in Elisas Richtung und die Brise meiner nicht minder animalischen Hormone bewirkt stattdessen leider
folgende, albtraumhafte Kettenreaktion:
In dem Moment, als Elisa auch mich endlich entdeckt, rauscht Nadja – vermutlich ebenfalls angelockt durch die Hormone – von
hinten heran, baut sich vor mir auf, sodass |272| ich Elisa nur noch durch Lücken in Nadjas Hochsteckfrisur schimmern sehe, und raunt mir ins Ohr: «Er steht jetzt genau neben
dir, los, küss mich!»
Für eine Sekunde reckt sie mir ihre knallrot geschminkten Lippen entgegen, und als ich, unfähig zu einer Reaktion, nach einer
halben Ewigkeit immer noch keine Anstalten mache, ihrem Befehl Folge zu leisten, schnappt sie mich am Hinterkopf und presst
meinen Mund, der gerade zu einem «Das ist jetzt im Moment aber ganz schlecht» ansetzen will, auf ihren. Dabei
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