Kein Spaß ohne Hanni und Nanni
rannte, konnte sie kaum vorwärtskommen. Spitze kleine Steinchen pickten sie und machten jeden Schritt zur Qual. Schließlich musste sie die Schuhe ausziehen, um die Steinchen rauszuschütteln. Als sie eine Viertelstunde nach ihren Mitschülerinnen endlich am Sportplatz ankam, war sie den Tränen nahe.
Die Sportlehrerin hatte das Handballspiel schon begonnen. „Du kommst spät, Marianne“, sagte Frau Wilton. „Jetzt musst du bis zur Halbzeit warten. Wenn du dich nicht bemühst, rechtzeitig zu kommen, musst du eben auf einen Teil des Spiels verzichten.“
Es war alles andere als angenehm, in der Kälte rumzustehen und zuzuschauen. Marianne fühlte sich hundeelend. Alle waren gegen sie. Warum gab sie sich eigentlich Mühe, zu den anderen nett zu sein? Sie erntete ja doch keinen Dank!
Nach der ersten Spielhälfte nahm Frau Wilton sie in die Mannschaft. „Warum bist du eigentlich so spät gekommen?“, fragte sie. „Du hast doch genau gewusst, wann wir anfangen. Oder gab es einen besonderen Grund?“
Die Lehrerin wartete auf eine Entschuldigung. Die anderen Mädchen hörten gespannt zu. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass Frau Wilton Marianne nach dem Grund für ihr Zuspätkommen fragte. Elli verbrachte eine unangenehme Minute. Sie war es ja, die Marianne die Mantelärmel zugenäht hatte. Und wenn die anderen auch nicht an den boshaften Streichen beteiligt waren, so hatten sie doch ein dummes Gefühl. Sie kannten ja Else und hätten diese Gemeinheiten verhindern müssen!
Marianne öffnete den Mund, um Frau Wilton alles zu erklären. Doch plötzlich presste sie die Lippen zusammen. Wie oft hatte sie ihre Geschwister ausgeschimpft, weil sie gepetzt hatten!
Eigentlich verdienten sie, dass ich sie verriete, dachte Marianne und schaute die anderen böse an. Aber ich müsste mich dafür schämen – deshalb tu ich‘s nicht.
So schwieg sie.
„Nun gut“, unterbrach Frau Wilton ihr Schweigen. „Du hast also keine Entschuldigung! Zieh deinen Mantel aus und spiel in der zweiten Hälfte mit. Aber eines möchte ich dir noch sagen: Wenn du wieder so spät kommst, dann lasse ich dich nicht mehr mitmachen; dann kannst du zurückgehen und dir von Frau Jenks eine Arbeit geben lassen.“
Die zweite Spielhälfte begann. Ein paar Mädchen hatten ein ungutes Gefühl. Es war echt anständig von Marianne, sie nicht zu verpetzen. Sie fanden es gar nicht mehr lustig, Marianne zu schneiden. Wir sollten jetzt eigentlich damit aufhören, dachte Hilda, heute Abend will ich es Else sagen!
Eine Zusammenkunft im Gemeinschaftsraum
Am gleichen Abend wurde wieder eine Zusammenkunft einberufen, diesmal von Hilda. Sie fand im Gemeinschaftsraum statt und alle Mädchen nahmen daran teil. Nur Marianne fehlte. Sie saß im Klassenzimmer und schrieb ihre Mathematikaufgaben ab. Sie konnte sich noch immer nicht erklären, wie diese Tintenkleckse in ihr Heft gekommen waren.
„Wozu wollen wir uns eigentlich treffen?“, fragte Else, die sich darüber ärgerte, dass nicht sie als Klassensprecherin die Mädchen zusammengerufen hatte.
„Es ist wegen Marianne“, erklärte Hilda. „Du weißt, sie hat nicht gepetzt, als sie die Gelegenheit dazu hatte. Das finde ich sehr anständig. Außerdem waren die Streiche, unter denen sie zu leiden hatte, geschmacklos und gemein. Ich bin überzeugt, dass die meisten von uns nichts damit zu tun haben. Mehr will ich dazu nicht sagen. Aber ich schlage vor, dass wir ab jetzt damit aufhören, sie zu übersehen.“
„Natürlich hören wir nicht damit auf“, hakte Else sofort ein. „Sie hat ja erst angefangen, ihre Lektion zu lernen. Wenn wir jetzt nicht weitermachen, wird sie sich kein bisschen ändern. Wir müssen ihr zeigen, dass wir ihr die Zeit hier in Lindenhof zumindest genauso unangenehm machen können, wie sie sie uns bisher gemacht hat.“
„Ich glaube, es reicht“, sagte Hilda. „Ich fühle mich überhaupt nicht mehr wohl in meiner Haut. Und ich bedaure es sehr, dass so viele hässliche Dinge geschehen sind – es würde mich wirklich interessieren, wer die Tinte auf Mariannes Mathematikaufgaben gespritzt und wer das Wasser aus den Blumenvasen gegossen hat. Das hatten wir nicht vereinbart. Wer von euch war es?“
Nach Hildas Worten trat Stille ein. Else wurde rot. Sie wagte nicht zuzugeben, dass sie diese Gemeinheiten begangen hatte.
„Ich glaube, es war Else“, sagte plötzlich Carlotta. „Schaut nur, wie rot sie geworden ist!“
Alle schauten Else an. Das Mädchen runzelte ärgerlich
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